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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen
Autoren: Will Berthold
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Partaker. »Truman in dieser Woche – oder Dewey in der nächsten?«
    »Wenn's sein muß, beide«, entgegnet Ginty. »Kein Aufschub möglich – kein normaler Krimineller könnte solche Lardos herstellen.«
    »Da bist du ganz sicher, Craig?«
    »Absolut. Ich bin absolut davon überzeugt, daß es sich bei diesen Lardos um eine Nazierbschaft handelt. Jeder Fälscher macht bestimmte Fehler, läßt dadurch seine Handschrift erkennen. Die Handschrift dieser Falschmünzer ist, wie seinerzeit bei den Pfundnoten, daß ihnen keinerlei Abweichungen unterlaufen. Gut, Skinny, daß du dich sofort an mich gewandt hast.« Sein Lächeln verunglückt. »Du hättest dir die Cannelloni sparen können, so gut sie waren. Aber ich hab' so eine Vorahnung, daß sie mir bald wieder hochkommen.«
    »Bedauerlich«, erwidert der CIA-Gewaltige ohne Bedauern.
    Er verfolgt stumm, wie Ginty die nächsten Seiten des Schlußberichts überfliegt und dabei mehrmals mit dem Kopf nickt, als erinnere er sich jetzt wieder der Einzelheiten.
    »Ich fasse zusammen, Skinny«, sagt er dann. »Kurz vor Kriegsende – die Russen näherten sich bereits Berlin – wurde aus Sicherheitsgründen die gesamte Fälschergruppe von Sachsenhausen nach Redl-Zipf bei Vöcklabruck in Oberösterreich verlegt, um dort so lange wie möglich weiterzuarbeiten. In einer stillgelegten Brauerei ließ sich die Abschottung der einzelnen Abteilungen nicht mehr so exakt einhalten wie in einem KZ; es gab Kontakte mit Geldkurieren und anderen RSHA-Besuchern. Die Häftlinge wußten oder ahnten, daß sie vor dem Anrücken der Amerikaner erschossen werden sollten. Auch ihre Bewacher hatten jeden Grund, die Zukunft zu fürchten. So saßen also Todfeinde in gemeinsamer Angst in einem Boot.
    Die Machtzentrale des Dritten Reiches, das Reichssicherheitshauptamt, war von der Berliner Prinz-Albrecht-Straße in die eineinhalb Zimmer eines umgebauten Kuhstalls des Prinzen Hohenlohe in Altaussee geschrumpft. Sie bestand aus dem SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner, einem Telefon und einer Mätresse. Aber die Befehle des mächtigsten Mannes nach Himmler wurden noch immer weitgehend befolgt. Er beorderte den SS-Sturmbannführer Müller-Malbach zu sich, beauftragte ihn, die Falschgeldfabrik in Redl-Zipf zu schließen. Maschinen und Blüten zu vernichten und alle Spuren des ›Unternehmens Bernhard‹ zu beseitigen. Der SS-Major erschien am Schauplatz, präsentierte seine Sondergenehmigung, ließ die Pressen zerstören und Druckstöcke, Papier sowie die beträchtlichen Geldreserven auf sieben Lastwagen verladen. Die erste Panne passierte noch in Redl-Zipf, als die Blüten zweiter Wahl verbrannt werden sollten: Der Wind trieb sie über die Felder, und die Bauern hatten eine seltsame Frühjahrsbestellung …«
    Partaker hört konzentriert zu. Er zügelt seine Ungeduld, schneller kann man ihm die Zusammenhänge nicht erläutern.
    »Die Kolonne rollt in Richtung Toplitzsee, um dort die brisante Fracht zu versenken. Am Steilufer der Enns blieb der erste Laster mit gebrochener Achse liegen. Bevor Bewacher und Häftlinge in verschiedene Richtung auseinanderstoben, warfen sie noch gemeinsam die Kisten mit der Blütenpracht in den Fluß, der Hochwasser führte. Die Behälter zerschellten am felsigen Ufer, und so kam die erste wunderbare Pfundvermehrung zustande. Die Hauptkolonne war inzwischen weitergerollt. Wann immer sie hielt, gingen abwechselnd Bewacher und Häftlinge stiften; fuhr der SS-Major an der Spitze, folgte ihm die Kolonne in den berstenden Straßen nicht; bildete er das Schlußlicht, türmten die vorderen um die Wette. Schließlich hatte er nur noch drei Lastwagen, aber nur zwei erreichten am Ende den Toplitzsee, und ihre Fracht wurde dort, wie Zeugen beobachteten, auf Grund gesetzt. Die Fahrt der anderen vier Laster konnten wir so nach und nach rekonstruieren: Alle waren in Seen oder Flüssen gelandet …«
    »Was ist aus diesem Sturmbannführer Müller-Malbach geworden?«
    »Den haben wir geschnappt und bis zum Geht-nicht-Mehr ausgepreßt. Übrigens suchten ihn auch die Russen oder Polen.«
    »Wurde er ausgeliefert?« fragt Partaker erregt.
    »Das weiß ich nicht«, erwidert Ginty.
    »Das hätte uns noch gefehlt«, entgegnet der CIA-Vice.
    Er steht auf, läuft erregt im Raum auf und ab wie in einem Käfig. Dann legen die beiden eine kurze Pause ein, gehen in Partakers Büro zurück, trinken Kaffee und stellen fest, daß die CIA-Leute verblüffend rasch gearbeitet hatten.
    Auf einmal ist auch
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