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Picasso kann jeder

Picasso kann jeder

Titel: Picasso kann jeder
Autoren: Martin Schuster
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verliefen, vielleicht bewegten sie sich also gar nicht um die Erde?
Getrennte Gebiete werden zusammengebracht . Die Erfindung der Fotografie führt bereits lange bestehende Kenntnisse der Chemie und der Optik zusammen.
Für eine schon bestehende Erfindung wird eine neue Anwendung gefunden . Die Dampfmaschine arbeitete schon einige Zeit im Bergbau und in der Textilfabrikation, bis man die Dampflokomotive erfand.
Es besteht ein Vorbild (z.B. in der Natur), das man als Anregung heranziehen kann . (Es gibt eine ganze Disziplin der Wissenschaft, die sich damit beschäftigt, von der Natur abzuschauen: die Bionik.) Der Vogelflug wird immer wieder als Vorbild gewählt, um die Flugeigenschaften der Vögel zu ›imitieren‹ bzw. möglichst gekonnt zu rekonstruieren. Moderne Flugzeuge sollen sich scheinbar genauso leicht in die Luft erheben und wie Vögel ›fliegen‹. Als es Otto-Motoren gab, kam schnell auch der Motorflug auf (entsprechend Kategorie 1). Als weitere Alltagserfindung, die von der Natur abgeschaut ist, möchte ich hier den Klettverschluss nennen.
Man setzt Regeln eines Systems außer Kraft oder fügt dem Gebiet neue Regeln hinzu . Arnold Schönberg begründete die sogenannte Zwölftonmusik. Er verzichtete auf die Begrenzung auf wenige Harmonien und verwendete zwölf aufeinander bezogene Töne für seine Harmonien.

    Wahrscheinlich gibt es mehr solche Kategorien der Kreativität oder Erfindung, und bei einem einzelnen Werk kommen manchmal verschiedene solcher Prinzipien zusammen. Es können bei jeder Art der Erfindung jeweils großartige Innovationen oder Alltagserfindungen zustande kommen.
Kreativität in der Kunst
    Man kann zwischen kreativen und weniger kreativen Wissenschaftlern unterscheiden. Das leuchtet unmittelbar ein. Erstere machen bedeutende Entdeckungen, Letztere sind zwar auch als Forscher tätig, aber eben in der »normalen« Forschungsarbeit mit nicht allzu überraschenden Ergebnissen.
    In der Literatur und der bildenden Kunst ist es etwas schwieriger, zwischen weniger kreativen und sehr kreativen Autoren, Malern oder Bildhauern zu unterscheiden, weil ja immer eine neue Geschichte oder ein neues Bild, eine neue Figur etc. entsteht, die es so noch nicht gab. Obwohl also Geschichte und Bild etc. neu sind, müssen sie (wie das in seiner individuellen Form auch »einzigartige« Brötchen) nicht zwingend innovativ oder originell sein.
    Was an einem Roman innovativ ist, lernt man meist nicht im Deutschunterricht. Der Blick auf die Kreativität in Werken der Dichtkunst ist eigentlich ganz ungewohnt. Manche Dichter nehmen ihren Stoff aus bereits veröffentlichten Geschichten oder aus dem Lauf der Geschichte, den sie dann mit ihrem Formulierungstalent und aus ihrer jeweiligen Perspektive neu bearbeiten. Es kann sein, dass der Tenor einer Geschichtsbearbeitung den jeweils Mächtigen sehr gelegen kommt (etwa wenn bei Shakespeare englische Herrschaft über Schottland als großzügiger Hilfsakt dargestellt wird) und das Stück dadurch das Wohlwollen des Herrschers gewinnt und so zum Ruhm des Dichters beiträgt. Das wäre nun aber kaum übermäßig kreativ. Mitunter vermittelt ein Roman eine neue Sicht auf das menschliche Leben, die vielleicht mehr zur aktuellen Lebenswahrheit passt als überkommene Wahrnehmungsgewohnheiten.

    Eva Heller (1948 – 2008) hat den unterhaltsamen Roman Beim nächsten Mann wird alles anders (1987) geschrieben, der uns im Hinblick auf unser Liebesleben und unsere Partnersuche einen Spiegel vorhält. Er richtet dabei, anders als in den romantischen Liebesvorstellungen vieler Romanwerke, einen nüchternen Blick auf die Liebe. Im Grunde sucht die Hauptperson (»Konstanze Wechselburger«) ihren Partner nach dem größten Gesamtnutzen aus. Nachdem sie eben keinen besseren finden konnte, kehrt sie am Ende des Romans zu ihrem ersten Partner, an dem es ja auch allerlei auszusetzen gibt, zurück und »liebt« ihn auch wieder subjektiv-romantisch.

    Innovation in einem Werk der Dichtkunst kann sich auch auf andere Aspekte beziehen. Arno Schmidt (1914 – 1979) teilte das Blatt in manchen Werken in Spalten auf. In der einen Spalte steht der Fortgang der Geschichte, in der anderen Spalte »Tagträume«, kleine Fantasiegedankenspiele der Helden. So erfasste Schmidt die Wahrheit des menschlichen Erlebnisstroms in einer ganz neuen Vollständigkeit.
    In den Ripley-Kriminalromanen von Patricia Highsmith (1921 – 1995) gibt es eine Innovation in Bezug auf den Identifikationsprozess mit der
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