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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Peitsche knallen, weil sie Engländer im Wagen haben. Sie werden noch keine halbe Meile in gestrecktem Galopp gefahren sein, so werden Sie schon absteigen, um einen Strang wieder in Ordnung zu bringen oder Ihre Pferde verschnaufen zu lassen. Warum die Trompete blasen, ehe der Sieg erfochten ist?«
    Ei, liebe Pantagruelisten! Heutzutage genügt es, nach einem Erfolg zu streben, um ihn zu erhalten; und da schließlich große Werke vielleicht nichts weiter sind als langatmig ausgeführte kleine Ideen, so sehe ich nicht ein, warum ich nicht versuchen sollte, Lorbeern zu pflücken – wär's auch nur, um damit die scharfgesalzenen Schinken zu umkränzen, die uns helfen werden, mit wackerem Durst den Topf leer zu schlürfen. – Einen Augenblick noch, Lotse! Ehe wir abfahren, wollen wir noch eine kleine Definition geben: Leser, wenn ihr von Zeit zu Zeit, wie in der Welt, in diesem Werk den Worten ›Tugend‹ oder ›tugendhafte Frauen‹ begegnet, so soll unter dieser Tugend nichts weiter verstanden sein, als jene mühselige Leichtigkeit, womit eine Gattin ihr Herz einem Gatten bewahrt – es sei denn, daß das Wort in einem allgemeinen Sinn angewandt werde: diese Unterscheidung ist dem natürlichen Scharfsinn eines jeden anheimgestellt.

Ehestatistik
    Seit ungefähr zwanzig Jahren beschäftigt sich die Staatsverwaltung mit der Untersuchung, wie viele Hektare Wald, Wiesen, Weinberge, Brachland der Boden Frankreichs enthält. Aber sie ist auch dabei noch nicht stehen geblieben, sie hat Zahl und Art des Viehstandes festgesetzt. Die Gelehrten sind noch weiter gegangen: sie zählten die Klafter Holz, die Kilogramme Rindfleisch, die Liter Wein, die Kartoffeln und die Eier, die in Paris verzehrt werden. Aber niemand ist bis jetzt auf den Gedanken gekommen, zur Ehre der Ehe oder im Interesse der Leute, die sich verheiraten wollen, oder zum Nutzen der Moral und der Vervollkommnung menschlicher Einrichtungen die Zahl der anständigen Frauen festzustellen. Wie? Auf eine Anfrage würde das französische Ministerium antworten können, es habe soundso viel Soldaten unter den Waffen, soundso viel Spione, soundso viel Beamte, soundso viel Schüler – und über die tugendhaften Frauen nichts? Wenn ein König von Frankreich den Einfall bekäme, sich seine erhabene Lebensgefährtin unter seinen Untertaninnen zu suchen, dann könnte die Regierung ihm nicht einmal die Herde weißer Schafe bezeichnen, unter denen er seine Wahl zu treffen hätte? Sie wäre genötigt, eine Art von Rosenmädchen-Preisbewerbung auszuschreiben – und das wäre ja lächerlich.
    So wären also die Alten unsere Meister in politischen Einrichtungen so gut wie auf dem Gebiet der Moral? Die Weltgeschichte lehrt uns, daß Asverus, als er unter den Töchtern Persiens eine Frau nehmen wollte, Esther wählte, die tugendhafteste und schönste. Seine Minister mußten also notwendigerweise irgendein Verfahren ausfindig gemacht haben, um von der Bevölkerung den Rahm abzuschöpfen. Unglücklicherweise hat die Bibel, die sonst in allen Eheangelegenheiten sich so klar ausdrückt, es unterlassen, dieses Gesetz der ehelichen Auslese uns mitzuteilen.
    Versuchen wir, da die Regierung sich über diese Frage ausschweigt, die Lücke auszufüllen, indem wir die Verhältnisse des weiblichen Geschlechts in Frankreich zahlenmäßig feststellen. Wir wenden uns damit an die Aufmerksamkeit aller Freunde der öffentlichen Moral und rufen sie als Richter über unser Verfahren an. Wir werden versuchen, in unsern Schätzungen nicht kleinlich und in unsern Folgerungen möglichst genau zu sein, weil wir wünschen, daß das Ergebnis dieser Untersuchung allgemein anerkannt werde.
    Man rechnet im allgemeinen die Einwohnerzahl Frankreichs zu dreißig Millionen.
    Einige Naturwissenschaftler meinen, die Zahl der Frauen übersteige die der Männer; da aber viele Statistiker der entgegengesetzten Ansicht sind, so bedienen wir uns der Wahrscheinlichkeitsrechnung und nehmen die Zahl der Frauen zu fünfzehn Millionen an.
    Von dieser Gesamtsumme ziehen wir zunächst ungefähr neun Millionen Geschöpfe ab, die auf den ersten Anblick eine ziemlich große Ähnlichkeit mit der Frau zu haben scheinen, die aber eine tiefer eindringende Prüfung uns zurückzuweisen nötigt.
    Nämlich:
    Die Naturforscher sehen im Menschen nur eine einzige Gattung der Ordnung Zweihänder, die von Duméril in seiner ›Analytischen Zoologie‹, Seite 16, aufgestellt ist und welcher Bory-Saint-Vincent, angeblich um sie zu
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