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Phönix

Titel: Phönix
Autoren: Unbekannter Autor
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Ihren Sohn morgen früh um acht wieder sehen. Gute Nacht.«
    Er machte kehrt und ging den Korridor zurück.
    Als er in seinem Zimmer verschwunden war, wandte ich mich zu Marge. »Du hast gehört, was er gesagt hat.«
    Sie nickte.
    »Na, dann komm. In welchem Hotel wohnen wir?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte sie schwerfällig. »Ich bin direkt vom Flughafen hierher gefahren.«
    »Unten ist ein Telefon, das können Sie benutzen«, half uns Schwester Angelika. »Sie können von hier aus ein Hotel anrufen.«
    Ich dankte ihr. »Wo ist dein Koffer?« fragte ich Marge.
    »Beim Empfang.«
    Ich ließ sie bei der Anmeldung zurück, während ich zum Telefon ging, ein Hotel anrief und ein Taxi bestellte. Als ich zurückkam, waren beide verschwunden. Ich beugte mich über den Tisch der Anmeldung. »Wo ist meine Frau?« fragte ich die Schwester.
    Sie schaute von einer Illustrierten auf. »Ich glaube, sie ist mit Schwester Angelika in die Kapelle gegangen, Mr. Rowan«, antwortete sie und deutete mit der Hand in die Richtung. »Gleich hinter dem Aufzug, erste Tür rechts.«
    Es war eine kleine Kapelle, erfüllt vom goldenen Licht vieler Kerzen, die vor dem Altar flackerten. Ich blieb einen Moment in der Tür stehen und schaute hinein. Marge und Schwester Angelika knieten mit gesenkten Köpfen vorn auf den Altarstufen. Langsam schritt ich durch das Seitenschiff und kniete neben Marge nieder. Ihre Finger umklammerten das Geländer am Altar, die Stirn ruhte auf ihren Händen. Ihre Lippen bewegten sich, ihre Augen waren geschlossen. Aber sie wußte, daß ich neben ihr war.
    32
    Schweigend lag ich in meinen Kissen, während Marge sich in den Schlaf weinte. Ich fand keine Ruhe. Ich erinnerte mich, was Marge gesagt hatte, bevor sie vor Erschöpfung zusammenbrach. »Ich habe solche Angst, Brad«, hatte sie geweint.
    »Er wird durchkommen«, sagte ich zuversichtlicher, als ich tatsächlich war. Meine Kehle war zugeschnürt.
    »Bitte, o mein Gott!« flehte sie. »Ich könnte es nicht ertragen, auch ihn noch zu verlieren.«
    Nun war ich sicher, daß sie alles wußte; und dennoch konnte ich nicht darüber sprechen. Ich fand wohl Worte der Beruhigung für sie, aber über mich selbst konnte ich nicht reden. Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt, an einem anderen Ort. Vielleicht. Aber nicht jetzt. Ich dachte an Elaine.
    Jetzt verstand ich, was sie gemeint hatte. Die vielen Jahre des Zusammenlebens ließen sich nicht auslöschen. Jetzt wußte ich, warum sie gefragt hatte, wie ich damit fertig werden würde.
    Marge weinte im Schlaf immer noch leise vor sich hin. Ein Gefühl der Zärtlichkeit für sie überkam mich wie nie zuvor. Ich schob meinen Arm unter ihre Schultern und zog ihren Kopf an meine Brust. Dort ruhte sie sanft und leicht wie ein Kind, und bald hörte sie auch auf zu weinen. Ihr Atem ging ruhig und friedlich. Ich durchwachte die Nacht, bis sich der Tag langsam zu den Fenstern hereinschlich.
    Es dauerte eine Woche, bis wir schließlich die Antwort erhielten. Als wir an diesem Morgen die Klinik betraten, lächelten uns alle entgegen: Schwester Angelika, die Empfangsschwester, der Fahrstuhlführer, die Krankenwärter und Aufseher, die sonst so ernst und nüchtern ihre Arbeit verrichteten. Alle freuten sich für uns. Der Arzt kam uns mit ausgestreckten Händen aus seinem kleinen Zimmer am Ende des Flurs entgegen. Ich ergriff eine Hand, Marge die andere. »Es ist vorüber«, rief er fröhlich. »Er hat's geschafft. Noch ein bißchen Ruhe, und er ist wie neugeboren.«
    Wir brachten kein Wort heraus, sondern schauten uns nur an, Tränen in den Augen. Wir faßten uns bei der Hand, während wir dem Arzt den Flur entlang zu Brads Zimmer folgten.
    Er lag mit dem Gesicht zur Tür, den Kopf durch ein Kissen leicht gestützt. Auf der anderen Seite des Zimmers stand die gewaltige eiserne Lunge. Beide knieten wir an seinem Bettrand nieder, küßten ihn und weinten. Schließlich lächelte er uns zu, eine leicht abgeschwächte Version seines gewohnten Grinsens. Seine Hand fuhr über die Bettdecke und deutete auf die eiserne Lunge. »Mann!« sagte er schwach, aber in seinem üblichen Jargon. »Vergrab bloß diesen verrückten Windkanal!«
    Ich ging vom Flughafen aus sofort ins Büro. Vater fuhr Marge und Junior nach Hause. Es war kurz vor neun, das Büro war leer. Ich grinste vor mich hin; es gab eine Menge aufzuarbeiten. Ich schloß die Tür zu meinem Zimmer hinter mir und begann, die Papiere auf meinem Schreibtisch durchzusehen.
    Bob Levi hatte
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