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Phönix

Titel: Phönix
Autoren: Unbekannter Autor
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hatten, und er erzählte mir den letzten Klatsch aus Washington. Die Fahrt ging glatt; zehn Minuten vor Abflug der Maschine trafen wir auf dem Flugplatz ein. Ich parkte den Wagen, und wir gingen alle zusammen zum Flugsteig. Wir verabschiedeten uns voneinander, und ich versprach, daß Marge morgen Edith anrufen würde. Paul und Edith passierten die Sperre, Elaine und ich kehrten zum Auto zurück.
    Wir sprachen kein Wort. Ich hielt ihr schweigend die Tür auf, und sie stieg ein. Dann ging ich um den Wagen herum und setzte mich ans Steuer. Ich beugte mich vor, um den Motor anzulassen, aber ihr Hand gebot mir Einhalt.
    »Warten Sie einen Moment«, bat sie, »bis ihre Maschine abgeflogen ist.«
    Ich lehnte mich zurück und schaute sie an. Sie beobachtete das Flugzeug durch die Windschutzscheibe. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck von Verlassenheit.
    »Ist irgendwas los?« fragte ich rasch.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, antwortete sie. »Ich möchte mich nur vergewissern, daß sie gut wegkommen.«
    »Sie halten wohl sehr viel von ihnen?« fragte ich. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    Sie nickte. »Ich habe sie lieb«, entgegnete sie schlicht. »Ich weiß nicht, wie ich mit all dem, was geschehen ist, ohne Paul und Edith fertig geworden wäre.«
    Während die Flugzeugmotoren durch die Nacht dröhnten, zündete ich mir eine Zigarette an. Wir saßen schweigend, bis die Maschine in der Dunkelheit verschwand. Da drehte sie sich zu mir um. Ein schwaches Lächeln spielte um ihren Mund. »So, nun können wir fahren.«
    Ich rührte mich nicht. Ich betrachtete ihr Gesicht im Schein der Zigarette. Ihre Haut schimmerte golden, tief in ihren Augen glimmten Feuerfunken.
    Sie schaute mich gleichfalls an. Das Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden. »Ich hatte nicht erwartet, Sie noch einmal zu sehen«, flüsterte sie.
    »Ich auch nicht«, antwortete ich. »Tut es Ihnen leid?«
    Sie überlegte einen Augenblick. »Darauf kann ich nicht antworten, Brad. Ich bin mir über meine Gefühle nicht im klaren.«
    »Aber ich«, sagte ich bestimmt.
    »Das ist ein Unterschied«, antwortete sie rasch. »Sie sind ein Mann. Sie empfinden die Dinge anders. Es gibt nichts, was einem Mann ebenso wichtig ist wie einer Frau.«
    »Nein?« fragte ich. Ich schnipste meine Zigarette aus dem Wagenfenster, legte meine Hand um ihre Schulter und zog sie an mich. Ich küßte sie.
    Ihre Lippen bewegten sich nicht, und trotzdem verharrten sie nicht regungslos; sie waren weder kalt noch warm, sie erwiderten meinen Kuß nicht und waren doch nicht teilnahmslos.
    Ich löste mich von ihr. Mit weitgeöffneten Augen schaute sie mich an.
    »Vom ersten Augenblick an, wo ich dich sah, wollte ich dich küssen«, sagte ich.
    Sie rutschte auf ihren Sitz zurück und legte den Kopf an die Rücklehne. Sie sah mich nicht an. »Als David noch lebte, schaute ich keinen anderen Mann an - und er keine andere Frau.« Ihre Augen blickten schwermütig und gedankenverloren, während ich sie weiter beobachtete. Ich sagte nichts.
    »Während des Krieges«, fuhr sie nachdenklich fort, »waren wir oft getrennt. Du weißt, wie es damals in Washington zuging. Du warst ja selbst da. Jeder war hinter dem Geld her. Nichts schien mehr von Bedeutung zu sein. Es machte mich ganz krank.«
    Ich betrachtete sie immer noch schweigend.
    »Und das ist heute noch so«, sagte sie langsam. Unvermittelt sah sie mich an, ihr Gesicht hatte einen gewollt unbeteiligten Ausdruck. Ich begegnete ihrem Blick gleichmütig. Unsere Augen trafen sich, in einem kurzen, lautlosen Kampf maßen wir unsere Kräfte.
    »Liebst du deinen Mann immer noch?« fragte ich.
    Sie senkte die Lider und verbarg ihre Augen vor mir. Leiser Schmerz lag in ihrer Stimme, als sie antwortete: »Diese Frage ist nicht fair. David ist tot.«
    »Aber du bist nicht tot«, entgegnete ich grausam. »Du bist eine erwachsene Frau, kein Kind mehr. Du hast Bedürfnisse -«
    »Männer?« unterbrach sie mich. »Sex?« Sie lächelte schwach. »Du meinst, das sei wichtig?«
    »Liebe ist wichtig«, antwortete ich. »Lieben und geliebt werden ist für jeden von uns wichtig.«
    Sie schaute mich an. »Willst du damit sagen, daß du mich liebst?« fragte sie skeptisch.
    Ich dachte einen Augenblick nach. »Ich weiß nicht«, sagte ich zögernd. »Es kann sein, aber ich weiß es nicht.«
    »Was willst du denn sonst damit sagen, Brad?« fragte sie. »Warum bist du mir gegenüber - und auch dir gegenüber - nicht aufrichtig und sagst, was du wirklich
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