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Phantom der Tiefe

Phantom der Tiefe

Titel: Phantom der Tiefe
Autoren: Vampira VA
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atmete, wenngleich bewußtlos, hielt er inne und begann sein Werk.
    Magie schälte die Sterbende aus ihrer Kleidung.
    Dabei weckte das aus Mund, Nase und offenen Verletzungen rinnende Blut jedoch keinerlei Begehren in Anum. Er war auf lange Zeit gesättigt. Während des Abstechers nach Indien hatte er sich an beseeltem Nektar schier betrunken.
    Nein, hier und jetzt stand anderes auf dem Spiel. Er mußte dafür Sorge tragen, daß niemand diese Stätte, wenn er fortgegangen war, je wieder ungestraft betreten konnte. Niemand durfte auch noch den Rest von Zauber stehlen, der hier in den Trümmern fortlebte - oder die Blutbibel, die Dunkle Chronik zu Gesicht bekommen, die Nin-mahs Kinder von Berg zu Berg hierher geschleppt hatten .
    Lautlose Blitze umzuckten Anums Hände, die fast widerstandslos in die Brust der Frau glitten, dort das Herz umschlossen und es anhielten.
    In Sekundenschnelle kühlte der Körper ab.
    Die Energie, die aus ihm floß, weichte das tote Fleisch, weichte Knochen und Knorpel auf und wandelte es in eine knet- und formbare Masse um, deren Anblick kein Mensch ertragen hätte.
    Den anderen Leichen widmete er sich in gleicher Weise.
    Und am Ende vermählte er die einzelnen Klumpen zu einem Ganzen, das er nicht mehr mit seinen Händen, sondern mit seinen Gedanken formte.
    Und belebte.
    Stunden und Stunden verweilte der Hohe Mann in diesem Schöpfungsakt. Als der Homunkulus vollendet war, schuf Anum den Lebensraum, in dem seine Kreatur atmen und existieren konnte. In dem sie wachen und richten sollte über jeden, der es künftig wagte, diesem Ort und seinem Geheimnis nahe zu kommen.
    Überzeugt, alle Eventualitäten berücksichtigt zu haben, verließ der Hohe Mann schließlich die Stätte seines Erwachens.
    Den Lilienkelch nahm er mit.
    Mit dorthin, wo das Alte Reich dereinst vergangen war und das neue nicht entstehen konnte - - durch eines Bruders Schuld!
    Aber ich werde ihn und jeden anderen Schuldigen zur Rechenschaft zie-hen, dachte Anum. Ich werde sie finden, wo immer sie sich auch verkrochen haben! Ich gebe die Hohe Zeit nicht verloren und auch nicht den Kelch, den ich zwingen muß, mir zu gehorchen und zu dienen! - Ich hoffe, der Verdacht, der mir beim Lesen der CHRONIK kam, wird sich bestätigen und du, Ea, die sich in dieser Epoche Felidae nannte, bist nicht wahrhaftig und völlig tot. Ich hoffe, ich finde das, was von dir in jenem ... Korridor der Zeit übrig geblieben ist. Und dann - dann ... ... zu DIR, Landru!
    * Der Schleier zerriß.
    »Willkommen«, sagte der Mund.
    Kemer lauschte in sich und fand Hinweise, die es ratsam erscheinen ließen, der freundlichen Begrüßung zu mißtrauen.
    »Wo - bin ich?«
    »In guten Händen.« Der Mund formte etwas wie ein Lächeln. Dann sagte er: »Ich betreue Sie, seit Sie eingeliefert wurden. Die ganzen Tage gab Ihr Zustand wenig Anlaß zur Hoffnung. Aber seit vergangener Nacht .«
    Kemer wollte etwas erwidern. Im selben Moment zogen Bilder wie sturmgetriebene Wolken am Horizont seines Bewußtseins vorbei. Gesichter.
    »Akhan ...«, krächzte er.
    Der Mund fragte: »Wer ist das? Ein Freund?«
    Kemer schwieg.
    Sein Körper tat an so vielen Stellen weh, aber als er nach den Ursachen der Schmerzen fragte, wich der Mund aus: »Ihr Erwachen gleicht wirklich einem Wunder.«
    Der Horizont und die Bilder rückten näher. Kemer achtete nicht mehr auf den Mund des Mannes, der ihn begrüßt hatte. Sein einzige Neugier galt den Abläufen in seinem Kopf.
    Waren die Bilder Erinnerungen? Es mußte so sein, denn er sah - Allmächtiger, er sah .
    ... das Zeltlager am Fuß des Heiligen Berges ... Es war Nacht, und das Zeichen prangte über den schnee- und eisbedeckten Klüften des Gebirges .
    Stöhnend preßte er hervor: »Großvater ...?«
    Der Mann schwieg.
    »Sie sagten: die ganzen Tage.« Kemer versuchte sein geistiges Auge vor den einströmenden Erinnerungsfetzen zu verschließen. Es gelang ihm nicht. Die Bilder waren von einer berauschenden Kraft, aber auch Bedrohlichkeit. »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Sie haben nicht geschlafen.« Der Mund klang sehr entschieden. »Sie haben geredet. Manchmal geschrien. Oft standen Ihre Augen dabei offen - aber wahrgenommen haben sie nichts. Nichts, was außerhalb ihres Kopfes ablief.«
    Kemer spürte, wie das Zittern, das irgendwo tief in ihm an einem verborgenen Punkt begonnen hatte, sich explosionsartig ausweitete und seinen ganzen Körper erfaßte. »Seit wann bin ich hier - und wo sind die anderen?«
    »Es gibt keine
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