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Pferdesommer mit Lara

Pferdesommer mit Lara

Titel: Pferdesommer mit Lara
Autoren: Ursula Isbel
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anbringen lassen, die aufflammten, wenn sich etwas bewegte. Wie von Geisterhand eingeschaltet, ging ein Licht nach dem anderen an, und Buchsbaumhecken, Eiben, Brennnesseln und Rhododendronsträucher tauchten vor mir in der Dunkelheit auf. Blassrosa und weiße Rosen leuchteten im gelben Schein und versanken wieder und die Äste der alten Obstbäume warfen ihre Schatten über den Kies.
    Vor mir schwirrte eine Fledermaus ins Licht und schwang sich in den Himmel, der sich wie ein Baldachin aus violettblauem Samt über den alten Garten spannte. Schon begannen die ersten Sterne zu funkeln. Die Mondsichel hing silbrig zwischen Eulenbrooks Kaminen. Es knackte geheimnisvoll im Gebüsch.
    Das Vordach über der kleinen Freitreppe war mit bunten Glühbirnen geschmückt, die sacht im Abendwind schaukelten. Das Gerüst, das die Fassade so viele Wochen umgeben hatte, war verschwunden. Klaviermusik drang aus den geöffneten, hell erleuchteten Fenstern.
    Ich blieb stehen und sah auf das Haus, das ich seit meinen Kindertagen kannte. Wieder fiel mir der Vergleich mit dem Dornröschenschloss ein, das nach hundert Jahren aus dem Schlaf erwacht.
    Alle Spuren der Vernachlässigung waren verschwunden. Die Vorderfront mit den beiden Säulen und dem dreieckigen Vordach, das Herr Theisen »Portikus« nannte, war zartgelb gestrichen, die Fensterrahmen weiß. Die bröckelnden Treppenstufen waren ausgebessert, das morsche Holz des Balkons erneuert. Rechts und links des Aufgangs standen Lorbeerbäumchen in großen Terrakottatöpfen auf dem Vorplatz. Der Geruch nach Farbe und frischem Holz mischte sich mit den Düften des verwilderten Gartens.
    Neben dem Wohnwagen der Theisens parkten vier Autos vor dem Haus. Die Eingangstür stand offen. Als ich näher kam, verstummte die Musik. Dann tauchte eine Gestalt unter dem Vordach auf. Es war Arne.
    An seiner Seite fiel es mir leichter, in die Halle zu gehen, in der schon die meisten Gäste versammelt waren. Neben Herrn Theisen standen zwei Männer und eine Frau, auf einem der Fensterbretter saß ein Typ in Arnes Alter, den ich flüchtig aus der Schule kannte.
    Natürlich waren auch Lily und Erik gekommen. Sie lehnten mit Elisa und zwei Mädchen, die nach Reitklub aussahen, malerisch am Klavier.
    Bonnie trug zur Feier des Tages eine rote Schleife am Halsband. »Ist Frau Friedrun noch nicht da?«, fragte ich, während ich sie streichelte und aufpasste, dass sie ihre Nase nicht in meinen Korb versenkte.
    »Sie ist zu einem Pferd gerufen worden, das Kolik hat, und kommt erst später.«
    Herr Theisen begrüßte mich und nahm mir den Korb ab. »Was sagst du?«, fragte er. »Gefällt es dir?«
    Die große Eingangshalle, die ich als düsteren, fast unheimlichen Raum kannte, hatte sich auf wunderbare Weise verwandelt. Die Wände waren aprikosenfarben gestrichen, der offene Kamin hatte eine neue Einfassung aus hellem Stein bekommen, der morsche Parkettboden war erneuert und glänzte honigfarben, die hohen Fenster blitzten im Licht der Kerzen.
    Außer dem Flügel und einem langen dunklen Tisch mit sechs Stühlen gab es kaum Möbel, nur mehrere Bilder und einen mannshohen Spiegel. Unter der Treppe, die nach oben führte, stand eine alte Kommode mit zierlichen Beschlägen.
    »Es ist wirklich schön geworden«, sagte ich etwas steif. »Ich hätte nie gedacht, dass es je so werden könnte.«
    »Ich hoffe, du bist nicht mehr böse, dass wir das Haus aus seinem Dornröschenschlaf gerissen haben.« Ein Lächeln stand in Herrn Theisens Augen. Arne hatte ihm also erzählt, wie schwer es mir anfangs gefallen war, mich an die Veränderungen in Eulenbrook zu gewöhnen.
    »Du hast eine stärkere Beziehung zu diesem Haus als wir«, sagte er. »Wir müssen es wohl erst zähmen, wie es in der Geschichte vom Kleinen Prinzen heißt.«
    Auf dem Tisch standen bereits mehrere Schüsseln mit Salaten, eine Platte mit Lachs und eine mit einem Hummer, dazu ein prächtiger Henkelkorb voll exotischer Früchte, vermutlich von den Goldlöffeln. Mein Blick fiel auf Elisa. Sie sah sehr erwachsen aus mit ihren hochgesteckten Haaren und dem eng anliegenden schwarzen Kleid. Jetzt setzte sie sich an den Flügel und begann, einen Walzer zu spielen.
    Herr Theisen stellte mich der älteren Frau und den beiden Männern vor.
    »Das ist Rikke, die Freundin meines Sohnes«, sagte er. »Sie ist das geborene Pferdemädchen. Sie weiß es nur noch nicht.«
    Ich errötete ein bisschen, freute mich aber. Bonnie saß vor dem Tisch und sah sehnsüchtig zu all den
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