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Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Titel: Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
Autoren: Carin Gerhardsen
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die Arbeit ihres Mannes sie faszinierte. Bei ihr konnte er alles loswerden, so abscheulich die Verbrechen, an denen er arbeitete, oft auch waren. Sie versuchte, ihn zu unterstützen, so gut sie konnte. Nicht selten eröffnete Sjöberg seine Theorien zu einem Fall zuerst seiner Frau; oft hatte sie gute Einfälle und war ihm Inspiration bei seinen komplizierten Ermittlungen.
    »Genau das ist das Merkwürdige«, antwortete Sjöberg. »Sie hatte keine Ahnung, wer es war. Er lag tot in ihrem Haus, aber sie hat ihn noch nie zuvor gesehen.«
    »Das ist schrecklich.«
    Åsa schauderte, als vor ihrem inneren Auge das Bild eines Leichnams auf ihrem eigenen Küchenboden erstand.
    »Wahrscheinlich hat sie ihn irgendwo doch schon einmal getroffen«, fuhr sie gedankenverloren fort. »Vielleicht ohne es zu wissen …«
    »Wir werden sehen«, sagte Sjöberg und küsste sie schnell auf den Mund. »Es dauert vielleicht die ganze Nacht, ich weiß es nicht. Mach’s gut.«
    »Du auch, und viel Glück«, sagte sie und streichelte ihm kurz über die Wange, bevor er sie mit einem müden Seufzen verließ.
    *
    Die alte Dame wirkte jünger, als er sie sich vorgestellt hatte. Sie mochte um die siebzig sein und hatte sich in ein dunkelbraun genopptes Zweiersofa im Stil der siebziger Jahre zurückgelehnt. Neben ihrem Bein lehnte eine Krücke. Sie saß regungslos da und starrte geradeaus, mit einem Blick, der nichts darüber verriet, was sich in ihrem Kopf abspielte. Sie sah weder verängstigt noch traurig aus, und sie schien auch nicht besonders neugierig darauf zu sein, was um sie herum vor sich ging. In der Diele stand Sandén und unterhielt sich mit einer Frau mittleren Alters. Die ältere Dame gab keinen Anlass zu der Vermutung, dass sie diesem Gespräch lauschen würde. Hinter der goldgerahmten Brille versteckten sich graue Augen, das graue Haar trug sie kurz geschnitten. Ihre dünnen Beine steckten in einer hellbraunen Hose und endeten in einem Paar schwarzer Halbschuhe. Oben war sie mit einem grauen Lammwollpulli bekleidet.
    Sjöberg trat auf sie zu, um sich ihr vorzustellen. Sie wandte sich ihm zu, ihr Gesichtsausdruck war nicht unhöflich, eher desinteressiert. Als er seine Hand ausstreckte, antwortete sie mit einem schwachen Händedruck und einem Nicken.
    »Können Sie hier noch einen Augenblick warten? Dann komme ich gleich zu Ihnen und unterhalte mich mit Ihnen?«, fragte Sjöberg freundlich.
    »Ich sitze, wo ich sitze«, antwortete sie ausdruckslos und setzte die Beobachtung des Luftraums vor ihrer Nase fort.
    Sjöberg kehrte in die Diele zu Sandén zurück, der ihm einen kurzen Blick zuwarf und zur Küche hinübernickte, während er sein Gespräch mit der jüngeren Frau fortsetzte. Sjöberg warf einen flüchtigen Blick auf die große, rundliche Gestalt, die zwischen fünfundvierzig und fünfundfünfzig Jahre alt sein mochte. Trotz der Sorgenfalte auf ihrer Stirn und der ernsten Stimme meinte er, ein fröhliches Funkeln in ihren grünen Augen entdecken zu können. Ihre beeindruckende rotbraune Haarpracht geriet in Wallung, als sie sich ihm zuwandte und seinem Blick begegnete. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich ertappt und schaute sofort in eine andere Richtung. Plötzlich hatte er Durst und fühlte sich unwohl.
    Er ging zur Küche hinüber, stellte sich in die Türöffnung und betrachtete eine Zeit lang den toten Körper. Dann schaute er sich in der Küche um, ohne sie zu betreten. Dies hier war seine Chance, sich ein Bild vom Fundort zu machen, bevor es von Fotografen, Technikern und Polizisten nur so wimmelte. Der erste Eindruck von einem Tatort konnte sehr wichtig sein, und er nahm sich ausreichend Zeit, bevor er über die Schwelle trat.
    In der Küche gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass hier eine gewaltsame Auseinandersetzung stattgefunden hatte. Alles schien seine Ordnung zu haben, alle Möbel standen an ihrem Platz. Die Anrichte und die Spüle waren sauber, und mitten auf dem runden Tisch lag eine weiße Spitzendecke, auf der eine leere Obstschale und ein Messingleuchter standen. Auf dem Fußboden vor dem Kühlschrank lag der tote Mann, der eine dunkelblaue Segeljacke trug, deren Reißverschluss zur Hälfte geöffnet war, dazu beige Hosen und braune Lederschuhe. Sein Gesicht war böse zugerichtet, ein wenig Blut war aus der Nase bis hinunter zum Boden geflossen. Im Übrigen machte er einen eher friedvollen Eindruck, wie er da so in typischer Ruhehaltung mit dem Rücken auf den Kieferdielen lag.
    Sjöberg verließ die
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