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Peter Pan

Peter Pan

Titel: Peter Pan
Autoren: James M. Barrie
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mochte er sie alles in allem ganz gern, und er erzählte Wendy, wie die Feen auf die Welt gekommen sind.
    »Weißt du, Wendy, als das allererste Baby zum aller-erstenmal lachte, da zerbrach sein Lachen in tausend Stücke, und sie sprangen alle herum, und es wurden Feen daraus.«
    Langweiliges Gerede, aber für einen Stubenhocker wie Wendy doch ganz spannend.
    »Und eigentlich«, fuhr er freundlicherweise fort, »müßte es für jeden Jungen und jedes Mädchen eine Fee geben.«
    »Müßte? Gibt es aber nicht?«
    »Nein. Weil Kinder heute so vernünftig sind und nicht mehr an Feen glauben. Und jedesmal, wenn ein Kind sagt: ›Ich glaube nicht an Feen‹, fällt irgendwo eine Fee tot um.«
    Jetzt hatten sie aber wirklich genug über Feen geredet, und es wunderte ihn, daß Tinker Bell so still war.
    »Wo steckt sie bloß?« sagte er und stand auf und rief sie.
    Wendys Herz schlug heftig vor Erregung.
    »Peter«, rief sie und packte ihn, »du willst doch wohl nicht behaupten, daß eine Fee in diesem Zimmer ist!«
    »Eben war sie noch hier«, sagte er ein bißchen un-geduldig.
    »Hörst du was?« Und sie horchten beide.
    »Was ich höre«, sagte Wendy, »klingt wie – wie ein Glöckchen.«
    »Aha, das ist sie, das ist die Feensprache. Ich glaub, jetzt höre ich sie auch.«
    Das Geklingel kam aus der Kommode, und Peter strahlte übers ganze Gesicht. Niemand konnte strahlen wie Peter, und wenn er lachte, gluckste er wunderschön.
    Er hatte noch sein erstes Lachen.
    »Wendy«, flüsterte er fröhlich, »ich glaub, ich habe sie im Schubfach eingesperrt.«
    Er befreite die arme Tinker Bell, und sie flog durchs Zimmer und schrie vor Wut. »Sag nicht solche Sachen«, schimpfte Peter. »Natürlich tut es mir leid, aber wie sol te ich wissen, daß du in der Schublade steckst?«
    Wendy hörte gar nicht zu. »Ach Peter«, rief sie, »warum steht sie nicht mal still, daß ich sie anschauen kann!«
    »Sie stehen fast niemals still«, sagte er. Aber für einen Augenblick sah Wendy das Zauberwesen, als es doch stillstand – auf der Kuckucksuhr. »Ist die schön!« rief Wendy, obwohl das Gesicht von Tinker Bell immer noch wutverzerrt war.
    »Tink«, sagte Peter freundlich-streng, »diese Dame möchte, daß du ihre Fee wirst.«
    Tinker Bell antwortete mit einer Unverschämtheit.
    »Was sagt sie, Peter?«
    Er mußte es übersetzen. »Sie ist nicht sehr höflich.
    Sie sagt, daß du ein großes häßliches Mädchen bist und daß sie meine Fee ist.«
    Er redete auf sie ein: »Du weißt doch, daß du nicht meine Fee sein kannst, Tink, ich bin ein Gentleman, und du bist eine Dame.«
    Worauf die Dame sprach: »Du Blödmann« und ins Bad verschwand. »Sie ist eine ziemlich gewöhnliche Fee«, entschuldigte sich Peter, »sie repariert bei uns die Töpfe und die Kessel, darum flucht sie wie ein Kesselflicker.«
    Sie saßen jetzt zusammen im Lehnstuhl, und Wendy überhäufte ihn weiter mit Fragen.
    »Wenn du nicht mehr in Kensington Gardens wohnst …«
    »Manchmal schon.«
    »Aber wo wohnst du die meiste Zeit?«
    »Bei den verlorenen Jungen.«
    »Bei wem?«
    »Das sind die Kinder, die aus dem Kinderwagen fallen, wenn das Kindermädchen nicht aufpaßt. Wenn sie nach einer Woche nicht abgeholt werden, dann werden sie kostenlos ins Niemalsland geschickt. Ich bin ihr Hauptmann.«
    »Das muß lustig sein!«
    »Doch, schon«, sagte der listige Peter, »aber wir sind ziemlich einsam. Wir haben keine weibliche Gesellschaft.«
    »Sind gar keine Mädchen dabei?«
    »Nein, nein. Mädchen, weißt du, sind viel zu klug, die fallen nicht aus dem Kinderwagen.«
    Das schmeichelte Wendy enorm. »Es ist absolut wunderbar«, sagte sie, »wie du über Mädchen sprichst. Im Gegensatz zu John, der verachtet uns.«
    Peter stand auf, beförderte John mit einem Tritt aus dem Bett und das Bettzeug gleich mit. Das war seine Antwort. Wendy fand das ziemlich unverschämt – man kannte sich ja kaum –, und sie sagte Peter ganz deutlich, daß er in diesem Hause nicht der Hauptmann sei. Aber John schlief so friedlich weiter, daß sie Peter erlaubte zu bleiben. »Du hast es sicher gut gemeint«, sagte sie milde, »darum darfst du mir einen Kuß geben.«
    Sie hatte vergessen, daß er sich mit dem Küssen nicht auskannte. »Das hab ich mir gedacht. Du willst ihn wiederhaben«, sagte er bitter und hielt ihr den Fingerhut hin.
    »Nein, nein«, sagte Wendy, »keinen Kuß, ich meine – einen Fingerhut.«
    »Einen was?«
    »Es geht so.« Sie küßte ihn.
    »Komisch«, sagte Peter
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