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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
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erzählt, dass Sie den Mörder Müllers kennen. Sagen Sie mir den Namen.«
    Bos schaute den Polizisten an. Hätte er doch nur den Mund gehalten. Jetzt war es zu spät. Er hatte angefangen zu singen und musste das Lied vollenden. Goldstein dachte mit Sicherheit nicht im Traum daran, ihn ohne weitere Aussage wieder laufen zu lassen. Was soll’s, beruhigte er sich. Es wusste ja keiner, dass er gerade im Begriff war, seine früheren Freunde zu verraten. Und es brauchte auch niemand erfahren. Bis zum Gerichtsprozess. Saßen jedoch alle Beteiligten erst hinter schwedischen Gardinen, konnte ihm niemand mehr gefährlich werden. Er würde dann ungestört seinen eigentlichen Geschäften nachgehen, mit polizeilicher Unterstützung gewissermaßen. Der Gedanken amüsierte ihn.
    »Sie finden meine Frage komisch?« Goldstein klang ungehalten.
    »Nein«, versicherte Bos. »Mir kam da nur eine Idee.«
    »Hoffentlich ist Ihnen der Name des Täters eingefallen.«
    »Ja. Es war Allemeyer.«
    Goldstein beugte sich nach vorn. Das kam nicht wirklich überraschend. Trotzdem fragte er nach: »Kein Irrtum möglich?«
    »So hat es mir Krönert jedenfalls erzählt. Und warum sollte er mich belügen?«
    »Weshalb wurde Müller ermordet?«
    »Ich kenne keine Einzelheiten. Aber soweit ich weiß, befürchtete die Organisation, dass Sie, also die Polizei, Müller schnappen und er reden würde. Er wusste zu viel.«
    Goldstein überlegte. Schon eben hatte es sich so angehört, als ob Bos nicht von Schönberger oder Trasse als Einzelpersonen, sondern als Mitglieder irgendeiner Vereinigung sprach. Was meinte er damit? »Was für eine Organisation?«
    Bos schüttelte nur den Kopf.
    »Nun kommen Sie, Mann. Etwas müssen Sie doch aufgeschnappt haben.«
    »Nein, ehrlich. Mir ist nur bekannt, dass Allemeyer, Schönberger, Glittner und leider auch Krönert für sie gearbeitet haben.«
    »Wer ist Glittner?«
    »Ein Bekannter Allemeyers. Ich habe ihn nur ein, zwei Mal gesehen.«
    »Und Krönert? Welche Aufgaben hat er für die Organisation erledigt?«
    Bos seufzte. »Er hat auf diesen Mann geschossen. Das ist der Grund, warum ich bei Ihnen sitze.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Krönert hat anscheinend nicht richtig getroffen. Da er nicht tot ist, hat Schönberger von mir verlangt, dass ich den Mord vollende.« Er kramte in seiner Tasche. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich rauche?« Als Goldstein verneinte, entzündete er eine Zigarette, inhalierte tief und sah dem Qualm nach. Danach fuhr er fort: »Ich habe schon so einige Dinger gedreht, das wissen Sie ja. Aber ich bin kein Mörder! Ich habe noch nie irgendjemanden verletzt. Und nun sollte ich einen Menschen umbringen. Das konnte ich nicht. Als ich mich geweigert habe, bedrohte Schönberger mich mit dem Tod. Deshalb bin ich hier.«
    Das konnte Goldstein nachvollziehen. »Es waren zwei Männer bei dem Attentat dabei. Einer davon war also Krönert. Wer war der andere?«
    »Glittner. Krönert kannte den Mann nicht, auf den er schießen sollte.«
    »Warum hat dann Glittner nicht selbst geschossen?«
    »Soweit mir bekannt ist, hat er während des Krieges in der Verwaltung gearbeitet. Der hat nie eine militärische Ausbildung gehabt, geschweige denn, einen Schuss abgefeuert. Krönert war bei der Infanterie und daher mit Waffen vertraut.«
    »Wo wohnt dieser Glittner?«
    »Keine Ahnung.«
    »Einen Moment.« Der Hauptkommissar griff zum Telefonhörer und beauftragte einen Kollegen mit einer Anfrage beim Herner Einwohnermeldeamt. Dann fragte er weiter: »Und Allemeyer?«
    Kopfschütteln.
    »Gibt es sonst noch etwas, was Sie mir sagen möchten?«
    Erneutes Kopfschütteln.
    »Gut. Wir machen Folgendes: Ich ziehe jetzt eine Stenotypistin hinzu und Sie wiederholen Ihre Aussage. Das Protokoll wird mit der Maschine geschrieben und von Ihnen unterzeichnet.«
    Bos stöhnte auf. »Muss das sein?«
    »Ja. Und sollten Sie nicht kooperieren, stecke ich Sie wegen Strafvereitelung in eine Zelle. Kapiert?«
    Bos nickte eingeschüchtert. »Ich müsste aber vorher noch einmal … Sie verstehen schon.«
    »Wenn Sie auf dem Flur Richtung Treppenhaus gehen, ist die Toilette direkt davor links. Sie können sie nicht verfehlen.«
    Bos machte sich auf den Weg. Als er um die Ecke bog, wäre er fast mit Schönberger zusammengestoßen.
    »Was suchst du hier?«, zischte dieser nach einer Schrecksekunde.
    Bos spürte, wie er bis zu den Haarspitzen errötete. »Ich … Welcher Zufall … Ich wollte, also ich hatte eine Vorladung«, stotterte
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