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Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)

Titel: Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)
Autoren: Frank Borsch
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Patrouille ausrücken musste. Sanders hatte Angst. Er wollte nicht raus. Aber er musste raus. Tag für Tag. Also wurde er nervös. Man musste Sanders nur antippen, und er war drauf und dran zu explodieren. In der Station mit Flüchen. Draußen, in den Straßen Bagdads, mit dem Finger am Abzug.
    Bislang war es ihnen gelungen, Sanders zu zügeln. Aber Monterny bezweifelte, dass es noch lange klappen würde. Sanders baute ab, je näher das Ende seiner Stationierung kam. Noch neunundzwanzig Tage. Und mit jedem Tag, den seine Rückkehr in die Heimat näher rückte, schien seine Angst noch zu wachsen.
    Monterny stand auf und ging um den Humvee herum. Ihm war bereits heiß, lange bevor die eigentliche Hitze einsetzte. Die Schutzwesten waren unabdingbar, aber das Material ließ keine Feuchtigkeit durch. Und außerdem gelang es ihm nie, die Weste so anzulegen, dass sein Rücken nicht innerhalb einer halben Stunde gegen die Belastung mit Schmerzen protestierte.
    Den Schutz sollte eigentlich das Fahrzeug liefern. Doch die Panzerung des Humvees war improvisiert, schützte allenfalls vor dem Feuer aus Maschinengewehren.
    Iwanowitsch Goratschin saß im Staub, der alles in diesem Land zu bedecken schien. Er lehnte an das Hinterrad und las. Auf dem Cover des Taschenbuchs konnte Monterny einen Drachen erkennen und einen Ritter, der sich dem Ungeheuer tapfer stellte. Ein Fantasy-Schmöker. Iwan verdankte dieser Vorliebe seinen Spitznamen: »Ivanhoe«. Ein Kamerad mit einem Anflug von Bildung hatte ihm den Namen verpasst, und er war hängen geblieben. Obwohl Monterny darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei »Ivanhoe« nicht um Fantasy, sondern um einen historischen Roman handelte.
    Doch das kümmerte niemanden. Am wenigsten Iwanowitsch, das Kind russischer Einwanderer, der alles aufsaugte, was ihm die neue Welt bot, in die er geraten war. Im Gegenteil, Iwanowitsch hatte sich auf den Spitznamen gestürzt, als handele es sich um einen Orden. Endlich trug er einen Namen, den seine Kameraden auszusprechen vermochten, ohne ihn zu verballhornen. Einen amerikanischen Namen, auch wenn er aus einem schottischen Roman stammte. Endlich war Iwanowitsch wie alle anderen.
    Dabei war Ivanhoe alles, nur nicht wie alle anderen. Er war ein Hüne, beinahe zwei Meter groß. Auf den ersten Blick ein oberflächlicher Sonnyboy, zeichnete ihn eine Tiefe aus, die man in einem Zwanzigjährigen nicht vermutet hätte. Ivanhoe wäre am liebsten zu Fuß zu den Patrouillen aufgebrochen. Zusammen mit Monterny verbrachte er jeden Tag zwei Stunden damit, Arabisch zu lernen.
    Monterny wollte sich neben ihm im Staub niederlassen, aber überlegte es sich im letzten Moment anders. Ivanhoe war in einer anderen, besseren Welt versunken. Er wollte ihn nicht herausreißen.
    Einige Augenblicke stand Monterny da, beneidete den Kameraden um seine Gabe, seinen Geist an einen anderen Ort zu versetzen, dann wandte er sich ab und ging zum Tor. Das Warten zehrte an den Nerven. Er konnte nicht einfach dastehen und nichts tun.
    »Was ist los?«, fragte er den Soldaten, der das Glück hatte, in dieser Woche Wachdienst zu schieben. »Warum geht es nicht los?«
    »Nummer sechs will nicht anspringen.« Eigentlich war der Wachdienst für die irakischen Soldaten vorgesehen, mit denen sie die Joint Security Station teilten. Aber niemand wäre so verrückt gewesen, die Torwache einem Iraki zu überlassen. Die Irakis waren Menschen, aber Monterny schienen sie manchmal so fremd, als stammten sie von einem anderen Planeten. Man konnte sie nicht einschätzen.
    »Wieso? Haben ihn die Mechaniker nicht durchgecheckt?« Jeden Abend, nach der Rückkehr der Patrouille, gingen die Humvees in die Werkstatt, wo die Mechaniker Defekte ausbesserten und die Kratzer in der Panzerung abzählten, die von Gewehrfeuer stammten. Die Zählungen gingen in die Berichte ein, in die Bewertung für die weiter oben, die den Krieg am Bildschirm ausfochten.
    »Schon.« Der Soldat zuckte die Achseln. »Zu viel Hitze, zu viel Staub und Sand.«
    »Zu geschunden«, ergänzte Monterny. Den Humvees erging es wie den Männern, die sie fuhren. Sie waren am Limit.
    »Was steht heute an?«, fragte der Soldat, als wüsste er es nicht. Ihm war klar, dass Monterny ein Schwätzchen suchte, um sich abzulenken.
    »Das Übliche. Die Tour durch Sadr City.«
    »Wird schon werden. Zu heiß heute. Selbst für die Irakis.«
    »Hoffentlich.« Monterny nahm einen Schluck aus der Wasserflasche. Den Drang mehr zu trinken, unterdrückte er. Es war
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