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Perlentod

Perlentod

Titel: Perlentod
Autoren: Juliane Breinl
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die Situation noch gefährlicher an. Niemand war da, der ihr einen Rat geben konnte, und die Dunkelheit machte sie ganz verrückt. Erst als Senta ihre Augen für einen kurzen Moment schloss, spürte sie, wie angestrengt sie die ganze Zeit vor sich hin gestarrt hatte. Ohne dass das irgendetwas an ihrer Situation verändert hätte. Genauso gut konnte sie wenigstens versuchen, sich zu entspannen. Sie lockerte den Unterkiefer und schüttelte ihre Hände aus. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag etwas normalisierte, und endlich konnte sie auch wieder einen klaren Gedanken fassen.
    Der Lichtschalter. Ich muss zum Lichtschalter, sagte sie sich. Und deshalb muss ich an diesem Ding vorbei. Egal ob das Bettinas Leiche ist oder nicht! Senta beschloss, noch einmal mit dem Fuß dagegen zu tippen. Langsam wagte sie sich wieder in die Ecke, mit dem rechten Fuß tippelte sie in die Richtung, in der sie das Ding vermutete. Sofort stieß sie wieder gegen etwas Weiches. Doch dieses Mal erschrak sie nicht so heftig und registrierte, dass es kein Körper war, der dort lag. Dafür gab das Ding zu sehr nach. Senta nahm all ihren Mut zusammen und ging in die Hocke, um mit den Händen danach zu greifen.
    Erleichterung durchzog ihren ganzen Körper. Ihre Finger umschlossen eine schwere und feste Wolldecke, die hörbar über den blanken Boden schleifte, als sie daran zog. Entspannt atmete Senta auf.
    Doch dann schoss plötzlich etwas an ihren Beinen vorbei und brachte sie aus dem Gleichgewicht.
    Nur mit Mühe konnte sie sich an der Wand abstützen. Eine Ratte, durchfuhr es Senta und ein Schrei entwich ihrer Kehle. Doch da ertönte plötzlich ein vertrautes Geräusch.
    »Du bist das!«, rief Senta und weinte fast vor Erleichterung, als sie das Maunzen der Roten erkannte. Niemals hätte sie gedacht, dass ein Wiedersehen mit diesem Scheusal ihr einmal Tränen der Freude in die Augen treiben könnte! Sie kauerte sich nieder und rief nach der Katze, die sich ihr nach einer Weile hörbar näherte. Vorsichtig griff Senta in das Fell des Tieres und erschrak, wie dünn sich der kleine Körper unter ihren kalten Händen anfühlte.
    »Du arme Kleine«, sprach sie der offensichtlich stark geschwächten Katze Mut zu und streichelte sie behutsam. Dann hob sie die Rote auf, tastete nach der Decke und legte sie darauf. Ihrem schlechten Zustand nach zu urteilen, musste sie schon einige Zeit im Bunker eingesperrt sein. Dankbar für die Gesellschaft verharrte Senta einen Augenblick neben dem Tier. Dann erhob sie sich und tastete sich weiter voran. Sie musste endlich den Lichtschalter finden! Nach nur einem Meter stießen ihre Hände gegen die Tür, deren Stahl sich auf ihrer Haut noch kälter anfühlte, als die Wand. Na endlich! Fieberhaft suchte Senta nach dem Lichtschalter und schrie vor Freude auf, als ihre Finger an die eckige Plastikbuchse stießen. Es war ein Kippschalter. Senta schob ihn mit dem Zeigefinger auf die andere Seite. Es machte »Klack«, doch nichts passierte. Ungläubig schob sie den Schalter wieder in die Ausgangsposition und dann wieder zurück. Aber nichts tat sich.
    »Scheiße«, schrie Senta verzweifelt auf und der Funke Zuversicht, der sich vor ein paar Sekunden in ihr ausgebreitet hatte, erlosch.
    Sofort strömten die Gedanken wieder auf sie ein: Was geschah hier eigentlich? Was für ein perverses Spiel war das? Wer hatte sie hier eingesperrt? Senta wusste gar nichts mehr. In ihrer Verzweiflung begann sie, mit den Fäusten gegen die Stahltür zu donnern. Sie schrie.
    »Hilfe, Hilfe, ich bin hier eingesperrt!« Doch es war zwecklos. Das dumpfe Wummern und ihre spitzen Schreie wurden von den Wänden des Raumes geschluckt. Obwohl der Raum leer geräumt war, hallte es darin nicht. Der perfekte Raum für einen Schlagzeuger, dachte Senta und sah Mo vor sich.
    Mo. Wo war Mo? Ein furchtbarer Gedanke durchzuckte sie: Hatte er sie am Ende niedergeschlagen? Senta schüttelte den Kopf. Das konnte und wollte sie nicht glauben. Wahrscheinlich war Mo selbst gerade in größter Gefahr. Sie musste hier raus. Nur wie?
    *
    »Senta ist unterwegs, kann aber nicht weit weg sein«, stellte Frau Herzog fest, als sie das Haus betraten. »Ihr Schulrucksack steht noch mitten im Weg und das Handy liegt auf dem Küchentisch. Sie ist sicher nur kurz ausgeflogen.«
    »Dann komme ich später noch einmal«, meinte Mo und wandte sich zum Gehen.
    »Vielleicht könntest du mir vorher schnell behilflich sein«, bat Frau Herzog. »Ich müsste eine alte Kommode aus dem
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