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Perlentod

Perlentod

Titel: Perlentod
Autoren: Juliane Breinl
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als ein Roller um die Ecke sauste und vor ihnen zum Stehen kam. Hinter einem gut aussehenden Typen auf dem Rücksitz saß Miriam. Halb amüsiert, halb bewundernd stellte Senta fest, dass nicht mal der Sturzhelm ihrer immer perfekt gestylten Frisur etwas anhaben konnte. Lässig nahm Miriam ihn ab und verabschiedete sich mit einem langen Kuss bei ihrem Chauffeur. Erst dann schien sie Augen für die Anwesenden zu haben. Mit einer Zigarette zwischen den glänzenden Lippen stolzierte sie auf die kleine Gruppe zu. Sie sah aus wie ein Filmstar.
    »Alles klar bei euch?«, fragte Miriam in die Runde, den Blick fest auf Senta gerichtet. Die schüttelte den Kopf.
    »Klar ist mir noch nichts. Wie soll denn die Mutprobe aussehen?«
    Senta merkte, wie die Hofdamen erstarrten. Ihr war klar, was sie dachten: Wie kann dieses Nichts es wagen, sich uns gegenüber so respektlos zu verhalten? Senta spürte förmlich die Abneigung der anderen und musste sich zusammenreißen, nicht ausfällig zu werden, als Lolles Kaugummi sie knapp verfehlte.
    »Kannst es wohl nicht abwarten, dich zu blamieren?«, zischte sie und die zarte Rita kicherte. Miriam flüsterte etwas, zu leise, als dass Senta es verstehen konnte.
    »Na, wenn das so ein großes Geheimnis ist, dann werde ich mich wohl noch etwas gedulden müssen«, erwiderte sie trotzig und setzte sich auf einen Mauervorsprung an den Teich. Ihre Beine ließ sie nach unten baumeln, sodass sie mit den Schuhsohlen fast das Wasser berührten. Die mit Wasserlinsen übersäte Oberfläche schimmerte bräunlich. Hoffentlich hat die Mutprobe nichts mit diesem Teich zu tun, überlegte Senta und fühlte sich auf einmal furchtbar unwohl in ihrer Haut. Bislang hatte sie immer wieder die Kurve gekriegt, wenn die Clique versuchte, sie zu erniedrigen. Aber wie lange würde sie diesem Druck standhalten können? Ihre große Stärke war ihre Schlagfertigkeit. Aber auch dahinter würde sie ihre Angst nicht auf Dauer verstecken können. Immerhin waren die anderen zu viert und sie ganz alleine.
    Angeführt von Miriam waren die Hofdamen im Spritzenhaus verschwunden und hatten die Tür fest hinter sich verschlossen. Senta wunderte sich. Ihres Wissens nach war das alte Haus mit einem dicken Vorhängeschloss verrammelt. Besaß Miriam etwa einen Schlüssel? Jedenfalls war es offensichtlich, dass sie da drinnen etwas ausheckten.
    Jetzt war die Gelegenheit, schoss es Senta durch den Kopf. Niemand würde bemerken, wenn sie aufstehen und sich klammheimlich davonstehlen würde. Ihr schwante, dass die vier nicht wirklich daran interessiert waren, sie in ihre Clique aufzunehmen, und die Mutprobe einzig dafür gedacht war, sie zu quälen. Was planten sie nur? In den Teich würden Senta keine zehn Pferde kriegen und einen Regenwurm oder andere Tiere würde sie auch niemals essen. Das stand fest. Um im Fall der Fälle schneller die Flucht ergreifen zu können, postierte sie sich in der Nähe ihres Fahrrads. Als hätte sie nur auf eine Regung von Senta gewartet, öffnete sich im selben Moment mit einem schabenden Geräusch die graue Flügeltür des Spritzenhauses. Kim winkte ihr zu.
    In der Mitte des Raums stand ein uralter Anhänger der Feuerwehr. Poröse Schläuche hingen schwer von den Wänden herab und auf dem Boden lag, neben einer rostigen Leiter, ein altes Taschenmesser.
    »Hast du schon mal einen Schlüssel verloren?«, empfing Miriam sie und ließ grinsend einen rostigen Schlüsselbund vor ihrem hübschen Näschen baumeln.
    »Was spielt das für eine Rolle?«, fragte Senta zurück und gab sich keine Mühe, ihre Genervtheit zu überspielen.
    »Es gibt hinter dem Haus einen ziemlich tiefen und saumäßig verdreckten Schacht. Dort hinein werde ich diesen Schlüsselbund werfen.« Für einen vielsagenden Moment schwieg Miriam. »Und du wirst ihn da wieder rausholen«, ergänzte sie lächelnd. Offensichtlich genoss sie die Situation. Dann zündete sie sich eine neue Zigarette an und bahnte sich an Senta vorbei den Weg nach draußen.
    »Also in einen Schacht klettern und einen Schlüssel holen? Darum geht’s«, vergewisserte sich Senta, während ihr Miriams Rauch ins Gesicht wehte. Statt einer Antwort deutete die vage hinters Haus und stapfte, gefolgt von ihren Hofdamen, durch die Wildnis.
    Senta biss sich verärgert auf die Lippe. Eine unmögliche Art hatte Miriam drauf! Ich hole denen jetzt ihren albernen Schlüssel und dann können sie mich kreuzweise, dachte sie und freute sich schon auf die blöden Gesichter, wenn sie, trotz
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