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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)
Autoren: Heike Koschyk
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Zug. Dann wischte er mit dem Ärmel über den Mund und lachte herausfordernd. »Zum anderen aber, um das zu vollenden, was ich einst begann.«
    Elysa sprang auf. »Du warst es – du hast die Achse des Wagens brüchig gemacht.«
    »Ach, es war eines von vielen Dingen, die ich unternahm, um die Schande zu sühnen, die sie meinem Vater zufügte. Diese Tat jedoch führte zum Erfolg.« Er beugte sich in unverhohlener Wut vor. »Sie hat Vater hintergangen, ihn zum Narren gehalten, lächerlich gemacht vor Gott und dem Gesinde. Doch ich habe die Briefe gelesen, die Bernhard ihr in aller Heimlichkeit zusteckte. Dummes Weibsstück, das uns das Lesen lehrte, doch die Spuren der Schande nicht sogleich verbrannte. So las ich Gefasel von Liebe und dem Sehnen nach jenem Tag, an dem sie ihm nach Mainz folgen sollte, mitsamt dem Kinde, das er einst mit ihr zeugte.«
    Elysa schluchzte in bitterem Erkennen auf. Also war es Bernhard gewesen, zu dem Mutter mit ihr fahren wollte, als man sie vom Wagen riss. Und es war Bernhard, der nach ihrem Tod Elysa mit nach Mainz nahm, um sie der Hölle zu entreißen und zu einer eigenständigen Frau zu erziehen. Umsorgt von einer Frau, die sie für ihre Großmutter hielt.
    Ihr Onkel – nein, ihr Vater. Elysa schlug die Hände vor das Gesicht und begann zu weinen, beweinte die Mutter, die den ihr zugedachten Ehemann nie liebte, beweinte den Mann, der ihr Vater war und sich seiner Tochter nie offenbaren konnte. Dessen Großmut sie in Gedenken hielt und dessen Vermächtnis sie in Truhen mit sich geführt hatte, bis nach Eibingen.
    Sie war so in ihren Schmerz vertieft, dass sie Radulf von Braunshorn erst bemerkte, als er ihr die Hände vom Gesicht riss.

18
    D er Mond beleuchtete hell den Weg über die Felder. Clemens von Hagen lief, so schnell ihn seine Beine trugen, spürte weder Schmerz noch Blut. Angst trieb ihn vorwärts und die Gewissheit, dass Elysa sich in allergrößter Gefahr befand. Mehr als einmal stolperte er über Grassoden und Steine, doch er hielt nicht inne, bis er die Burg erreichte.
    Die Zugbrücke war hochgezogen, und die Mauern auf dem Fels wirkten uneinnehmbar.
    Wie sollte er die Burg bezwingen? Er besaß weder Tauwerk noch Waffen. Wie sollte er Elysa erretten – mit bloßen Händen?
    Magnus war nicht alleine, auch Radulf von Braunshorn war in der Burg, das war gewiss. Clemens erinnerte sich an die Pferde, die Elysa und er im Verschlag vorgefunden hatten, als sie ihre hinzuführten, es waren zwei an der Zahl gewesen. Ein Pferd war ein teures Gut, ein Ritter von Magnus’ Stand besaß meist nur eines, das zweite aber musste dem Exorzisten gehören.
    Clemens hielt inne und betrachtete das Gemäuer. Es war aus Feldsteinen gebaut, dessen Steine in unregelmäßigen Abständen Halt zu geben vermochten. Wenn er durch den trüben Morast des Halsgrabens kam, konnte er mit Gottes Hilfe die Mauer hinaufklettern. Die Burg hatte keine Wächter, nur zwei Mägde, die um diese Zeit gewiss schon schliefen, niemand würde ihn an seinem Vorhaben hindern, auch nicht Magnus und Radulf.
    Während er einen langen Stock in den steilen Graben hielt, unterdrückte er den Widerwillen, der ihm angesichts des stinkenden Sumpfes überkam.
    Mit Bedacht prüfte er die Tiefe des trüben Wassers. Es stand nicht hoch, doch sobald er den Stock in den Boden drückte, wollte ihn der modrige Untergrund verschlingen.
    Hastig zog Clemens den Stock zurück und sah sich um. Die Holzbrücke, die weit vor den Burgmauern endete, war morsch. Ihr Bretter zu entreißen, um sie als tragenden Untergrund zu verwenden, hätte zu viel Lärm verursacht. Die Nacht übertrug jedes Geräusch.
    Auch bemerkte er nun im Licht des Mondes, dass der Graben auf der anderen Seite steil hinaufführte – zu steil und zu glatt, um die Burgmauern zu erreichen.
    Clemens seufzte. »Alles ist möglich dem, der da glaubt«, flüsterte er. Doch so sehr er auch suchte, die Burg schien uneinnehmbar zu sein.
    In diesem Moment vernahm er hinter den Mauern einen Schrei, der ihm bis ins Mark drang. So erschrak er zutiefst, als neben ihm die Gestalt der Bäuerin auftauchte, die er ohne ein Wort der Erklärung hatte stehen lassen.

19
    E lysa schrie gellend, stieß den Stuhl beiseite und wich bis an die Mauer zurück. Ihre Hände schmerzten, als hätte der Exorzist seine Finger mit spitzen Krallen in ihr Fleisch gebohrt.
    »Was führt Euch hierher?«, rief sie keuchend.
    »Das sollte ich dich fragen. Ich glaubte, du wärest verbrannt. Doch wie ich sehe,
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