Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
Geheimgang gefunden«, fügte Linda hinzu. »Allerdings einen ohne Monster …«
»Ohne Roboter«, verbesserte ihre Schwester sie. »Richtige Monster gab es ja bei all unseren Abenteuern überhaupt nicht. Sogar der Bär war nur eine doofe Verräter-Tarnung.«
Percy war inzwischen sicher, dass sich auch für das Verschwinden seiner Eltern eine Erklärung würde finden lassen. Wie einfach und logisch alles war, wenn man nur die richtigen Informationen zur Verfügung hatte.
»Wallace ist in der Nacht im Schloss gewesen, als der Spion im Bärenkostüm Brenda aufgelauert hat.« Percy rieb seine Nasenspitze.
»Wahrscheinlich hat er sich von ihr mit diesem alten Whisky versorgen lassen. Und als die Köchin dann Heinrich in den Keller nachgeschlichen ist, hat er die Flasche allein geleert. Dann ist er nach Hause getorkelt, weil Brendanicht zurückkam und er sie natürlich nicht suchen konnte. Die Gefahr wäre zu groß gewesen, dass ihn jemand entdeckt. Und damit ihn auch wirklich keiner erkennt, ist er nicht durch das Schloss in den Westflügel gewankt, sondern durch den Garten und hat diese riesige Fellmütze aufgesetzt, die aussieht wie ein Büffelkopf.«
»Bravo«, sagte Claire. »Genau so ist es gewesen. Und weil Wallace wirklich ganz schön viel von dem alten Whisky getrunken hatte, hat er bei euch im Westflügel so einen gewaltigen Radau veranstaltet, dass du dachtest, ein Monster käme die Treppe herauf und würde dich und deine Eltern ermorden.«
Bei der Erwähnung seiner Eltern spürte Percy wieder einen Stich in der Magengegend, und seine freudige Erregung, dass er den Fall so gut gelöst hatte, war verflogen.
Linda setzte sich zu ihm auf die Bettkante. »Kopf hoch, Percy. Das Verschwinden deiner Eltern ist nicht das einzige Geheimnis, das wir noch aufklären müssen.«
Percy nickte. »Wer der Bärenspion ist, das wissen wir auch noch nicht. Das heißt,
ich
weiß es noch nicht …«
»Nicht nur du«, sagte John. »Das ist tatsächlich noch nicht ans Tageslicht gekommen. Onkel Eric hat vor, deswegen so eine Art Inquisitionskomitee zu gründen, aber Onkel Cedric meint, dass wir jetzt erst einmal Weihnachten feiern wollen. Obwohl auch er findet, dass der Gedanke, einen Verräter und Dieb in der Familie zu haben, die Stimmung etwas trübt.«
»Hat der Dieb denn nun überhaupt das Rezept für Aunt Annie’s Worcestershire-Sauce gestohlen?«, fragte Percy.
»Nein, nein«, antworteten die Zwillinge. »Das ist ja das Beste an der ganzen Geschichte. Brenda hat sich natürlich strikt an die Anweisungen im Familienbuch gehalten und den Anhänger mit dem Rezept auch während ihres Urlaubs nicht einen Augenblick abgelegt. Onkel Adalbert hatte das ganz genau berechnet.«
»Was hatte er berechnet?«
»Na, die Zeit, in der Brenda mitsamt dem Rezept nicht im Schloss war.«
»Ach so«, sagte Percy und schwang sich aus dem Bett. »Das heißt, dass das Rezept immer nur benötigt wird, wenn ein neuer Kessel Worcestershire-Sauce angerührt werden muss?«
»Genau so ist es«, bestätigte John, der ebenfalls von seinem Hocker aufstand. »Die Zutaten werden alle hinter der Fabrik in einem Lagerhaus gesammelt, und wenn es so weit ist, sorgen Brenda und Hans dafür, dass sie in der richtigen Zusammensetzung gemischt werden. In dieser Zeit darf niemand die Brauerei betreten. Brenda und Hans stellen ein Konzentrat her, das dann einfach nur noch mit Wasser verdünnt werden muss. Und zwar im Verhältnis eins zu tausend, glaube ich.«
»Eins zu zehntausend«, verbesserte Linda.
Percy schüttelte den Kopf über so viel Geheimniskrämerei wegen einer Würzsauce, aber er hatte auf Schloss Darkmoormittlerweile so unwahrscheinliche und merkwürdige Sachen erlebt, dass er sich eigentlich über gar nichts mehr wunderte. Er kraulte Jim hinter den Ohren und grübelte eine Weile schweigend vor sich hin.
Schließlich riss Claire ihn aus seinen Gedanken.
»Wir sind eigentlich hier, um dich zu wecken, damit du rechtzeitig deine Weihnachtssocke am Kamin aufhängen kannst. Die besten Plätze sind schon besetzt, aber wenn du dich beeilst, schnappst du Cyril und Jason die letzten Eckchen vom vorderen Sims weg. Ich hoffe, du hast daran gedacht, selbst gestrickte Socken mitzubringen?«
»Ach herrje«, sagte Percy. Er konnte weder stricken noch hatte er so etwas wie eine Weihnachtssocke. In der Wohnung seiner Eltern gab es ja noch nicht einmal einen Kamin. Betrübt ließ er die Schultern hängen und schüttelte den Kopf.
»Soll das heißen, du
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