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Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche

Titel: Pepe Carvalho 01 - Carvalho und die taetowierte Leiche
Autoren: Manuel Vazquez Montalban
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Kopf, um die Ankunft der beiden zur Kenntnis zu nehmen. Eine kundige Hand strich die spärlichen Haare zurück, die seine Schädelseiten zierten. Das weißhäutige, sommersprossige Gesicht wies für sein offenkundiges Alter nur wenige Runzeln auf. Er trug einen grauen Anzug, und seine unter dem Tisch gekreuzten Beine steckten in ledernen Pantoffeln.
    La Gorda verließ den Raum, sobald der Mann am Tisch und Carvalho Blicke getauscht hatten. Carvalho folgte der stummen Aufforderung des andern und ließ sich in einen kleinen, mit grünem Plastik bezogenen Sessel fallen. Das gespreizte Auftreten des Mannes war diesem Geschäft und diesen Hausschuhen nicht angemessen. Carvalho fühlte sich gemustert, gemessen, taxiert. Als der Mann seine Prüfung beendet hatte, senkte er den Blick und suchte etwas auf dem Tisch. Ein Zeitungsausschnitt, den er Carvalho reichte. Der las ihn und behielt ihn in der Hand, ohne ein Wort zu sagen und ohne seinen Blick von der seltsamen Gesichtshaut seines Gastgebers abzuwenden.
    »Haben Sie von der Sache gehört?«
    »Nein.«
    »Lesen Sie keine Zeitungen?«
    »Selten.«
    »Was halten Sie davon?«
    »Und Sie?«
    »Ich habe zuerst gefragt.«
    Carvalho zuckte die Achseln. Der andere hatte sich in seinem hölzernen Drehstuhl zurückgelehnt und schien die Ereignisse abzuwarten. Carvalho musterte amüsiert dieses winzige Büro eines winzigen Altstadtgeschäftes, das sich in nichts von anderen winzigen Büros winziger Altstadtgeschäfte unterschied. Nur das merkwürdige Auftreten des wohlerhaltenen, eitlen Alten paßte nicht in diese Umgebung.
    »Ich möchte wissen, wer dieser Mann war und was er machte.«
    Carvalho wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Zeitungsausschnitt zu.
    »Das dürfte nicht schwer zu erfahren sein. Die Polizei müßte ihn identifiziert haben.«
    »Ich habe keinerlei Interesse daran, die Polizei um Auskunft zu bitten.«
    »Das wäre das schnellste, billigste und sicherste.«
    »Es muß weder schnell noch billig sein. Und jeder hat seine eigenen Vorstellungen davon, was sicher ist und was nicht. Ich ziehe es vor, Ihnen keine Lügen aufzutischen, und deshalb nenne ich Ihnen nicht den Grund, warum mich der Name dieses Mannes interessiert.«
    »Ihr Interesse gilt wohl den Geschichten von Schiffbrüchigen. Diese Leiche ist besonders interessant. Eine derartige Tätowierung findet man nicht alle Tage.«
    »Wenn Sie unbedingt meine Beweggründe kennen müssen, denken Sie sich welche aus. Ich bin einzig und allein an der Identität dieser Leiche interessiert.«
    »Ich kann mich nicht blind auf diese Sache einlassen. Mit der Polizei ist nicht zu spaßen. Und wenn ich nicht weiß, worum es geht, ist ein Zusammenstoß unausweichlich.«
    »Man spricht sehr gut über Sie.«
    »Das bezweifle ich nicht.«
    Carvalho legte den Zeitungsausschnitt zurück auf den mit Papieren übersäten Tisch und setzte die stumme Betrachtung seines Gegenübers fort.
    »Sie wissen jetzt, wer ich bin. Mein Name ist Ramón, und ich führe dieses Geschäft mit meiner Frau. Nehmen Sie an, es wäre einfach eine Laune von mir und ich könnte es mir leisten, für meine Launen Geld auszugeben. Ich will wissen, wer dieser Mann war, dabei sind die einzigen Anhaltspunkte sein Alter – nach der Beschreibung scheint es sich um einen jungen Mann zu handeln – und eine Tätowierung.«
    »Mehr wollen Sie mir nicht sagen?«
    »Doch. Ich bezahle Ihnen hunderttausend Pesetas für diese Arbeit.«
    »Plus Spesen!«
    »Sie dürfen aber nicht zu hoch sein.«
    Carvalho hatte sich schon erhoben. Der Mann richtete sich zum erstenmal auf und stützte sich mit gespreizten Händen auf den Tisch. An einem seiner Finger bemerkte Carvalho einen riesigen goldenen Siegelring mit dem Kopf eines Indianerhäuptlings.
    »Fünfzigtausend sofort.«
    Kaum hatte das Wort fünfzigtausend den Mund verlassen, schon griff die Hand, die von dem Indianerhäuptling fast bedeckt war, in ein hölzernes Kästchen und entnahm ihm ein Bündel Banknoten. Der Mann zählte die Geldscheine ab und reichte sie Carvalho. Dieser steckte sie ein und machte sich auf den Rückweg. Seine Schritte erweckten die hölzerne Seele der Stufen zum Leben. Als er den Salon betrat, suchten seine Augen jenen Hintern, der ihn beim Hereinkommen so beeindruckt hatte. Aber Queta wandte ihm ihr Gesicht zu. Das volle, gutaussehende Gesicht einer fast Vierzigjährigen, etwas übermäßig geschminkt, die Augen etwas zu groß.
    Als er wieder auf der Straße stand, wurde Carvalho klar, daß er
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