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Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Pendergast 04 - Ritual - Höhle des Schreckens
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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argwöhnte sie, dass er sie auf die Probe stellen wolle.
    Sie sah sich den Sparbrief genauer an. »Mündelsichere Anlage? Was bedeutet das?«
    »Nun, wenn ich das richtig sehe, dauert es noch ein Jahr bis zu Ihrem Highschoolabschluss, nicht wahr?«
    Corrie nickte.
    In Pendergasts Augen lag ein seltsames Funkeln. »Haben Sie mal etwas von der Phillips Exeter Academy gehört?«
    »Nein.«
    »Das ist eine private Internatsschule in New Hampshire. Ich habe dort einen Platz für Sie vormerken lassen.«
    Corrie starrte ihn verdutzt an. »Wollen Sie damit sagen, dass das Geld nicht für das College bestimmt ist?«
    »Mir war das Wichtigste, eine neue Umgebung für Sie zu finden. In Medicine Creek ersticken Sie.«
    »Aber…aber eine Internatsschule? In New Hampshire? Da passe ich nicht hin!«
    »Meine liebe Corrie, was ist denn so wichtig daran, irgendwo hinzupassen? Das bedeutet im Klartext: sich anzupassen. Und darum habe ich mich nie bemüht. Ich bin sicher, dass Sie dort gut zurechtkommen. Sie werden dort andere treffen, die sich genau wie Sie nicht um jeden Preis anpassen wollen. Sie werden dort viele Studenten kennen lernen, die sich nicht anpassen wollen, aber intelligent, wissbegierig und kreativ sind. Ich komme im Herbst auf der Fahrt nach Maine dort vorbei und werde mir die Schule persönlich ansehen.« Er hüstelte leise in die Hand.
    Corrie merkte ihm an, wie ergriffen er war. Sie konnte nicht anders, sie musste ihn herzlich umarmen. Natürlich reagierte er zunächst stocksteif auf die unverhoffte Umarmung, doch dann entspannte er sich plötzlich. Er schien sogar ein wenig gerührt zu sein.
    »Entschuldigen Sie, dass ich mir meine Gefühle so unverhohlen anmerken lasse«, sagte er verlegen. »In der Familie, in der ich aufgewachsen bin, war es nicht üblich…« Er verstummte mitten im Satz. Und dann erlebte Corrie etwas, was sie nie für möglich gehalten hätte: Der nüchterne, beherrschte Special Agent Pendergast lief sogar ein wenig rot an.
    Sekunden später hatte er sich wieder im Griff: Er deutete eine seiner altmodisch galanten Verbeugungen an, neigte sich über Corries Hand und hauchte einen Kuss darauf. Danachdrehte er sich schnell um, stieg in seine Nobelkarosse und war bald in die Hauptstraße eingebogen.
    Seltsam, irgendwie hatte Corrie das Gefühl, sein Blinklicht sei so etwas wie ein Abschiedsgruß. Sie sah den Rücklichtern des Rolls eine Weile nach, dann stieg sie in ihren Gremlin. Ein letzter Blick auf ihr Gepäck: Hatte sie auch nichts vergessen? Der Plastikkoffer, ein paar Musikkassetten, einen kleinen Stapel Bücher – alles da. Den Umschlag mit der Spareinlage legte sie ins Handschuhfach, und weil der Klappverschluss schon lange nicht mehr funktionierte, beschloss sie, den Draht, der den Deckel ersatzweise zuhalten musste, diesmal besonders fest zuzudrehen. Sie startete den Motor, ließ ihm ein paar Sekunden Zeit, auf Touren zu kommen, lenkte den Gremlin rückwärts aus der Parkbucht und bog ebenfalls in die Hauptstraße ein.
    Rechts von ihr lag Ernies Tankstelle. Irgendetwas machte sie neugierig, sie bremste ab und schielte hinüber. Und da sah sie Brad Hazen, den Sohn des Sheriffs, ihren alten Gegner. Er war gerade dabei, Art Ridders azurblauen Caprice aufzutanken, in der einen Hand den Füllstutzen, die andere lässig in die Hüfte gestemmt. Der Trottel merkte nicht, dass er seine Jeans dabei tiefer schob. Die graue Unterhose guckte heraus, und sogar der Ansatz seines breiten Hinterns war zu sehen!
    Plötzlich musste sie an Sheriff Hazen denken. Er tat ihr Leid, denn hinter seiner harten Schale steckte ein guter Kern. Ein anständiger Kerl wie er hatte es wirklich nicht verdient, einen Sohn wie Brad zu haben. Sie musste daran denken, wie Hazen im Krankenhaus gelegen hatte, den stiernackigen Hals und den verletzten Schädel auf einem Stützkissen hochgebettet, das Gesicht über Nacht um Jahre gealtert. Und wie er in Tränen ausgebrochen war, als sie über Tad Franklin gesprochen hatten…
    Vielleicht, dachte sie, steckt in seinem Sohn Brad auch ein guter Kern, vielleicht braucht er nur noch ein paar Jahre, bis seine guten Seiten zum Vorschein kommen? Doch dannschüttelte sie den Kopf und trat aufs Gaspedal. Was auch aus Brad werden mochte, wenn die Flegeljahre hinter ihm lagen: Sie kehrte Medicine Creek gerade den Rücken, sie würde es also nie erfahren.
    Im Rückspiegel sah sie, wie die Konturen des Ortes allmählich verschwammen, die abgeernteten Stoppelfelder huschten an ihr vorüber,
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