Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
an den Cog zurückgebracht werden sollte, von wo es die Peshtak flußaufwärts ins Pelbar-Gebiet bringen würde. Man würde Flöße bauen müssen, denn mit den beiden Maschinen aus dem Tantal-Museum an Bord konnte das Dampfschiff nicht alle fassen. Mehrere Gardisten und fünf Peshtak mit Se-gelerfahrung sollten das Tantal-Schiff in den Norden nach Iver bringen und dann zurückkehren. Sie sollten einen reichlichen Vorrat an Raketen aus dem Tantal-Schiff mitbringen, um die Portage-Garnison damit auszurüsten, die noch einen Monat lang am Ort bleiben sollte, einige wollte man auch auf der ›Wagemut‹
installieren.
Blus Freude, als er Stel sah, wurde durch Raydis Zustand sehr gedämpft. Seit sie Orsin getroffen hatte, verbrachte sie die meiste Zeit in dumpfem Schweigen. Blu kniete vor ihr nieder und nahm ihre Hände, aber sie drehte den Kopf zur Seite. »Kannst du dich nicht an deinen Onkel Blu erinnern?« fragte er.
Sie antwortete nicht.
»Erinnerst du dich nicht an Ruthan?«
»Geh weg! Du bist ein Wilder.«
»Hier ist dein Bruder Garet. Willst du mit ihm sprechen?«
»Mit dem? Der war nie mein Bruder. Frag ihn – den Mann, den du Stel nennst – ob er mein Bruder ist.«
Blu schaute sie prüfend an, keiner wich dem Blick des anderen aus. »Dir fehlt gar nichts«, sagte er. »Du genießt nur die Aufmerksamkeit. Schön. Aber von mir bekommst du keine mehr.« Er stand auf. Sie blieb teilnahmslos. Er warf einen Blick auf Garet, der wü-
tend danebenstand. »Tja, Garet. Wieder so ein Fehl-schlag deines Vaters, wie? Hat eine Stadt zerstört. Hat Raydi nach Hause gebracht. Hat mehr als zweihun-dertneunzig Gefangene befreit. Hat eine Flotte verbrannt. Und du findest immer noch Grund, ihn für einen Versager zu halten. Was für eine Familie. Armer Stel.« Blu spuckte aus und ging weg. Garet sah ihm frustriert nach.
Am nächsten Morgen traf die ›Tatkraft‹ von Iver ein, und Dailith war außer sich vor Freude, als er Stel wiedersah. Die beiden umarmten sich lachend. Dann verging ihnen das Lachen. »Ich komme nicht zurück, Stel. Ich will in Iver bleiben. Bei Portain.« Er blickte in die Runde. »Sie ist schwanger. Ich weiß nicht, wie die gesetzliche Situation aussieht, aber ich will mich nicht mein ganzes Leben lang von Eolyn total ignorieren lassen.«
»Portain?«
»Ja. Das hat Zukunft dort, Stel. Wir bauen auf. Sie brauchen Gardisten. Ich werde kein Laufbursche mehr sein. Keine Unterwürfigkeit gegenüber der weiblichen Autorität mehr.«
»Und was ist mit Eolyn? Mit deinem Versprechen?«
»Sie wird es gar nicht bemerken, Stel. Du wirst schon sehen. Sie wird gar keinen Unterschied feststellen.«
»Hat dir das Portain gesagt?«
»Nein. Ich selbst. Du weißt, wie es ist. Du hast es miterlebt.«
Stel überlegte. »Das stimmt wohl. Nun. Wir müssen einige von diesen Tantal-Sprengstoffen auf die ›Pusterich‹ schaffen. Wir könnten im Bug einen Raketenwerfer installieren. Wenn drei ihrer Schiffe hier in der Gegend sind, möchte ich mich nicht kalt erwischen lassen. Hast du eine Botschaft für Eolyn? Einen Brief?«
»Nein. Keine Botschaft. Sie hat mir nicht einmal Lebewohl gesagt, wenn du dich erinnerst. Ach ja.
Aber hier ist ein Brief für dich. Von Suffis, der Peshtak.«
Stel nahm den Brief und öffnete ihn. In groben Druckbuchstaben stand da geschrieben: ICH MAG DIE KÄLTE WIRKLICH NICHT, STEL.
EINE SAISON BLEIBE ICH HIER. DANN WERDE
ICH SEHEN, OB ICH IM SÜDEN EINEN PLATZ
FINDE. BITTE MACH DIR MEINETWEGEN KEINE SORGEN. WIR SIND ALLE VIEL BESSER
DRAN ALS ZU BEGINN DES SOMMERS, DANK
DIR. ICH MÖCHTE DIR SAGEN, DASS ICH AUF
DIE EINE ODER ANDERE ART IMMER DEIN
FREUND SEIN WERDE. DARÜBER HINAUS – WER WEISS? SUFY.
Stel dachte darüber nach, faltete den Brief zusammen und steckte ihn ein. Dann schaute er nach Westen und sagte: »Kann sein, daß wir Regen bekommen.«
Der Regen kam, dazu noch Nebel, und die Arbeiten an der ›Wagemut‹ verzögerten sich. Am nächsten Tag gegen Abend, es regnete noch immer, wurden sie draußen auf dem nebligen Wasser von einem Blitz überrascht, dem eine Explosion im Bugbereich der ›Flucht‹ folgte. Alarm wurde gegeben, als weitere Raketen einschlugen. Dann wurden auch vom Schiff Raketen abgeschossen. Nun waren undeutlich drei Tantal-Schiffe auszumachen, die ziemlich dicht am Ufer, parallel zur Küste aufgereiht lagen.
Stel zögerte nur einen Augenblick, dann rannte er zum Ufer. Im Vorbeilaufen packte er Garet am Ärmel.
»Komm! Die ›Pusterich‹. Wer ist
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