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Peetz, Monika

Peetz, Monika

Titel: Peetz, Monika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Dienstagsfrauen
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andere war? Caroline kramte aus ihrem Rucksack
das Taschenmesser heraus. Die Klinge sprang aus dem Schaft und blitzte in der
Sonne. Anlass genug für Judith, das Unsichere für das Sichere zu nehmen und
das Weite zu suchen. Weg, nur weg. Von Caroline. Wer weiß, wozu sie in ihrer
Raserei fähig war? Wer so viel mit Mord und Totschlag zu tun hatte, kam
womöglich auf dumme Ideen.
    Judith
rannte und rannte und rannte. Weit kam sie nicht. Von hinten legte sich eine
Hand auf ihre Schulter. Judith erstarrte.
    »Ich muss
mich bei dir bedanken, Judith«, hörte sie Caroline in ihrem Rücken. Hilfe,
dieser Ton. Wieso redete Caroline so freundlich? Wo hatte sie das Messer
gelassen? Judith rechnete jede Sekunde mit einem Angriff Doch Caroline redete
weiter in diesem irritierenden Ton: »Ohne dich würde ich immer noch glauben,
dass ich glücklich verheiratet bin.«
    Judith
ächzte. Diese unsägliche, unberechenbare Freundlichkeit war ihr unheimlich.
Sie musste an die Nachbarskatze denken, die ihr an einem Sonntagmorgen eine
halb tote Maus auf den Balkon gebracht hatte. Anstatt dem Tier gnädig den
Garaus zu machen, spielte sie minutenlang mit der übel zugerichteten Kreatur.
Sie ließ das verletzte Tier weglaufen, nur um es erneut mit den Krallen zu
packen. Ein grausames Spiel, das die Maus am Ende verlor. So fühlte sie sich:
wie eine Maus kurz vor der Exekution.
    »Es tut
mir leid, ehrlich«, stotterte sie.
    »Wie hast
du es rausgefunden?«, fragte Caroline.
    »Dass
Philipp verliebt ist...?«
    Wie fing
so was schon an? Philipp hatte sie eines Tages vom Krankenhaus nach Hause
gefahren. Weil Arne für eine Nacht dableiben musste, weil Judith keinen
Führerschein hatte, weil es schon spät war. Aus lauter Angst, in eine leere
Wohnung zu kommen, lud sie ihn auf ein Glas ein. In die Eckkneipe. Dort hatte
es angefangen. Als er ihr in die Augen sah. Viel zu lange, um es später als
belanglos abzutun. Es war dieser Blick. Zwei Stunden später war sie betrunken
nach Hause gekommen. Ohne einen Tropfen Alkohol getrunken zu haben.
    »Du hast die
beiden gesehen. Oder?«, erinnerte Caroline sie an ihre Frage.
    Die
beiden? Wovon redete Caroline? Es dauerte ein paar Sekunden, bis Judith sich
gedanklich aus der Eckkneipe verabschiedet hatte.
    »Du
brauchst nichts zu sagen, wenn du nicht willst«, versprach Caroline.
    Bei Judith
setzte sich zusammen, was Carolines Fragen bedeuteten.
    »Du hast
keine Ahnung, mit wem Philipp die Affäre hat?«, versicherte Judith sich
erstaunt. Caroline schüttelte den Kopf.
    Aus der
Ferne beobachtete Eva aufmerksam, was vor sich ging -
    »Du musst
es ihr sagen«, feuerte Judith sich selbst an. »Jetzt. Du musst.«
    »Vielleicht
ist es jemand, den du kennst? Jemand, der dir nahesteht? Eine, von der du so
etwas nie erwartet hättest«, tastete sich Judith vorsichtig an die Wahrheit
heran.
    »Das
erfahre ich heute Abend«, antwortete Caroline schroff.
    »Ach ja?«,
ächzte Judith.
    »Ich habe
jemandem zu ihrem Liebesnest geschickt.«
    »Welches
Liebesnest?«
    Caroline
räusperte sich: »Von wegen Hausärzteseminar. Während wir pilgern, verbringt
Philipp ein paar romantische Tage mit seiner Tussi.«
    »Philipp
hat eine Geliebte?«, rief Judith entsetzt aus.
    Jetzt war
es an Caroline, Judith ratlos anzusehen. Judith begriff nicht einmal, dass sie
einen schweren taktischen Fehler begangen hatte. Sie war wie vor den Kopf
geschlagen.
    »Jetzt wo
wir wandern, trifft er sich mit einer anderen?«, wiederholte Judith ungläubig.
Die Empörung, die sich in ihrem Bauch zu einer Riesenwut zusammenballte, war
ehrlich und aufrichtig.
    »Dieses
treulose Schwein«, schimpfte Judith aus tiefster Seele.
    »Das geht
schon seit Monaten. Es ist eine Patientin. Ich wollte es auch nicht glauben«,
bekannte Caroline.
    »Ich bring
ihn um«, presste Judith hervor.
    Caroline
schmolz vor Rührung dahin.
    »Nett von
dir. Aber das übernehme ich lieber selbst.«
    »Wir
machen es zu zweit.«
    Caroline
sah die Freundin glücklich an.
    »Ich danke
dir, Judith. Ich bin froh, dass du meine Freundin bist.«
    Judith
wurde von einer Woge der Zuneigung überrollt. Längst hatte sie vergessen, was
sie eigentlich sagen wollte. Sie nahm Caroline in den Arm.
    »Wir haben
beide den Mann verloren. Das verbindet«, erklärte sie pathetisch. Sie meinte
jedes Wort, das sie sagte.
     
    66
     
    Caroline
kauerte wie ein Häufchen Elend auf dem Plastikstuhl einer kleinen Snackbar in
Bonnemazon, einem jener Minidörfer, durch das der Weg sie führte. Sie

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