Pechstraehne
Tasche an der Seite und der Frau im Schlepptau, die fröhlich giggelnd an ihrem Streifenwagen vorbeihasteten und auf einen bunt bemalten Ford Fiesta zu hielten.
32
Manfred Eisenberg saß breitbeinig hinter dem Vernehmungstisch, als Lenz und Hain den Raum betraten. In seinem Gesicht war keine Emotion zu erkennen, als er die Beamten kurz ansah und den Kopf danach wieder geradeaus richtete.
»Hallo, Herr Eisenberg«, begrüßte Lenz den Mann. »Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Welche darf’s denn zuerst sein?«
»Sie können beide meinem Anwalt erzählen«, gab der weißhaarige Mann zurück, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich bin nicht interessiert an Ihren Nachrichten.«
»Och, wie schade«, meinte Hain sarkastisch. »Wo wir Ihnen die Sache so gern persönlich erklärt hätten.«
Eisenberg hob den Kopf und sah dem jungen Oberkommissar mit festem Blick in die Augen.
»Sie haben nichts, was mich auch nur im Geringsten interessieren könnte, junger Mann. Also lassen Sie mich am besten jetzt gehen, nachdem Sie und Ihr Kollege sich für meine Unannehmlichkeiten entschuldigt haben.«
Hain schüttelte den Kopf.
»Wir können Ihnen nachweisen, dass Sie zusammen mit Rudolph Gieger dessen eigene Entführung vorgetäuscht und damit ein Lösegeld von seiner Familie erpresst haben. Was halten Sie davon?«
Der Mann hinter dem Tisch richtete sich auf und blickte wieder stur geradeaus.
»Wer hat Ihnen denn diesen Unsinn erzählt?«
»Das hat uns ein Zeuge geflüstert.«
»Und wann soll sich diese Entführung nach Meinung Ihres Zeugen abgespielt haben?«
»Das liegt schon lang zurück.«
»Aha. Wie lang denn, wenn ich fragen darf?«
»Mehr als 37 Jahre.«
Nun hob der angebliche Sicherheitsberater der Nordhessenbank den Kopf und fing süffisant an zu grinsen.
»37 Jahre? Sie wissen schon, dass Sie sich lächerlich machen, wenn Sie mir etwas vorhalten, was so lang zurückliegt. Nach meinen beileibe nicht besonders ausgeprägten rechtlichen Informationen verjährt der Straftatbestand der räuberischen Erpressung nach 20 Jahren, wenn dabei niemand ums Leben kommt.«
»Das wissen wir. Allerdings …«
Er brach ab, weil Lenz ihm mit der Hand ein Zeichen gegeben hatte.
»Lass uns mal bitte kurz vor die Tür gehen, Thilo.«
Der Oberkommissar bedachte seinen Boss mit einem unschlüssigen Blick, nickte dann jedoch und folgte ihm nach draußen auf den Flur.
»Ich weiß, dass wir ihn deswegen nicht mehr drankriegen können, das haben wir ja auf der Fahrt hierher ausgiebig besprochen. Aber …«
Wieder stockte er, weil Lenz ihn erneut unterbrach.
»Darum geht es mir gar nicht, Thilo. Ich hätte ihm die gleichen Fragen gestellt und die gleichen Vorhaltungen gemacht wie du, aber mir geht es um etwas ganz anderes.«
Hain machte ein genervtes Gesicht.
»So? Da bin ich ja gespannt wie ein Flitzebogen.«
»Als du ihn mit dieser ollen Story konfrontiert hast, hat er sofort die Verjährungsfrist für erpresserischen Menschenraub ins Spiel gebracht. Wenn es damals allerdings wirklich um eine getürkte Entführung gegangen sein sollte, hätte nie ein Menschenraub stattgefunden. Verstehst du?«
»Nicht wirklich.«
»Wenn Margot Gieger recht hätte, und die beiden wirklich damals eine Entführung vorgetäuscht haben, dann würde der Typ nicht im Entferntesten über erpresserischen Menschenraub fabulieren, weil er ganz genau wüsste, dass der nie passiert ist. Er würde uns etwas von der Verjährungsfrist bei Vortäuschung einer Straftat oder so erzählen, um die es ja dann gehen würde, aber keinesfalls von erpresserischem Menschenraub.«
»Meinst du nicht, dass dir da die Phantasie ein wenig durchgeht?«, wollte Hain nach einer kurzen Phase des Nachdenkens skeptisch wissen.
»Nein, ganz und gar nicht. Ich glaube viel mehr, dass sich die Entführung damals wirklich abgespielt hat, allerdings nicht mit dem Ende, das solche Geschichten normalerweise nehmen.«
»Du meinst, dass Eisenberg diesen Gieger zwar gekidnappt, es sich im Lauf der Entführung aber anders überlegt hat?«
»Genau das meine ich.«
»Also klassisches Stockholm-Syndrom, oder was?«
»Woher soll ich die genauen Einzelheiten wissen, Thilo? Ich glaube nur, dass die Schlussfolgerungen, die Giegers damalige Frau gezogen hat, nicht die richtigen sind. Und ob Gieger und Eisenberg sich nach dem Vorbild des
Stockholm-Syndroms nun angefreundet haben, oder sonst irgendetwas passiert ist, was das alles befördert hat, ist mir eigentlich
Weitere Kostenlose Bücher