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Paula Kussmaul laesst nicht locker

Paula Kussmaul laesst nicht locker

Titel: Paula Kussmaul laesst nicht locker
Autoren: Klaus Kordon
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Streiterei. Fanden sie.
    Worüber Paulas Eltern immerzu gestritten hatten? Über alles. Über das Geld, das nie reichte. Über Kindererziehung, weil jeder vom anderen sagte, er mache immer alles falsch. Über die Haushaltspflichten, die beiden oft zu viel wurden. In Wahrheit aber hatten sie sich einfach nicht mehr lieb. Daher kam das. Und deshalb hatten sie eines Tages eingesehen, dass es besser war, sich zu trennen, und sich nur wenig später tatsächlich scheiden lassen. Bald darauf war der Vater weggezogen.
    Aber einmal im Monat kam er zu Besuch. Dann unternahm er mit Katja, Jenny, Paula und Linus Ausflüge und manchmal fuhr die Mutter mit. Jetzt, da die Eltern nicht mehr zusammenlebten, fanden sie kaum noch Grund zum Streiten. Linus, Paulas kleiner Bruder, hoffte sogar, dass die Eltern eines Tages vielleicht doch wieder heiraten würden.
    Katja, Paulas älteste Schwester, kam nach den Sommerferien in die 13. Klasse, war also schon fast erwachsen. Sie war sehr hübsch und führte sich oft auf wie die Prinzessin auf der Erbse. Immer dachte sie nur an sich. Ihre Ruhe brauchte sie, ihre eigene Ecke, ihre eigene Seife. Die Mutter sagte, daran wären die Jungen schuld. Sie liefen Katja nach und würden sich vor ihr in den Staub werfen. Und nun glaube die dumme Katja, das würde ihr ganzes Leben lang so weitergehen.
    Paulas Schwester Jenny war sechzehn und kam nach den Ferien in die 10. Klasse. Jenny war ganz anders als Katja. Nicht blond, sondern braunhaarig, nicht groß und schlank, sondern klein und kräftig, nicht leise, sondern eher laut. Ein Kumpeltyp, wie alle sagten. Der liefen die Jungen nicht nach, bei der machten sie nur bitte, bitte, wenn sie die Matheaufgaben erklärt haben wollten. Mathe war für Jenny ein Klacks. Trotzdem wollte sie nach der Zehnten nicht weiter zur Schule gehen, sondern Kfz-Mechanikerin werden. Aber würde sie eine Lehrstelle finden? Das war das Einzige, was Jenny zur Zeit interessierte.
    Wenn die Mutter nicht zu Hause war oder wenn sie schlief, weil sie mal wieder Spätdienst gehabt hatte, waren Katja und Jenny Paulas und Linus' Mütter. Sie teilten die Arbeiten ein, die erledigt werden mussten, und sorgten dafür, dass der Kühlschrank nie leer wurde. Streng waren sie beide, aber Katja war gerechter.
    Paula ähnelte weder Katja noch Jenny, kam aus einem ganz anderen Blumentopf, wie der Vater gern sagte. Sie war ziemlich groß für ihr Alter, hatte richtig dicke, feste, rote Pferdehaare, wie die Mutter sie als Mädchen auch hatte, und riesige blaue Augen, die herrlich wütend blitzen konnten. Das hatte sie früh gelernt: Gegen zwei so große Schwestern musste sie sich durchsetzen. Und das klappte nur, wenn sie sich nicht alles gefallen ließ.
    Linus war zwei Jahre nach Paula auf die Welt gekommen. Er war Katjas, Jennys und Paulas erster, einziger und, wie die Mutter oft sagte, letzter Bruder. Vier Kinder reichten ihr, mehr wollte sie nicht. Ganz egal, ob sie irgendwann noch einmal heiratete oder nicht.
    Seinen Namen hatte Linus von einem ganz berühmten Nobelpreisträger. Sagte die Mutter. Von einer Comicfigur. Sagte der Vater. Auch hierin waren die Eltern nie ganz einig gewesen. In einer Sache aber stimmten alle in der Familie überein: Linus war ein Clown, ein Springteufel, ein Nervling. Nichts mochte er lieber als irgendetwas ganz Verrücktes spielen oder andere erschrecken.
    Einmal, da ging er noch nicht zur Schule, hatte er sich im Wohnzimmer auf dem Schrank versteckt. Alle suchten ihn, er aber lag auf dem Schrank, presste sich fest aufs Holz und kicherte vergnügt in sich hinein. Er spielte Sich-unsichtbar-Machen.
    Ein andermal war er im Hof in den Müllcontainer geklettert. Als Katja den Müll ausleeren wollte, erschreckte er sie, indem er rief: »Achtung, Achtung! Nicht alles auf meinen Kopf.«
    Was er da gerade gespielt hatte?
    Beerdigung!
    Wieder ein anderes Mal, und das war erst zwei Wochen her, war er bei einem Ausflug an den Kiessee plötzlich im Wald verschwunden. Sie suchten ihn, fanden ihn aber nirgends. Als sie die Suche dann endlich aufgaben und wütend und voller Angst um ihn zu ihrem Auto zurückkehrten, lag er daneben im Gras und tat, als wäre er vor lauter Warten auf seine langweilige Familie eingeschlafen.
    Was er im Wald gespielt hatte? Natürlich nicht Tarzan, sondern Bambi, das mutterlose Rehkitz. Katja, Jenny und Paula hätten ihn am liebsten gleich zu seinen Tierfreunden zurückgeschickt.
    Paulas Mutter hieß mit Vornamen Jacqueline, bestand aber darauf,
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