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Party Girl - Roman

Party Girl - Roman

Titel: Party Girl - Roman
Autoren: Brigitte Blobel
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wurde deshalb meist in edlen, irgendwie vornehmen Rollen besetzt. Oft spielte sie eine Adlige. Sie wurde häufig auch für historische Filme gebucht, für das, was sie selbst immer lachend »Historienschinken« nannte. Einmal war sie Marie Antoinette gewesen, mit silberner Puderperücke, Schönheitspflästerchen im Dekolleté und Kleidern aus raschelnder Seide. Da hatte sie so schön ausgesehen, dass es selbst Mona beinah den Atem verschlug.
    Als Mona den Tisch gedeckt und die Kerze angezündet hatte (es musste abends beim Essen immer eine Kerze bren nen), als ihre Mutter die frische Stoffserviette auf dem Schoß ausgebreitet und ihren ersten Schluck Weißwein (niemals Rotwein) getrunken hatte, sagte Charlotte erwar tungsvoll: »Und? Erzähl! Was hast du heute erlebt?«
    »Mama«, sagte Mona, »ich erleb doch nie was. Mein Le ben ist nicht so spannend wie deins.«
    »Du bist auch noch jung«, sagte ihre Mutter so mitfüh lend, als brauchte Mona Trost. »Das kommt schon. Irgend wann taucht der Prinz auf, der sich . . .« Sie stockte, setzte das Glas ab, tupfte die Lippen trocken und sagte überrascht: »Meine Kleine wird ja rot! Du wirst ja rot!«
    Sie stand auf, ging um den Tisch herum und sank vor Mo-na auf die Knie.
    Mona war das so unangenehm, dass sie am liebsten aufge sprungen und in ihr Zimmer geflohen wäre.
    »Ein Prinz ist aufgetaucht?«, raunte Charlotte, als spiele sie eine Rolle in einem Film.
    »Mama! Was für ein Quatsch! Können wir bitte über was Normales reden?«, stöhnte Mona.
    Sie wusste selbst nicht, warum sie so gereizt reagierte, es war dumm. Es war falsch. Und es würde ihre Mutter auf die richtige Fährte bringen.
    Doch Charlotte hörte diesmal ausnahmsweise auf ihre Tochter. Jedenfalls ging sie, nachdem sie einmal flüchtig Monas Arm gestreichelt hatte, an ihren Platz zurück und sagte, während sie wieder ihr Glas in die Hand nahm: »Also kein Prinz. Umso besser. Ich hab ja auch keinen. Dafür haben wir uns.«
    Später wälzte sie sich schlaflos im Bett. Wieso hatte Mirko sie geküsst? Was hatte er sich dabei gedacht?
    Sie kannten sich doch überhaupt noch nicht!
    Und wieso hatte sie sich das gefallen lassen?
    Immerhin war es – abgesehen von den dämlichen Kinder geburtstagsspielen wie »Blinde Kuh« oder »Spaghetti-Tanz« – das erste Mal gewesen, dass sie sich von einem Jun gen hatte küssen lassen.
    Wieso hab ich ihm nicht eine runtergehauen? , dachte sie. Sie versuchte, sich an jedes seiner Worte zu erinnern, an sei ne Bewegungen, sein Mienenspiel.
    Sie legte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Wieso haben wir aufgehört? Wir könnten jetzt noch dastehen und uns umarmen.
    Aus dem Wohnzimmer kam Musik. Opern-Musik: Nes sun dorma. Mona dachte an »Britain’s got talent«, die engli sche Variante von DSDS. Damals, als sich dieser dicke Typ mit hässlichen schiefen Mäusezähnchen auf einmal vor die Jury gestellt hatte und mit dieser wunderbaren Tenorstimme, die einem Gänsehaut auf die Arme zauberte und die Leute im Saal und vor den Fernsehern zu Tränen rührte, die Arie geschmettert hatte. Und für eine Zeit lang war er ein Star gewesen, der in Limousinen herumkutschiert wurde und in teuren Hotels logierte.
    Sie überlegte, ob Mirko wohl auch von so was träumte. Sie hatte keine Ahnung. Sie wusste ja noch überhaupt nichts von ihm, ausgenommen der Sache mit den Sibiri schen Tigern. Wieso sollte sie sich da mit seinen Träumen auskennen?
    Die Arie war zu Ende und es blieb eine ganze Weile still im Wohnzimmer, bis auf einmal Gitarrenmusik erklang. Spanischer Flamenco. Ihre Mutter hatte einmal einen Film in Sevilla gedreht und seitdem liebte sie die alte Flamenco-Musik. »Das ist die Musik der Armen«, sagte sie, »der Leute, die in der Extremadura wohnen und dem härtesten Klima Spaniens ausgesetzt sind – glühender Hitze im Sommer und eisigen Winden im Winter – und die mit dieser Musik ausdrücken, was sie fühlen: Wir sind arme Hunde, aber heu te feiern wir trotzdem.«
    Sibirische Tiger.
    Wie er darauf gekommen war, sich für einen Sibirischen Tiger zu halten? Nur eben nicht in Sibirien. Sondern in München.
    Wenn ich ihn das nächste Mal treffe, dachte Mona, dann frage ich ihn, wo genau er wohnt.
    Und wie es kam, dass er heute auf einmal in unserer Straße aufgetaucht ist.
    Ich meine, er hat mir ein Bein gestellt!
    Das ist doch unglaublich!
    Das war doch Absicht!
    Aber wollte sie ihn überhaupt wieder treffen? Und wenn ja, wie würde das
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