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Partials 1 – Aufbruch

Partials 1 – Aufbruch

Titel: Partials 1 – Aufbruch
Autoren: Dan Wells
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schüttelte den Kopf. »Jeder
Botschafter, den wir schicken, wird vermutlich erschossen, ehe er überhaupt ein
Angebot unterbreiten kann.«
    »So haben wir es auch umgekehrt gehalten.« Sie runzelte die Stirn.
»Vielleicht …« Sie war nicht sicher, was sie von Samm denken sollte. Hatte er
die ganze Zeit gelogen? War ein Friedensschluss mit den Partials überhaupt
möglich?
    »Kira«, sagte Marcus. Sie bemerkte sofort den veränderten Tonfall.
Ein tiefes Durchatmen, die Stimme klang weicher und ein wenig flehend, als
hätte er etwas Wichtiges zu sagen. Sie wusste genau, worauf er hinauswollte,
und kam ihm so sanft wie möglich zuvor.
    »Ich kann nicht bei dir bleiben.«
    Er fiel buchstäblich in sich zusammen. Erst waren es nur die Augen,
aus denen die Fröhlichkeit wich. Dann ließ er den Kopf und die Schultern
hängen. Er sah sie traurig an.
    »Warum?«, fragte er.
    Er fragte nicht Warum nicht? , sondern Warum? . Das war eine schwierige Frage. Er wusste, dass er
selbst nicht der Grund war. Sie fühlte sich nicht von ihm abgestoßen, sondern
von etwas anderem angezogen.
    »Ich muss gehen«, sagte Kira. »Ich muss etwas herausfinden.«
    »Du musst jemanden finden.« Er war den Tränen nahe. »Du meinst
Samm.«
    »Ja«, sagte Kira, »aber nicht als … Es verhält sich anders, als du
vermutest.«
    »Du willst einen Krieg verhindern.« Er sagte es einfach, und es war
eine Feststellung. Kira spürte jedoch die unausgesprochene Frage: Warum? Warum verließ sie ihn? Warum bat sie ihn nicht
mitzugehen? Warum brauchte sie Samm, obwohl Marcus doch unmittelbar vor ihr
stand? Er fragte nicht, und Kira hätte ihm sowieso nichts darauf antworten
können.
    Weil ich eine Partial bin, dachte sie. Weil ich ein einziges großes
Fragezeichen bin. Weil mein Leben und meine Welt viel größer sind, als sie es
vor ein paar Wochen noch waren. Ich begreife überhaupt nichts, alles ist
gefährlich, und ich stehe im Brennpunkt. Weil Gruppen, von deren Existenz ich
nicht einmal wusste, mich für Pläne benutzen, die ich nicht durchschaue. Weil
ich herausfinden muss, wer und was ich bin.
    Sie weinte, und ihr brach die Stimme. »Ich liebe dich, Marcus. Ich
habe dich immer geliebt, aber ich … ich kann dir nicht mehr sagen. Noch nicht.«
    »Wann denn dann?«
    »Vielleicht schon bald, vielleicht auch nicht. Ich weiß nicht
einmal, was ich dir nicht sagen kann. Ich … Vertrau mir bitte, Marcus!«
    Er betrachtete ihre Sachen, die gepackt und für den Marsch bereit
neben der Tür standen. »Willst du heute noch weg?«
    »Ja.«
    »Jetzt gleich?«
    Sie zögerte. »Ja.«
    »Ich komme mit«, sagte er. »Hier hält mich nichts.«
    »Du kannst nicht mitkommen«, erwiderte sie fest. »Du musst hierbleiben.«
    Sie war nicht bereit, ihn in alles einzuweihen, was sie über sich
selbst herausfinden würde. Noch sollte er nicht erfahren, wer sie war.
    »Na schön.« Er sprach knapp und hart, tauschte Trauer gegen Wut und
konnte beides kaum verbergen. Langsam stand er auf, ging zur Tür, hielt noch
einmal inne. Er wartete.
    »Danke«, sagte Kira. »Danke für alles.«
    »Leb wohl«, antwortete Marcus.
    Kira blinzelte eine Träne weg. »Ich liebe dich.«
    Er wandte sich um und ging. Kira starrte noch lange, nachdem er
verschwunden war, die Tür an.
    Nandita war immer noch nicht zurückgekehrt, und das Haus war kalt und
leer. Kira suchte weiteres Gepäck zusammen: einen Beutel mit Kleidung, eine
Bettrolle, Campingausrüstung, eine neue Sanitätstasche, ein Gewehr, das sie
sich über die Schulter schlang, eine Halbautomatik an der Hüfte. Ein letztes
Mal sah sie sich im Haus um und glättete die Bettdecke. Dabei fiel ihr Blick
auf einen Gegenstand, der auf dem Nachttisch glänzte. Ein gerahmtes Foto. Kira
runzelte die Stirn und trat näher. Es gehörte ihr nicht.
    Das Foto zeigte drei Menschen, die vor einem Gebäude standen. Es lag
verkehrt herum. Sie drehte das Bild langsam zu sich.
    Und keuchte.
    In der Mitte war sie als Kind von höchstens vier Jahren zu sehen.
Rechts stand ihr Vater, wie sie ihn im Gedächtnis behalten hatte. Links daneben
Nandita. Hinter ihnen, an der hohen Ziegelmauer des Gebäudes, war ein einziges
Wort zu lesen: ParaGen.
    In die Ecke des Fotos hatte jemand eine kleine Botschaft
geschrieben. Die Buchstaben waren krakelig, weil sie offenbar in großer Eile
hingekritzelt worden waren: Such den Trust.

DANKSAGUNG
    Das Buch, das Sie in Händen halten, steht für die
gemeinschaftliche Arbeit vieler Menschen, und ich schätze mich glücklich,
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