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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg
Autoren: Martin Mucha
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und dann wurde aufgelegt.
    Gleich danach rief ich Dittrich an. »Ich habe sowohl die Frösche
als auch die Mäuse bei mir und bin zu jeder Schandtat bereit«, begrüßte ich
ihn.
    »Wunderbar. Sie müssen mir nur ein bisschen Zeit geben, ich laufe
nicht mit so viel Geld herum, Sie verstehen?«
    »Sicherlich.«
    »Wo soll das alles stattfinden?«
    »Ich halte heute Abend einen Vortrag im Alten AKH, Hof 2,
Hörsaal C1. Eine geistreiche Einführung in die klassischen Sprachwissenschaften
sozusagen. Wenn Sie dort wären, denke ich, ließe sich etwas arrangieren.«
    »Schön. Wie machen wir das dann?«
    »Ich werde Ihnen einfach ein Buch, das Sie mir geliehen haben,
zurückgeben. Im Tausch dafür vergessen Sie einfach Ihren Aktenkoffer.«
    »Das klingt aber sehr nach Kriminalroman.«
    »Stimmt, aber den Spaß können wir uns doch machen. Zum Abschluss
geht sich vielleicht sogar noch ein Martini aus.«
    »Geschüttelt, nicht gerührt?«
    »Genau. Bis dann.«
    Mittlerweile war ich beim Café Ritter angekommen. Jetzt kam der
bitterste Teil des Tages. Ich musste Bender anrufen. Ich probierte es bei ihm
zu Hause, aber die Haushälterin sagte mir, dass er schon unten in Simmering
wäre. Dort probierte ich es auch, und nachdem irgendeine kleine Nummer
abgenommen hatte, sprach ich mit Bender.
    »Hallo, Kleiner, was gibt’s? Willst dich bedanken, weil ich die
Kavallerie vorbeigeschickt habe?«
    »Auch. Aber vor allem, weil es schiefgegangen ist.«
    »Was, ist die kleine Ratte hinüber? Warum ruft Fred nicht persönlich
an, um das zu sagen? Er weiß genau, ich will den kleinen Wichser selber in die
Mangel nehmen. Der hat mein ganzes Geschäft sabotiert.«
    »Nein, das ist es nicht. Berti lebt noch, er ist abgehauen. Aber
Fred nicht. Er ist tot.«
    Stille, ein leises Atmen und darauf folgend ein Greisenräuspern.
»Was sagst du?«
    »Fred ist tot. Ich war zu naiv und hätte nicht gedacht, dass Berti
auf Fred schießt. Ich glaube, Fred dachte das auch nicht.«
    »Ich hab ihm immer gesagt, dass das Denken nicht seine besondere
Stärke ist. Weißt du, hunderttausend Mal hab ich ihm das gesagt. Denk nicht,
schieß.«
    »Ja, aber Berti hatte die Kleine vor sich, Fred wollte da nichts
riskieren.«
    »Ah so.«
    Wieder herrschte Stille. Es war nur ein Moment, aber die Stille
dauerte ewig. Sie trennte uns wie ein Ozean, der doch auch irgendwie verbindet.
    »Na, wenigstens hat er bei seinem Abgang keinen Blödsinn gemacht
und einen Unschuldigen verletzt.«
    Ich antwortete nicht. Die Tränen waren der Greisenstimme
anzumerken.
    »Lang gedauert?«
    »Nein, Herzschuss.«
    »Wo kann ich ihn abholen?«
    »Weiß nicht, musst du die Polizei anrufen. Oder soll ich das für
dich erledigen?«
    »Lass nur, Kleiner. Das mach ich schon selbst. Bin ich ihm
schuldig.«
    Wir schwiegen uns noch ein wenig an, dann legte Bender auf. Ich
steckte das Telefon in die Tasche und ging ins Ritter hinein. Es war wie immer
recht voll und laut. Die Luft war tabakdick und sauerstoffdünn. So wie es sein
muss.
     

XIi
     
    Das
Ritter bildet, wie viele Kaffeehäuser seiner Art, einen rechten Winkel. An
schönen Tagen malt der Sonnenschein durch die fast raumhohen Fenster verträumte
Muster in den Rauch. Heute war davon nichts zu sehen. Die Einrichtung ist gut
eingesessen, aber noch nicht verbraucht. Nicht mehr jedenfalls, als sie es sein
sollte. Einem unbekannten kosmischen Gesetz folgend, kaufen Cafés ihr Mobiliar
grundsätzlich angewohnt.
    Mila saß in einer der Fensternischen, die auf die Schadekgasse
hinausblicken. Vor ihr stand ein silberglänzender Untersatz mit einem kleinen
Gösser. Die Flasche und das dazugehörende Glas waren leer, der Aschenbecher
voll. Sie blätterte mäßig interessiert in einer der aufliegenden Illustrierten.
Ich ging hinüber und setzte mich ihr vis-à-vis hin. Sie ließ das Magazin
sinken. »Und, alles leiwand?«
    »Ja.«
    »Der Fetzen?«
    Ich hob meine Ledertasche und klopfte drauf. Sie nickte. Dann
stand der Kellner neben uns. Sein unsteter Blick verriet, dass er nicht mehr
ganz der Nüchternste war. Die Bedienung im Ritter ist entweder langsam oder
betrunken. Zu späterer Stunde beides. Ich orderte einen großen Mokka und Mila
noch ein kleines Gösser. Als der Ober verschwunden war, nahmen wir die
Unterhaltung wieder auf.
    »Was ist der Plan?«
    »Heute Abend halte ich einen Vortrag. Der Käufer wird auch dort
sein und wir werden in bester James-Bond-Manier eine Übergabe
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