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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy
Autoren: Pete Dexter
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aufs Korn und deckt die kleinen Unstimmigkeiten auf, die einem immer bei einer Geschichte dieser Größenordnung unterlaufen können.«
    Der Herausgeber dachte einen Augenblick nach, nickte dann und wandte sich wieder an den Chefredakteur. »Ist uns so was schon mal passiert, Bill?« fragte er.
    »Irgendeiner nörgelt immer«, sagte der Chefredakteur mit ausdrucksloser Stimme, »aber soweit ich mich erinnern kann, dringt zum ersten Mal etwas davon an die Öffentlichkeit.«
    »Falls man die
Miami Sun
zur Öffentlichkeit zählen kann«, sagte der Sonntagsredakteur. Ein höfliches Lächeln machte die Runde. Die
Sun
hatte nur eine winzige Auflage und verlor gerade ihren langen, schmerzhaften Kampf ums Überleben.
    »Also gibt es nur noch einiges klarzustellen«, sagte der Herausgeber.
    »Das Übliche«, sagte der Sonntagsredakteur. Der Herausgeber nickte, schien aber nicht geneigt, das Thema ruhen zu lassen. Seine Blicke wanderten durch den Raum und blieben schließlich an mir hängen. Er wusste offensichtlich nicht, wer ich war oder was ich hier zu suchen hatte. Dann wandte er den Kopf und sah Ward unverwandt an.
    »Stimmen Sie damit überein, Ward?« fragte er.
    »Womit?«
    »Dass es nur noch einiges klarzustellen gibt«, sagte der Herausgeber. »Nichts Außergewöhnliches …«
    »Für mich ist es ziemlich außergewöhnlich«, entgegnete mein Bruder.
    Yardley Acheman saß ihm am Tisch gegenüber und lächelte wieder, doch schien sein Lächeln diesmal nicht zu seinem Gesicht zu passen. »Sie müssen einiges berücksichtigen«, sagte Yardley. »Die Story wurde nicht unter idealen Bedingungen geschrieben …«
    Der Herausgeber sah ihn an und wartete. »Ward lag im Krankenhaus und war nicht zu erreichen, ich musste mich auf seine Notizen verlassen …« Der Herausgeber wartete, aber Yardley Acheman waren die Argumente ausgegangen.
    »Was ist mit dem Bauunternehmer?« fragte der Herausgeber.
    Yardley begann nun ebenfalls, aufmerksam seine Handrücken zu betrachten. »Klarstellen«, sagte er schließlich. »Nur noch etwas klarstellen.«
    »Jemand hat mit dem Bauunternehmer geredet«, sagte der Herausgeber.
    »Ganz bestimmt«, sagte Yardley.
    »Und er hat gesagt, was er laut unserer Zeitung gesagt haben soll?«
    »Ganz bestimmt, Wort für Wort.«
    »Aber jetzt ist er verschwunden!«
    Mein Bruder schaute Yardley aufmerksam an und wartete neugierig auf seine Antwort.
    »Offenbar«, sagte Yardley Acheman. »Ich habe versucht, ihn anzurufen, aber seine Telefonleitung ist gekappt worden.«
    Der Herausgeber nahm eine Ausgabe der
Sun
von seinem Schreibtisch und warf einen raschen Blick darauf. »Die
Sun
behauptet, es würde ihn gar nicht geben.«
    »Den gibt es, keine Sorge«, sagte Yardley. »Das Problem ist nur, dass ich ihm mein Wort gegeben habe, seinen Namen nicht zu verraten. So lautete die Abmachung, und daran müssen wir uns halten. Das ist alles.«
    »Ließe sich dieser Mann wieder auftreiben?«
    Yardley Acheman schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Und selbst wenn wir ihn finden, könnten wir seinen Namen nicht drucken. Er hat Angst … Wahrscheinlich gibt es Probleme mit der Baubehörde …«
    Er schwieg, und alle Anwesenden schwiegen mit ihm. Und dann nickte der Herausgeber, als hätte all dies einen Sinn ergeben. »Unsere Zeitung steht also zu der Story, Bill?« fragte er schließlich.
    »Die Zeitung steht hundertprozentig dahinter«, sagte der Chefredakteur, als zitiere er eine Zeile aus einem Theaterstück. »Falls wir einen Fehler gemacht haben, werden wir ihn korrigieren. Das ist schon immer unser Leitfaden gewesen, und das ist er auch heute noch.«
    »Und soweit wir wissen, gibt es nichts zu korrigieren …«
    »Die Zeitung steht hinter der Story«, sagte der Chefredakteur noch einmal, und der Herausgeber nickte und wirkte erleichtert.
    Und dann schien sich dieses Gefühl im ganzen Raum zu verbreiten, und alle wirkten erleichtert.
    »Vielen Dank, meine Herren«, sagte der Herausgeber, und wir standen auf, um zu gehen. Doch noch ehe alle zur Tür hinaus waren, sprach der Herausgeber noch einmal den Chefredakteur an. »Wissen Sie, Bill«, sagte er, »es wäre vielleicht keine schlechte Idee, wenn wir in dieser Angelegenheit keine Fragen mehr von anderen Nachrichtenorganen beantworten würden.«
    Der Chefredakteur nickte, sagte aber nichts dazu und schien über diesen Einfall nicht sonderlich glücklich. Schließlich ging es in ihrem Geschäft um nichts anderes als darum, Fragen zu stellen und zu
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