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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer
Autoren: Christoph Lode
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waren die Laute, die aus den Gesindeunterkünften drangen: Fauchen, krächzende, unmenschliche Stimmen, Schreie voller Grauen und Schmerz. Offenbar hatten die Ghule die Bediensteten in ihren Betten überrascht und fielen über sie her. Liam wünschte, er könnte ihnen helfen, und wusste doch, dass er gegen den Ansturm der untoten Kreaturen machtlos war. Er hatte keine andere Wahl, als zu laufen, so schnell er konnte.
    Warum?, fragte er sich voller Entsetzen. Warum greifen die Ghule den Palast an? Das ergibt doch keinen Sinn!
    Jackon riss eine Tür auf, und sie rannten in die Eingangshalle. Auch dort tobte das Chaos. Die Spiegelmänner hatten
das Portal verrammelt und kämpften gegen Untote, die durch die zerstörten Fenster zu klettern versuchten. Einem Ghul gelang es, in die Halle einzudringen, indem er über die Verteidiger hinwegsprang. Ein Spiegelmann streckte ihn augenblicklich nieder, doch schon im nächsten Moment musste sich der Maskierte zweier neuer Angreifer erwehren. Als ein Blitz die Nacht erhellte, erhaschte Liam einen Blick auf die Gestalten vor dem Gebäude. Es waren zu viele. Lange würden die Spiegelmänner dieser Übermacht nicht standhalten.
    Sie liefen zum rückwärtigen Teil der Halle, wo sie sich hinter einem Stützpfeiler verbargen.
    »Was machen wir jetzt?«, stieß Liam hervor.
    »Wir müssen ihn von hier fortbringen«, sagte Lucien und meinte offensichtlich Jackon. »Wenn er im Palast bleibt, wird Aziel ihn früher oder später finden.«
    Liam starrte seinen Freund an. »Heißt das, all das geschieht deinetwegen? Die Ghule jagen dich ?«
    »Ja«, antwortete der Rothaarige verzweifelt.
    »Weswegen? Und wer ist Aziel?«
    »Nicht jetzt«, sagte Lucien barsch, als Jackon zu einer Erklärung ansetzte. »Wir brauchen Licht. Lampen. Irgendetwas, mit dem wir die Ghule blenden können. Vielleicht gelingt es uns, sie abzulenken und aus dem Palast zu fliehen.«
    »Im Lagerraum neben der Küche werden Laternen aufbewahrt«, erwiderte Liam.
    Vivana, die sich an ihn presste, beobachtete die Tür zum Gesindeflügel. »Dort ist inzwischen alles voller Ghule. Ich habe gehört, wie sie uns gefolgt sind.«
    »Dann müssen wir hinunter in den Keller. Unter der Treppe stehen ein paar Karbidlampen.«
    »Nein, nicht in den Keller«, sagte Lucien. »Aziel und seine Leute sind dort. Vermutlich sind sie durch die Katakomben eingedrungen.«

    »Wieso zeigt er sich nicht?«, fragte Jackon voller Angst.
    »Ich nehme an, er wartet, bis die Ghule alles verwüstet haben, damit er leichtes Spiel mit uns hat.«
    Gerade als Liam abermals fragen wollte, wer Aziel sei, tauchten die Ghule aus dem Gesindetrakt auf. Kreischend strömten sie aus dem Korridor und stürzten sich auf die Spiegelmänner. Sekunden später waren die Maskierten umzingelt, und für jeden Untoten, den sie erschlugen, rückten zwei weitere nach. Krallen zerfetzten Kutten, schlitzen Bäuche auf und rissen Spiegelmasken herunter, unter denen augenlose Homunculi-Gesichter zum Vorschein kamen. Liam sah Spiegelmänner, die trotz schrecklicher Wunden weiterkämpften, als hätten sie nur eine Schramme erlitten. Sie schienen um ein Vielfaches kräftiger und widerstandsfähiger als gewöhnliche Menschen zu sein. Trotzdem war es nur eine Frage von Minuten, bis die untote Horde sie überwältigt haben würde.
    »Weg hier!«, schrie Lucien.
    Panisch schaute Liam sich um. Wohin er auch blickte, wimmelte es von Ghulen. »Wohin?«
    »Egal. Nach oben. Zum Dach.«
    Sie hasteten zur Galerietreppe. Liam, der als Letzter der vier hinter dem Pfosten hervorkam, hörte plötzlich ein Fauchen. Verwesungsgestank schlug ihm entgegen. Er taumelte zurück, sodass die Klaue des Ghuls haarscharf sein Gesicht verfehlte. Keuchend vor Entsetzen fiel Liam auf den Rücken, der Untote landete mit einem Sprung auf ihm und packte ihn am Kragen. Geifer tropfte von seinen Fangzähnen.
    Ein Schuss donnerte. Der Kopf der Kreatur platzte, und sie fiel nach hinten um.
    Liam rollte sich herum. Licht flammte auf, und er kniff geblendet die Augen zusammen. Eine schemenhafte Gestalt stand inmitten der gleißenden Helligkeit.

     
    Jackon wirbelte herum, als er den Schuss hörte. Zu seinem Entsetzen sah er Liam auf dem Boden liegen. War sein Freund verletzt? Tot? Er stürzte zu ihm, doch das Mädchen kam ihm zuvor und half Liam aufzustehen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Ja«, antwortete Liam, immer noch bleich vor Angst, »nichts passiert.«
    Die Gestalt mit der Laterne kam auf sie zugelaufen.
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