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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer
Autoren: Christoph Lode
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auf seinen Knien, während er in den alten Seiten blätterte. Doch so sorgfältig er auch suchte, er fand nirgendwo eine Passage, die er lesen konnte.
    »Wir müssen es von hier fortbringen«, sagte Vivana. »Wenn
die Lady bemerkt, dass es weg ist, wird sie sicher zuerst im Palast danach suchen.«
    »Ich bringe es morgen früh deiner Tante.«
    »Warum erst morgen?«
    »Die Ausgangssperre. Mir ist das Risiko zu groß, mit dem Buch erwischt zu werden.«
    »Schau mal aus dem Fenster. Ich glaube nicht, dass sich bei diesem Wetter Soldaten auf den Straßen herumtreiben.«
    Liam blickte nach draußen und sah nichts als heulende Schwärze, in der gelegentlich ein Blitz aufflackerte. Der Sturm schien immer stärker zu werden. »Also gut«, sagte er. »Gehen wir gleich. Allerdings befürchte ich, dass das ein ziemlich ungemütlicher Spaziergang …« Er unterbrach sich und runzelte die Stirn. »Hast du das gehört?«
    »Was denn?«
    »Da war ein Geräusch.«
    »Sicher nur der Wind.«
    »Nein. Es kam aus Jackons Zimmer.« Er rutschte auf dem Bett zur Wand und presste das Ohr dagegen.
    »Jackon?«
    »Ein Freund. Er arbeitet hier.« Liam hatte ein Rumpeln gehört, wie von einem umfallenden Möbelstück. Jetzt erklangen Stimmen. Was sie sagten, konnte er nicht verstehen, aber der Tonfall gefiel ihm nicht. Mit wem redete Jackon um diese Zeit? Liam überlegte, ob er nachsehen sollte. Jackon hatte sich in den letzten zwei Tagen sehr seltsam benommen. Vielleicht steckte er in Schwierigkeiten.
    In diesem Moment flog die Tür auf. Fluchend zog Liam die Bettdecke über das Buch, bevor er sah, dass es Jackon war, der hereingestürzt kam. »Wieso klopfst du nicht an?«, fragte er mit einem Anflug von Ärger.
    »Du musst sofort mitkommen!«, stieß Jackon hervor. »Ghule sind auf dem Weg hierher!«

    »Ghule? Was redest du da?«
    »Bitte, Liam! Wir haben nicht mehr viel Zeit!«
    Der Rothaarige sah nicht aus, als erlaube er sich einen Scherz. Er war kreidebleich, seine Augen waren vor Entsetzen aufgerissen. »Du meinst das ernst, oder?«
    »Ja!«
    »Aber was haben sie hier zu suchen? Ich dachte, Ghule hausen unter der Erde …«
    »Ich kann dir das jetzt nicht erklären!«
    Liam blickte ratlos zu Vivana, die Jackon mit besorgter Miene musterte.
    »Vielleicht tun wir besser, was er sagt«, murmelte sie und verstaute das Buch in ihrer Tasche.
    Ein Fremder erschien neben Jackon, ein ungewöhnlich aussehender Mann mit schwarzer Haut und weißem Haar, der sich außerdem in einem schrecklichen Zustand befand. »Ich habe Geräusche gehört«, sagte er zu Jackon. »Ich glaube, Aziel ist in den Keller eingedrungen.«
    »Wer ist das?«, wollte Liam wissen.
    »Lucien«, antwortete der Rothaarige ungeduldig. »Können wir jetzt endlich gehen?«
    Der Fremde wollte sich gerade abwenden, als er Vivana bemerkte. Er erstarrte und blickte sie entgeistert an.
    »Kennen wir uns?«, fragte sie.
    »Wie heißt du?«, brachte der Mann mit schwacher Stimme hervor.
    »Vivana. Du bist ein Alb, nicht wahr?«
    »Äh, woher -«
    Das Klirren von Glas schnitt dem Fremden das Wort ab. Liam stürzte zum Fenster, und was er draußen erblickte, ließ ihm schier das Blut in den Adern gefrieren. Monströse Geschöpfe hetzten durch den Garten auf das Gebäude zu, Dutzende davon. Die beiden Spiegelmänner vor dem Gesindetrakt
stellten sich ihnen mit schlagbereiten Rabenschnäbeln entgegen und wurden regelrecht überrannt.
    Liam wirbelte herum und schrie: »Lauft!«
    Sie hasteten aus dem Zimmer. Die Tür am Ende des Korridors wurde aufgerissen, und Hume taumelte heraus, das Gesicht blutüberströmt. Der Gärtner stürzte zu Boden, als ihn ein Geschöpf ansprang, ein Wesen wie aus einem Albtraum. Ledrige Haut spannte sich über Gebeine und Rippenbögen. Unter dem verwesenden Fleisch schimmerten Knochen auf. In dem Schädel, von dem dünne Haare abstanden, glühten zwei tierhafte Augen. Es schlug seine Fangzähne in Humes Nacken und riss einen Fetzen Fleisch heraus.
    Liam war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Wie angewurzelt stand er da und starrte das Geschöpf an. »Liam, komm!«, schrie Vivana und zog ihn am Arm. Bevor er losrannte, sah er noch, wie die Fensterscheibe in seinem Zimmer zersplitterte und ein Ghul auf dem Bett landete, das Maul zu einem Fauchen geöffnet. Weitere Untote sprangen auf den Fenstersims und drängten in die Kammer.
    Liam folgte Vivana und den anderen durch den Gemeinschaftsraum und weiter zur Küche. Er wagte nicht zurückzublicken, zu entsetzlich
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