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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau
Autoren: Ota Hofman
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Bein. Dann auf dem andern. Plötzlich erblickte ich über mir die Saufkumpane aus London. Der Verein Fahr durch die Welt, solange sie sich dreht. Sie standen am Geländer der Mole und schauten hinaus aufs Meer. Es ließ mir keine Ruhe, ich zählte sie. Wieder waren es einundzwanzig. Einundzwanzig Melonen hoben sich schwarz vom Himmel ab, der zuerst zartblau gewesen war und nun orange. Die Sonne ging unter. Sehr langsam tauchte sie wie ein roter Ball ins Wasser, und auf diesen Ball schwamm der Delphin Philipp zu. Er entfernte sich. Immer kleiner wurde er. Wie ein Tennisball. Wie ein Würfel Zucker. Wie Nichts.
    Als ich auf die Mole kam, war der, den ich suchte, nicht mehr unter den Saufkumpanen. Das überraschte mich nicht. Ich ging in meine Umkleidekabine. Auf dem Boden lag eine Glasmurmel.

Im neunten Kapitel tue ich das, was ein ordentlicher Detektiv nie tun würde: Ich fliege nach Rom.

    Ein guter Detektiv sollte, wenn er in der Kabine Nummer neun unerwartet eine Glasmurmel findet, diese so vorsichtig wie möglich vom Boden aufheben und ebenso vorsichtig (nach Quincys Instruktionen § 9/342/II, siehe Nachtrag: Unbekannte Gegenstände) ans Ohr halten, um festzustellen, ob in der Glasmurmel nicht eine Höllenmaschine eingebaut ist. Weiterer Vorgang: die Sprengkapsel der eventuellen Höllenmaschine entfernen, augenblicklich die Kabine und die nähere Umgebung untersuchen, Spuren sichern. Von Türklinke, Schloß und Fenster Fingerabdrücke abnehmen. Nichts von all dem tat ich. Ich hob die Glasmurmel auf, steckte sie in die Tasche und ging ins Hotel Quatro Fontane zum Abendessen. Das Essen wurde im Garten serviert. Auf den rotgedeckten Tischen flackerten Kerzen in Windlichtern. In ihrem Schein funkelte die Murmel, und jemand am Nachbartisch rief aufgeregt:
    »Fünf Millionen!«
    Ich begriff nicht.
    »Millionen was?«
    »Lire«, sagte der Mann am Nebentisch. Er zog eine Brille aus der Innentasche seiner Smokingjacke. »Für Ihren Brillanten. Er hat sicher mindestens dreiunddreißig Karat. Abgemacht?«
    »Nein. Ich verkaufe nicht. Übrigens...«
    Ich reichte ihm die Glasmurmel.
    Enttäuscht sagte er:
    »Eine gewöhnliche Glasmurmel!«
    »Sehen Sie sie genauer an.«
    Er hielt die Murmel vor seine Augen und drehte sie. Sein Gesicht kam mir bekannt vor. Irgendwo hatte ich ihn schon gesehen. Erst unlängst. Ich erinnerte mich, als der Mann im Smoking sagte:
    »Sie haben recht. An einer Stelle ist sie etwas abgewetzt, wie meine Murmel, die ich verloren habe. Vielleicht ist es gerade diese da. — Geben Sie sie mir zurück?«
    »Nein. Sie gehört mir.«
    »Ich kaufe sie Ihnen ab. Für zehn Dollar.«
    »Eben noch haben Sie mir fünf Millionen Lire geboten.«
    »Für einen Brillanten, nicht für eine Glasmurmel.«
    »Wir können um sie spielen. Wer die Murmel in die Grube kullert, dem soll sie gehören.«
    »Okay«, sagte der Mann im Smoking und grub mit dem Schuhabsatz ein Loch in den Boden des Gartens. Dann entfernte er sich zehn Schritte und machte einen Strich in den Boden. Das war der Start. »Ihr Einsatz ist die Murmel. Was soll ich einsetzen?«
    »Eine kleine Zeichnung«, sagte ich.
    »Ich bin kein Maler.«
    »Bemühen Sie sich. Sie ersparen mir damit viel Geld und Zeit. Zumindest einen Flug nach Houston.«
    Sein Gesicht wurde plötzlich ernst.
    »Was soll ich zeichnen?«
    »Das Männchen, das Sie aus dem Fenster des Raumschiffs sahen, dessen Kommandant Sie waren, Kapitän Collins!«
    »Mehr nicht?«
    »Nein.«
    »Sie scherzen!«
    »Oft. Doch nicht jetzt. Es ist wichtiger, als Sie meinen. Übrigens besitze ich schon eine Zeichnung.«
    »Von Fleming?«
    »Nein. Von einem kleinen Mädchen. Claudia heißt sie. Ich möchte die Zeichnung mit der Ihren vergleichen.«
    »Die Zeichnung von dem Männchen?«
    Ich nickte.
    »Wollen Sie behaupten«, fragte er, »daß auch das Mädchen ihn gesehen hat? Nicht nur wir?«
    »Ich fürchte, ja.«
    Collins Gesicht wurde noch ernster. Er rief den Kellner und bat um Papier und Bleistift. »Ich sagte bereits, ich kann nicht zeichnen«, entschuldigte er sich und malte auf die Rechnung unter die Aufschrift Hotel Quatro Fontane Venezia eine ziemlich unansehnliche Rakete, die einem Unterseeboot mit Propeller ähnelte. »Dieses Ding stürzte auf uns zu. Während unserer zweiten Erdumkreisung. Um ein Haar wäre es an die Scheibe der Kommandantenkabine von Apollo 37 gestoßen. Die Einzelheiten kennen Sie ja. Größe vier bis sechs Daumen. Farbe Messing oder Altgold. Rundum ein gehämmertes
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