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Palast der Stuerme

Palast der Stuerme

Titel: Palast der Stuerme
Autoren: Penny Jordan
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Blässe und verfluchte sich, weil er es zugelassen hatte, dass Claire sich überanstrengte. Ihr Protest, es sei nicht nötig, zum Palast zurückzukehren, hatte keinerlei Wirkung auf ihn, er bestand darauf. Er behandelte sie, als sei sie zerbrechlich wie feinstes Porzellan, und manchmal glaubte Claire, es nicht länger aushalten zu können. Was war aus dem Mann geworden, der ihr so selbstherrlich gesagt hatte, dass er sie begehrte? Oder ihr unerschütterlich erklärt hatte, dass sie ein gutes Leben zusammen führen konnten? Diese seltsame Veränderung in ihm, die ihr schon vorher aufgefallen war, wurde immer befremdender.
    Eines Morgens, als Teddys Ferien allmählich zu Ende gingen und Claire mit Saud im Haupthof spielte und glücklich über seine ersten Gehversuche lachte, erfuhr sie endlich den Grund für Raouls Verhalten.
    Er kam zu ihr in den Hof. „Ich habe den Rückflug für Teddy gebucht“, teilte er ihr knapp mit und fing Saud auf, bevor der erneut hinfiel. So konnte Claire Raouls Gesicht nicht sehen, aber seine Stimme klang völlig neutral. „Wenn du wünschst, kannst du mit in der Maschine sitzen … Nein, entscheide dich nicht sofort“, fuhr er fort, als sie zum Sprechen ansetzte. „Überlege es dir in Ruhe, und lasse es mich dann wissen. Vielleicht wäre es das Beste, wenn du gehst.“
    Damit verließ er den Hof, während Claire versuchte, den enormen Schmerz zu bekämpfen. Weil sie so schwach war und Ruhe brauchte, hatte Raoul nicht in ihrem Zimmer geschlafen wie geplant. Er war so distanziert und höflich, es schien keinen Weg mehr zu geben, wie Claire überhaupt zu ihm durchdringen konnte. Wieso hatte er seine Meinung geändert? Wegen Nadia? Aber was war mit dem Baby?
    Claire brachte keinen Bissen hinunter, als Zenaide das Essen auftrug. Sie entließ das Mädchen und wusste plötzlich, was sie zu tun hatte. Raoul schien ihr aus dem Weg zu gehen, doch wie sollte sie mit ihm reden, wenn er alles tat, um ein Alleinsein mit ihr zu verhindern? Wie konnte sie ihm klarmachen, dass er es dem Baby schuldete, sie bleiben zu lassen? So leicht würde sie nicht aufgeben. Sie würde zu ihm gehen und darum kämpfen, dass sie bleiben durfte.
    Sie klopfte nicht an, sondern ging direkt in sein Zimmer.
    Es war leer. Erst dachte sie, Raoul müsse noch in seinem Arbeitszimmer sein, doch dann hörte sie das Rauschen der Dusche im Bad. Sie legte sich auf den Diwan beim Fenster, da sie sonst vor Nervosität im Zimmer auf und ab marschieren würde, während sie auf ihn wartete.
    Als Raoul aus dem Bad kam, bemerkte er sie zuerst nicht. Sein Haar war nass, und seine Haut schimmerte im sanften Licht der Lampen. Dann plötzlich, so als hätte ein sechster Sinn ihn gewarnt, drehte er sich abrupt zu Claire um.
    „Ich muss mit dir reden“, hob sie an, bevor er etwas sagen konnte und ihr Mut sie verließ. „Willst du wirklich … willst du, dass ich mit Teddy nach England zurückkehre?“
    „Es scheint einfach das Klügste zu sein.“ Er sah sie nicht an, sondern griff nach dem Handtuch, das auf dem Bett lag.
    „Aber unser Kind …“ Claire weigerte sich, seine Gleichgültigkeit hinzunehmen. „Du hast gesagt …“
    „Vergiss, was ich gesagt habe.“ Plötzlich wurde seine Stimme hart. „Ist dir nicht klar, wie knapp du dem Tod entronnen bist?“ Seine Züge verzerrten sich verbittert, seine Augen wurden leer und ausdruckslos, und für einen Moment fehlten Claire die Worte.
    „Aber ich bin ihm entkommen, nicht wahr?“, sagte sie schließlich. „Ich bin in Sicherheit und Saud auch. Raoul, willst du wirklich zulassen, dass du ein Fremder für deinen Sohn bist, so wie dein Vater für dich?“
    Für einen Moment glaubte sie, mit ihren leidenschaftlichen Worten seine Mauer durchdrungen zu haben, doch dann erschien plötzlich das spöttische Lächeln auf seinem Gesicht, das sie noch so gut kannte. „Mein Sohn? Bist du sicher, dass es ein Junge wird?“
    „Ob nun Sohn oder Tochter, dein Kind hat ein Anrecht darauf, den Vater um sich zu haben, während es aufwächst.“
    „Du wärst eine großartige Anwältin, Claire.“ Dann jedoch verschwand aller Spott aus seiner Stimme. „Glaubst du etwa, du müsstest mich überreden, dass ich euch beide, dich und mein Kind, hier in meinem Leben haben will? Hast du auch nur die geringste Vorstellung, was es mich kostet, dir überhaupt das Angebot zu machen, dass du gehen kannst, wenn du willst? Selbst wenn ich daran denke, wie nahe du dem Tod gekommen bist. Es ist alles meine Schuld.
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