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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen
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lächelte. »Hab ganz vergessen, dass du nicht zu Hause bist … Ruf mich an, wenn du zurück bist, ja?«
    »Mach ich«, sagte Sam, überflog ihre jüngste Visa-Abrechnung und war froh, Melanies Stimme zu hören. Ihre Assistentin versprach ihr, sämtliche Kreditkarten unverzüglich sperren zu lassen.
    Zwei weitere Anrufer hatten aufgelegt, und dann vernahm sie die Stimme ihrer Chefin. »Sam, ich weiß, du bist wahrscheinlich noch gar nicht zurück«, sagte Eleanor. »Aber ruf mich auf der Stelle, auf der Stelle, an, wenn du zu Hause bist. Und erzähl mir nicht, dass du wegen deines Beins nicht arbeiten kannst, damit kommst du bei mir nicht durch. Ich habe deine Nachricht aus dem Krankenhaus erhalten, aber sofern du nicht am Tropf hängst und an der Herz-Lungen-Maschine, wirst du schnellstmöglich im Studio auftauchen, verstanden? Melanie macht ihre Arbeit ganz gut, ehrlich, aber seit deiner Abreise sinken die Quoten, und Trish LaBelle drüben beim WNAB reißt sich deinen Marktanteil unter den Nagel … Das ist nicht gut, Sammie, ganz und gar nicht. Deine Hörer wollen dich, Mädchen, und sie sind nicht bereit, irgendeinen Ersatz zu akzeptieren, und wenn er auch noch so gut ist. Also komm nicht auf die Idee und bring mir ein Attest von irgendeinem umwerfenden Arzt, hörst du? Wehe … Also, schwing deinen Hintern rüber ins Studio! Okay, genug geredet. Aber ruf mich an, und zwar sofort!«
    »Hast du das gehört, Charon? Ich werde also doch geliebt«, sagte sie geistesabwesend zu ihrem Kater. Dann spürte sie plötzlich ein Kribbeln im Nacken. Irgendein Laut, eine Veränderung in der Umgebung, irgendetwas nicht Benennbares zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    Die Katze saß, bis auf das kaum merkliche Zucken ihres Schwanzes, völlig reglos auf der Fensterbank. »Siehst du was?«, fragte Sam und versuchte, das unheimliche Gefühl abzuschütteln. Sie legte die restliche Post beiseite, ging zum Fenster hinüber und spähte durch die vom Nieselregen beschlagenen Scheiben hinaus in die Dunkelheit.
    Die immergrünen Eichen standen da wie bärtige Wachposten, bewegungslose dunkle Gestalten, die ihr Haus behüteten.
    Ein Knirschen.
    Sams Herz blieb beinahe stehen.
    War das der Wind in den Zweigen oder ein für ein altes Haus typisches Geräusch? Oder schlich jemand über die Veranda? Ihr Gaumen wurde trocken.
    Hör auf, Sam, du regst dich auf wegen nichts und wieder nichts. Hier lauert keine Bedrohung. Du bist hier sicher. Doch sie wohnte erst seit drei Monaten in diesem Haus, und nach ihrem Einzug hatte eine klatschsüchtige alte Nachbarin, die gegenüber wohnte, ihr die Geschichte des Hauses unter die Nase gerieben. Laut Mrs. Killingsworth gab es nur einen Grund dafür, dass das Haus so lange zum Verkauf gestanden und Sam es schließlich weit unter dem Marktpreis bekommen hatte: Die Frau, die zuvor hier gewohnt hatte, war in diesem Haus ermordet worden – von einem erzürnten Liebhaber.
    »Und was hat das mit dir zu tun?«, fragte sie sich jetzt und rubbelte über ihre Arme, als wäre ihr kalt. Sie glaubte nicht an Gespenster, Flüche oder Übersinnliches.
    Der Anrufbeantworter spulte weiter. »Hi, Sam.« Erneut Melanies Stimme. Samantha beruhigte sich ein bisschen. »Hoffe, du hattest einen schönen Urlaub. Ich habe die Banken angerufen, wie angewiesen, und die Post auf deinem Schreibtisch hinterlegt, aber du hast sie inzwischen sicher schon gefunden. Charon war völlig aus dem Häuschen, als du weg warst. Total ausgeflippt. Hat sogar das Klavier markiert, aber ich hab’s sauber gemacht. Und dann überall diese Haare – ekelhaft. Wie auch immer, ich habe einen Liter Milch für dich eingekauft und diese feinen französischen Kaffeebohnen mit Vanillearoma, die du so gern magst. Beides steht im Kühlschrank. Die Sache mit deinem Bein tut mir echt leid. Wie ärgerlich! Ziemlich romantische Reise, wie? Wir sehen uns im Studio. Falls du etwas brauchst, ruf mich an.«
    Sam humpelte zurück zu ihrem Schreibtischstuhl. Sie litt eindeutig unter Einbildungen. Nichts hatte sich verändert. Sie warf einen Blick auf das Bild von David auf ihrem Schreibtisch. Groß und athletisch, mit grauen Augen und einem kantigen Kinn. Gut aussehend. Vorstands-Vize und Verkaufsdirektor bei Regal Hotels, hatte man sie mehr als einmal erinnert. Ein Mann mit Zukunft und einem ausgeprägten, wenn auch spitzfindigen Sinn für Humor. Eine gute Partie, wie ihre Mutter gesagt hätte, wäre sie noch am Leben gewesen.
    Ach, Mom, du fehlst mir immer noch. Sams
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