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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition)
Autoren: Claudia Brendler
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Treffen in der Fetisch-Bar.
    Wo Lucien sie observiert hatte. Von der Bühne aus. Sozusagen undercover, im besten Sinn des Wortes: als Akkordeonist einer bayerischen Transvestitenkapelle. Wie es dazu gekommen war, hatte er ihr mehrfach zu erklären versucht. Im Gartenzimmer, bei einem Glas Rotwein. Sie hatten schließlich Cedric hereingebeten, weil Englisch, Deutsch und Gesten nicht mehr genügten, um diese Geschichte zu erzählen. Cedric übersetzte mit unbeteiligter Miene, was Lucien in schnellem Französisch heraussprudelte: Lucien und seine Schwester Delphine hätten immer ein recht enges Verhältnis gehabt, gerade weil sie beide Künstler seien. Und Matt, nun ja, er sei nicht sein Wunschschwager. Was Therese gut verstehen konnte. Matt war eben eine Schatz und eine Arschlòch. Oui oui. Sie legte eine Hand auf Luciens Oberschenkel, lächelte ihm zu, und Lucien streichelte ihren Handrücken und redete weiter: Delphine sei in Rage geraten, nachdem sie heimlich Matts E-Mails gelesen und erfahren hatte, dass er in Deutschland seine Tochter und die dazugehörige Mutter besuchen wollte. Sie habe ja von der Existenz Susns nichts geahnt und sich so lange echauffiert, bis Lucien sich schließlich bereit erklärte, seine geplanten Volksmusikforschungen in Deutschland vorzuverlegen und Matt nachzureisen.
    Hier unterbrach Cedric seine Übersetzung und erklärte, Lucien forsche schon lange im Auftrag eines Instituts und besäße Tausende von CDs mit authentischer Folklore aller möglichen Gruppen und Stämme der Welt. Aha. Therese musterte den leicht errötenden Lucien von der Seite. Betrachtete er die Bayern und besonders die Neuenthaler etwa als Stamm? Sollte sie ihn danach fragen? Aber Lucien und Cedric waren schon weiter, redeten von einer Liste von Volksmusikgruppen, die Lucien von seinem Institut bekommen habe. Auf dieser Liste habe er die Band gefunden, die genau in jenem Club auftrat, in dem Matt Therese treffen würde. Und der Rest war … »fou!«, wie Lucien mehrfach ausrief, kopfschüttelnd und lachend. Vollkommen irrsinnig. Es habe ihn einfach gereizt. Alles. Mit der Band zu spielen, Matt auszuspionieren. Die Sache mit den Dirndln habe er erst für einen Volksbrauch gehalten, so ähnlich wie Schottenröcke beim Dudelsackspiel. Und im nächsten Moment habe er schon auf der Bühne gestanden – in Rock und Bluse, weil ihm alle Dirndl zu groß gewesen seien.
    Inspiriert von dem Anblick der schönen, stattlichen Frau in Matts Armen sei er beim Spielen zu sehr aus sich herausgegangen, habe damit wohl Matts Aufmerksamkeit geweckt. Das Nächste, was er gesehen habe, seien Matts ungläubig aufgerissene Augen gewesen. Dann stürmte sein Beinahe-Schwager schon zur Bühne. Aha. Matt, der Tiger. Oder Tiescher, wie Üwe, der gerade unter ihnen im Komfortzimmer rumorte, sagen würde. Lucien und Cedric bemerkten Thereses zweifelnden Blick. Oh ja, Matt könne durchaus wütend werden, sagte Lucien, es sei nicht das erste Mal, dass er und Matt aneinandergerieten, und immer ging es um Delphine. Und um Matts – pardon – Affären. Aber das sei jetzt egal, er selbst, Lucien Ledoux, habe sich jedenfalls außerordentlich dämlich verhalten. Die dümmste Idee sei es gewesen, in der Garderobe schnell die peinlichen Kleider abzustreifen, ein einziges Chaos sei diese Garderobe gewesen, überhaupt nicht das, was er sich unter typisch deutscher Ordnung vorgestellt habe: zerknüllte Dirndl, Perücken, Socken, Bierflaschen, Jacken, Teller mit Brezn und Weißwurst, in der Eile habe er weder seine Hose noch den Pullover gefunden. Und schon rissen die Mitglieder der Band die Tür auf, hinter ihnen Matt. Warum er sich nicht auf seinen korpulenten Fast-Schwager gestürzt habe, sondern samt seinem Instrument davongerannt sei, bevor Matt ihn entdeckte, könne er nicht sagen, es sei wohl ein Reflex gewesen, vollkommen fou, aber … Lucien hatte gelächelt, ihre Hand gestreichelt und einen leiseren Satz gesagt, den Cedric mit einem »Aber es war auch wunderbar« übersetzt hatte. Um kurz darauf taktvoll aus dem Gartenzimmer zu verschwinden.
    »Befreit unsere Bürgermeisterin!«, schmetterte es von draußen, und Therese schreckte aus ihren Gedanken. Ihr Neffe war’s, der Hundling, der amüsierte sich doch nur auf ihre Kosten. Vielleicht auch nicht, seine patente Freundin wiederholte den Ruf, und auch andere Stimmen fielen ein.
    »Befreit unsere Bürgermeisterin!«, wiederholten sie ein ums andere Mal, dazwischen erklangen weitere Rufe, hoben sich aus
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