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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas
Autoren: Der Rache Engel
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Aktion, die
ich bis heute nicht verstehen kann. Weshalb brachte man mich während des Verfahrens
nicht in einer geheimen Unterkunft in der Nähe des Gerichtes unter? So, wie wir
damals die ersten zwei Wochen außerhalb von Bremen gehaust hatten? Eine Antwort
konnte mir niemand geben.
     
    4.
     
    Da ich eine mündliche Aussage vor Gericht verweigert
hatte, geriet der Prozess offenbar ins Stocken. Durch mein Schweigen war wohl
ein langer, zäher Prozess mit unvorhersehbarem Ausgang befürchtet worden. Bei
einer ganzen Armee von Strafverteidigern hätte man davon ausgehen können, dass
ein Beweisantrag und ein Gutachten das nächste gejagt hätte. Und so kam es
dann nach weiteren zähen Verhandlungen zwischen der Staatsanwaltschaft und den
Verteidigern am zweiten Prozesstag zu einer Übereinkunft. Ein Deal! Ein
weiterer Deal also in dieser unseligen Angelegenheit.
    Die »räuberische Erpressung« und der »schwere Raub« wurden
als Anklagepunkte fallen gelassen. Aus prozessökonomischen Gründen, wie es
heißt. Die beiden Anklagepunkte, die am schwersten wogen und die höchsten
Mindeststrafen beinhalteten, wurden im Gegenzug für die Schuldbekenntnisse der
Angeklagten gestrichen. Es blieb also nur noch die Körperverletzung. Zu dem
Vorwurf bekannten sich alle Angeklagten schuldig, und so wurden fast alle
Bremer 81er zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren verurteilt, die allerdings
zur Bewährung ausgesetzt wurde. Drei der »Brüder« erhielten Freiheitsstrafen
zwischen zwei Jahren und sechs Monaten sowie zwei Jahren und zehn Monaten
Gefängnis. Die Haftbefehle wurden sofort aufgehoben, und alle konnten noch im
Gerichtsgebäude ihre Begleiterinnen wieder in die Arme schließen. Für die Hells
Angels war das Urteil natürlich ein Sieg. Der Richterspruch war gleichsam ein
Freispruch - und zwar erster Klasse. Der Outlaw Motorcycleclub führte eben ein
Outlaw-Dasein. Ein Leben außerhalb der Gesetze. Auch in Deutschland. Ob so
etwas noch als Rechtssprechung bezeichnet werden kann, müssen andere entscheiden.
     
    5.
     
    Und ich? Ich war der Verräter. Ich hatte das Gesetz des
Schweigens gebrochen. Das Gesetz einer kriminellen Vereinigung, die sich stets
außerhalb aller Gesetze bewegte und das auch noch immer tut. Ich war nun ein
Ausgestoßener, auf den ein Kopfgeld in Höhe von 500.000 Euro ausgesetzt wurde.
Das zumindest konnte ich noch in Erfahrung bringen, bevor mich die SEK-Beamten
endgültig in meine neue Welt brachten. Eine Welt fernab von allem. Das
wenigstens hofften wir...
     
    15. Der Verräter: Tot oder
lebendig
     
    1.
     
    Wir waren nun also in einem Schutzprogramm. So wurde das
Konstrukt offiziell bezeichnet. Ob es uns tatsächlich und verlässlich Schutz
bieten würde, mussten wir leider schon frühzeitig kritisch hinterfragen. Eine
neue Identität, ja. Neue Namen, ein unbekannter Wohnort fernab von Bremen - all
das wurde uns gewährt. Aber Schutz?
    Vielleicht waren wir ein wenig naiv und hatten uns
vorgestellt, dass ständig kräftige Männer mit schwarzen Sonnenbrillen und fast
unsichtbaren kleinen Kopfhörern in unserer Reichweite zu unserer ständigen
Verfügung bereitstünden. Ich weiß gar nicht mehr genau, was ich mir von einem
Schutzprogramm erwartet hatte, denn schließlich ging ja alles ziemlich schnell.
Aber richtig behütet kamen wir uns an unserem neuen Bestimmungsort dann doch
nicht vor.
    Ich weiß noch, wie wir eines Tages mit dem Wagen unterwegs
waren und ich im Rückspiegel ein paar schwere Harleys entdeckte. Ganz egal, wie
sehr ich das Tempo unseres Autos auch verlangsamte oder beschleunigte, diese
komischen bärtigen Typen blieben über viele Kilometer hinweg an unserer Stoßstange
kleben. Irgendwelche Patches oder Colours konnten wir zwar nicht erkennen,
aber sowohl Melanie wie auch ich wurden von Minute zu Minute nervöser.
    Irgendwann wurde mir die Sache dann zu bunt. Zur
Passivität wollte ich mich nicht auch noch verdammen lassen. Wenn schon etwas
im Busch sein sollte, dann wollte ich die Sache wenigstens nicht hinterrücks
erleben müssen. Ich riss plötzlich und unvermittelt das Steuerrad zur Seite,
bremste scharf auf einem Seitenstreifen, zog mein Messer unter dem Sitz vor und
machte mich bereit.
    Die drei Harleys tuckerten scheinbar unbeeindruckt an uns
vorbei und verschwanden hinter der nächsten Kurve aus unserem Augenwinkel.
Melanie notierte sich rasch die drei Kennzeichen, und als wir, noch immer
leicht erregt, wieder zu Hause angekommen waren, rief ich unseren
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