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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas
Autoren: Der Rache Engel
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Kontaktmann
beim Landeskriminalamt an. Doch es ging keiner ans Telefon. Ich versuchte es
weiter und weiter. Erst nach zwei Tagen konnte ich in Erfahrung bringen, dass
unser Betreuer im Urlaub war. Eine ungünstige Zeit also für einen Notfall...
     
    2.
     
    Heute weiß ich, dass wir uns nur auf uns selbst verlassen
können. Durch meine Ausbildung zum Personenschützer habe ich zum Glück gelernt,
wie man ein Objekt vor unerwünschten Besuchern absichern kann. Ich weiß, wo
Bewegungsmelder und Kameras zu hängen haben — und ich weiß, wie man ein Leben
führen muss, in dem die Augen vornehmlich nach hinten gerichtet sein müssen.
Denn eines scheint mir heute klar zu sein: So, wie ich die mythenumwobenen Hells
Angels kennenlernen durfte, werden sie uns - wenn überhaupt - aus dem
Hinterhalt angreifen. Eines Tages vielleicht...
    Oder wir werden, ganz zufällig und der fast unsichtbaren
Handschrift der Hells Angels folgend, zum Opfer eines rätselhaften
Autounfalles. Wer weiß das schon? Dass sich allerdings einer der glorreichen
Member der Hells Angels West Side selbst an uns die Finger schmutzig machen
wird, würde ich fast ausschließen. Die meisten meiner Ex-»Brüder« wären nach
meinem Befinden hierfür wohl einfach zu feige. Von einem Sergeant at Arms aus
dem Raum Bremen indes werden wir uns bestimmt nicht fürchten müssen, das ist
uns beiden klar. Blieben noch die perfiden, für Banden des organisierten
Verbrechens üblichen Auftragskiller aus den Ländern des ehemaligen Warschauer
Paktes. Wie auch immer, wir werden sehen, wie die Sache eines Tages zu Ende
gehen wird. Eines steht jedoch fest: Wenn wir eines unnatürlichen Todes sterben
sollten, dann vermutlich durch feige und heimtückische Morde.
    Mehr ist von diesem Club nicht zu erwarten. Denn alles,
was er zu bieten hat, ist der äußere Schein. Nach innen ist der Hells Angels MC
nach meinen Erfahrungen ein hochgradig faules Konstrukt. Es ist ein
Potemkinsches Dorf mit wirkungsvoller Fassade. Es geht nicht um Freiheit,
Individualität und Brüderlichkeit. Es geht auch nicht um Motorräder,
Männerfreundschaften und Selbstverwirklichung. Bei den Hells Angels dreht sich
alles nur um Macht, illegale Geschäfte, Unterdrückung und Gewalt. Nicht mehr
und auch nicht weniger. Und das Ganze mit dem geringstmöglichen persönlichen
Risiko für Sergeants, Präsidenten und andere Würdenträger.
    Ich habe zeitlebens nach einer Familie gesucht. Ich wollte
in einer Gemeinschaft leben, in der man sich gegenseitig vertrauen kann. Ich
wollte Freundschaft, Brüderlichkeit, Treue, Sicherheit - und auch Liebe. All
das, was mir als Kind verwehrt geblieben war. Ich habe diese Familie stets
vermisst und verzweifelt gesucht. Bei der Bundeswehr, bei Gremium und
schließlich beim Hells Angels MC.
    Gefunden habe ich sie in einer Frau und einem kleinen
Mädchen. Für diese Suche bin ich gleichsam »durch die Hölle« gegangen. Und
obwohl ich all das gefunden habe, wonach ich immer suchte, fürchte ich fast,
dass dieser Weg noch nicht zu Ende sein wird. Ich bin weiter buchstäblich in
der Hölle - den Hells Angels sei Dank.
    Am Ende aber stellen sich mir nur zwei Fragen:
    Habe ich meine »Brüder« verraten? Ja, das habe ich wohl.
    Und: Habe ich meine Freunde verraten? Nein! Denn Freunde
waren sie nie!
     
    16. Die Gefährtin: Ein Nachwort
von Melanie W.
     
    Auch ich war ein Teil der Hells Angels. Und das mehr als
zehn meiner 36 Lebensjahre.
    Anfang 1999 lernte ich den späteren Vater meiner Tochter
kennen. Es dauerte nicht lange, bis wir zusammen waren.
    Ich mietete mir eine größere Wohnung etwa dreißig
Kilometer außerhalb von Bremen - weil er es so wollte — und wartete darauf,
dass er wie versprochen schon bald bei mir einziehen würde. Aber ich wartete
vergeblich, denn der Mann hatte noch eine ganz andere, viel größerer und
stärkere Liebschaft: den Hells Angels MC.
    Ich stand da, die meiste Zeit allein und mit einer
Wohnung, die ich mir eigentlich gar nicht leisten konnte. Und mein Freund hatte
andere Verpflichtungen. Er war in Hannover Prospect bei den 8lern und musste
ständig zwischen mir in Bremen und den Hells Angels in Hannover hin- und
herpendeln. Wenn er dann endlich einmal bei mir war, klingelte umgehend das
Telefon, und er musste wieder los. Denn eines war ihm unter Höchststrafe
verboten: Hätte er damals sein Handy ausgeschaltet und der Club hätte ihn in
dieser Zeit versucht zu erreichen, wäre dieser vermeintlich gestandene Mann
schnell fällig gewesen.
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