Outback: Unter australischer Sonne (German Edition)
Funken Hoffnung entflammte in ihr, während sie seine Züge betrachtete. Deutete er etwa an...? Nein, das konnte nicht sein.
Der Gynäkologe hatte ihr vor vierzehn Jahren klar gesagt, die Chancen stünden bei höchstens zwanzig Prozent überhaupt noch einmal schwanger zu werden und selbst wenn ... vermutlich würde sie sich einer Risikoschwangerschaft aussetzen. Er wusste was er sagte, er war jahrelang der Frauenarzt ihrer Mutter gewesen.
Faith zuckte zusammen und schluckte.
Ian und sie hatten in all der Zeit, seit sie zusammen waren, nicht ein einziges Mal Kondome benutzt oder andere Verhütungsmittel. Eigentlich war es grob fahrlässig gewesen, was sie taten, schon aus tausend anderen Gründen als dem einer ungeplanten Schwangerschaft. Als Schutz gegen eine mögliche Empfängnis war es ihr sinnlos erschienen.
Sie hatte daran geglaubt, was der Doktor ihr erzählte. Mehr als ein Jahrzehnt.
„Ian?“
Ihre Stimme zitterte leicht, während sie darauf wartete, dass er endlich mit der Sprache heraus rückte. Sie wollte sich nicht in unmögliche Hoffnungen verrennen, um gleich damit enttäuscht zu werden, dass er ihr sagte Dr. Decker könne das Ergebnis nur bestätigen oder er hätte irgendeine Anomalie gefunden.
„Du müsstest jetzt so ungefähr in der siebten Woche sein“, stellte Ian fest.
Keuchend atmete sie aus und starrte ihn an. Die Welt um sie herum schien sich von ihr fort zu bewegen. Das Blut rauschte in ihren Ohren und nur Ian befand sich noch mit ihr im Epizentrum des Bebens, das von ihr Besitz ergriff. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Wie aus weiter Ferne nahm sie sein seliges Lächeln und das bejahende Nicken wahr.
„Der Doc meinte, du sollst auf jeden Fall noch einen Arzt deines Vertrauens aufsuchen und ein Ultraschall machen lassen.“
„Das ist ein Witz“, stellte Faith zweifelnd fest.
Ian schüttelte den Kopf.
Tief durchatmend schloss sie die Lider und verbarg ihr Gesicht an seiner warmen Haut. Es fühlte sich ... unwirklich an. Ihre Augen brannten. Erst hatte sie Samantha gefunden und nun sollte ausgerechnet sie auch noch schwanger sein? Das konnte unmöglich ihr passieren. Es war fast schon zu viel des Guten.
„Es fällt dir schwer das zu glauben, oder?“, wollte Ian wissen.
Faith schluckte hart und machte eine Bewegung die irgendwo zwischen einem Kopfschütteln und einem Nicken lag. Sie spürte seine Hände auf ihrer Haut, die langsam über ihren Rücken hinauf und herunter strichen. Seinen Körper der sich warm an ihren drückte. Es fühlte sich gut an. Sie war geborgen, geliebt und endlich da wo sie es sich immer erhofft hatte. Ihr Blick flackerte, als sie den Kopf hob und Ian erneut ansah.
„Ehrlich gesagt, ja“, antwortete sie. „Ich habe mich die letzten Jahre damit abgefunden, dass ich niemals wieder ein eigenes Kind haben werde. Nun habe ich unerwartet meine leibliche Tochter wieder, verliebe mich in dich und du sagst mir, dass ich schwanger bin.“ Ihre Stimme brach. „Ich gehöre normalerweise nicht zu den Menschen, die so viel Glück haben.“ Ein Schluchzer entrang sich ihrer Kehle und sie zuckte erschrocken zusammen. Ian drückte seine Lippen auf ihre Stirn und zog sie fest an sich.
„Ich mache dir einen Vorschlag“, flüsterte er sanft. „Wir fahren zurück in die Stadt und du lässt dich bei deinem Frauenarzt untersuchen.“
„Ich habe keinen“, erwiderte Faith kläglich. „In den letzten Jahren habe ich das für ziemlich überflüssig gehalten.“ Lachend schüttelte Ian den Kopf.
„Zweihundert Meilen westlich lebt Rosalie Martinez“, bemerkte er. „Sie ist zwar keine Frauenärztin sondern Hebamme, aber sie kann dir sicher auch helfen. Hier draußen sind wir besser ausgerüstet, als in den Städten. Schon weil die Wege hier viel weiter sind.“
Faith sah ihm in die Augen und die Begeisterung mit der er sie betrachtete, schenkte ihr ein wohliges Gefühl. Wenn sie ehrlich war, wünschte sie sich nichts mehr als das von Dr. Decker ausgesprochene Ergebnis bestätigt zu bekommen, aber sie hatte auch Angst. Tief durchatmend nickte sie schließlich und Ian schlug die Bettdecke zurück. Seine gute Laune war so mitreißend, dass sie sich bereitwillig von ihm ins Bad hinüber ziehen ließ und ihm unter die Dusche folgte.
Auf der Unterlippe kauend starrte Faith immer noch das Stück Papier in ihren Fingern an. Der Rand des Ausdrucks war bereits völlig zerknittert, weil sie es unablässig von einer Hand in die andere wechselte.
Rosalie Martinez –
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