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OstfriesenKiller

OstfriesenKiller

Titel: OstfriesenKiller
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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das Glas auf dem Rand des Waschbeckens ab und fuhr sie an: »Du kontrollierst also auch meine Anrufe!«
    »Glaubst du, ich kann keine Telefonrechnungen lesen?«, konterte sie. »Jeder Anruf ist einzeln aufgeführt.«
    Vom Streit der Eltern geweckt, erschien ihr Sohn Eike nun im Schlafanzug. Das Gummi in der gestreiften Schlafanzughose war gerissen, und er musste sie mit einer Hand festhalten, damit sie ihm nicht vom Hintern rutschte.
    »Mama? Papa? Was ist los?«
    Eike kam Hero gerade recht. »Siehst du, jetzt hast du den Jungen geweckt! Der schreibt morgen eine Mathearbeit, für die wir die ganze Woche gelernt haben …«
    Ann Kathrin bemühte sich um einen festen Stand und stützte die Hände in den Hüften ab. »Ach, dann bin ich jetzt wohl schuld, wenn er sie vergeigt?«
    Eike lief auf seine Eltern zu. »Mama! Papa!« Er war schon dreizehn, doch er konnte es immer noch nicht ertragen, wenn die Eltern sich stritten. Am liebsten hätte er sie beide gleichzeitig umarmt. Doch sie standen sich so feindlich gegenüber, dass er sofort spürte: So läuft das nicht.
    Ann Kathrin sah ihren Sohn an. Er war blass im Gesicht. Aber sie konnte ihm das jetzt nicht ersparen. »Dein Papa hat eine Freundin. Susanne Möninghoff.«
    Hero stellte sich vor Eike, als müsste er ihn vor seiner Mutter schützen. »Bitte, Ann. Lass den Jungen da raus. Das ist nur etwas zwischen uns beiden.«
    Sie mochte es nicht, wie er sich beschützend vor seinen Sohn stellte. Damit wies er ihr eine schlimme Rolle zu. Sie hatte ihr Kind nie geschlagen, in all den Jahren war ihr nicht einmal die Hand ausgerutscht. Warum sollte sie ihm jetzt etwas tun? Wenn überhaupt, dann musste Hero mit ein paar Ohrfeigen rechnen. Er tat gern so, als müsste er den Jungen emotional vor ihr schützen. Er spielte gerne den großen Guten. Wenn sie spät vom Dienst kam, hatte er natürlich schon gekocht. Er kontrollierte die Hausaufgaben. Er gab Nachhilfestunden. Er fuhr den Jungen herum, wenn die öffentlichen Verkehrsmittel mal wieder nicht ausreichten, damit ihr Kind alle Termine hintereinander bekam.
    Ann Kathrin schüttelte den Kopf. »O nein, das ist keineswegs nur etwas zwischen uns beiden. Glaubst du, dass es ihn nichts angeht, wenn unsere Ehe vor die Hunde geht? Wir werden jetzt unsere Beziehung klären. Ich mache keine Kompromisse mehr. Entweder, du verlässt sie, oder du ziehst hier aus. Entscheide dich.«
    Hero drehte ihr jetzt den Rücken zu und nahm Eike in den Arm. Er versuchte, eine Überlegenheit zu erreichen, indem er ruhig blieb und deutlich leiser sprach als sie.
    »Du verlangst doch jetzt nicht im Ernst von mir, dass ich nach 14 Jahren Ehe heute Abend einfach so …«
    »Doch!«, brüllte sie, um ihn endlich aus der Reserve zu locken.
    Er versuchte, Zeit zu gewinnen. Jetzt stellte er sich neben Eike und sah Ann Kathrin wieder an. »Und wenn wir uns trennen – was wird dann aus ihm?«
    Ann Kathrin fixierte ihren Mann mit einer Mischung aus Strenge und Verachtung. »Eike ist alt genug. Er darf selbst entscheiden.«
    Dann wendete sie sich an ihren Sohn. Ihre Stimme wurde freundlich, aber die Aufregung schwang noch mit. »Keine Angst, Eike, wir zwingen dich zu gar nichts. Du kannst weiter hier wohnen und Papi so oft sehen, wie du willst.«
    Eike löste sich aus der Umarmung seines Vaters. »Aber ich …« Er konnte nicht weitersprechen. Seine Unterlippe bebte. Tränen liefen über seine Wangen.
    Mit verständnisvoller Therapeutenstimme, vielleicht ein bisschen zu professionell, sagte Hero: »Keine Sorge, mein Junge. Wir werden das jetzt nicht übers Knie brechen. Wir sind alle nur ein bisschen nervös. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«
    Dann verpasste er Ann Kathrin mit einem Blick einen energetischen Schlag, der sie innerlich zusammenzucken ließ. Sie spürte plötzlich einen Kloß im Hals.
    »Was willst du eigentlich?«, zischte er.
    Sie hörte sich selbst rufen: »Klarheit! Ich will Klarheit. Noch heute Abend!«
    Zunächst war es ein Geräusch wie sehr weit weg, etwas, das nicht hierhin gehörte. Er wusste noch vor ihr, was es war: ihr Handy. Sein Blick verriet es ihr. Darin lag dieses: Na bitte. Typisch. Genau in so einer Situation. Dieser Vorwurf: Du hast ja nie Zeit für uns.
    Ann Kathrin griff unter ihren Pullover und pflückte das Handy vom Hosengürtel. Ohne darauf zu achten, wer sie anrief, klappte sie es auf und sagte nur klar und deutlich: »Nein, jetzt nicht.« Dann ließ sie es wieder zuschnappen und wollte es unter ihrem
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