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OstfriesenKiller

OstfriesenKiller

Titel: OstfriesenKiller
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Ballettunterricht, Reitunterricht, Schießunterricht, Yoga, Judo – sie war zwar durch alle Prüfungen gefallen, weil sie die Namen der Griffe nicht behalten konnte, aber im Kampf nahm sie es mit jedem Grün- oder Blaugurt auf. Er musste auf der Hut sein.
    »Ich hab für uns gekocht«, sagte sie. »Dein Lieblingsgericht.«
    »Spaghetti Bolognese?«, fragte er.
    Sie verzog das Gesicht. »Nein. Fischlasagne. Dazu Tomaten mit Schalotten.«
    Unterhalten wir uns jetzt wirklich übers Essen?, dachte er. Vielleicht war es ja gut, sie einfach bei diesem Thema zu halten. Er beschloss, sich darauf einzulassen.
    »Gibt es auch ein Dessert?«, fragte er. »Wie wär’s mit Mousse au chocolat? Du hast es schon mal gemacht. Es war köstlich damals.«
    Sie lächelte über das Kompliment. Doch dann veränderte sich ihr Gesicht.
    »Du hast gesagt, dass du Agent bist und die Terroristen überwachen musst.«
    Er stöhnte: »Das war gelogen, Sylvie. Es war eine Geschichte. Weiter nichts.«
    »Gelogen? Wieso gelogen?« Sie sah ihn fassungslos an. »Aber du hast doch gesagt …«
    Er hielt sich mit beiden Händen an der Stuhllehne fest und schob den Stuhl zwischen sich und Sylvia. »Ich hab es erfunden, um … dich loszuwerden.«
    Sein Satz traf sie wie ein Schlag. Sie zuckte zusammen und brüllte: »Das stimmt nicht! Du lügst!«
    Jetzt hatte er sich endlich wieder im Griff. Seine Worte saßen präzise, und er spürte, dass er in der Lage war, sie verbal auszuknocken. Er brauchte keine Waffe. Er konnte die Situation auch so meistern. »Doch, es stimmt. Ich hab es nicht mehr ausgehalten. Du bist mir einfach zu viel geworden. Ich wollte dich an dem Abend nicht mitnehmen. Wir wollten Doppelkopf spielen bei Ulf. Ich hab einfach eine Geschichte erfunden. Ich wollte dich nicht verletzen, ich Idiot. Darum hab ich dir gesagt …«
    Sylvia griff den erstbesten Teller vom Tisch und warf ihn in Ludwigs Richtung. »Du lügst! Die Schlampe hat dich rumgedreht, das ist alles!«
    Ludwig ging in Deckung, aber der Teller verfehlte ihn ohnehin. Sylvia griff sich den nächsten. Diesmal zielte sie genauer.
    »Mein Gott, Sylvie, hör auf! Weißt du eigentlich, was du gemacht hast? Du hast vier wunderbare Menschen getötet!«
    Sylvia beugte sich weit über den Tisch und zog sich das zweite Gedeck heran. »Sie haben einen Anschlag vorbereitet, das weißt du genau! Du bist blind vor Liebe, Ludwig! Vor deinen Augen planen die alles, und du beschützt sie, statt sie auszuknipsen, wie es deine Mission ist. Was ist nur aus dir geworden?«
    Sie warf den Suppenteller. »Die benutzen dich, Ludwig! Komm zurück zu den Guten. Niemand wird merken, dass du schon auf dem besten Weg warst, überzulaufen. Die CIA wird stolz auf dich sein.«
    Ludwig breitete die Arme aus und stand ein bisschen da wie der gekreuzigte Jesus. Vor ihm lagen die Scherben auf dem Boden. Er versuchte es mit Vernunft: »O mein Gott, Sylvie, ich war nie bei der CIA . Das habe ich nur so erzählt, um mich interessant zu machen. Damit unsere Beziehung geheim bleibt und …«
    »Aber du hast gesagt, dass es stimmt!«, schrie sie.
    Ihm wurde schlecht. Er wand sich. »Ich bin einfach nur ein Zivildienstleistender. Und die Pia ist auch keine Agentin, sondern ich bin mit ihr zusammen, weil ich sie liebe. So. Jetzt ist es raus!«
    Sie wankte. Sie konnte ihm nicht glauben. Obwohl ein Teil von ihr ahnte, dass Ludwig die Wahrheit sagte und sie ganz furchtbar reingelegt worden war, gab es da auch einen anderen Teil in ihr, der auf keinen Fall die schreckliche Wirklichkeit anerkennen wollte.
    Ludwig begann allmählich zu begreifen, was er mit seinen Lügen angerichtet hatte. Vier Menschen waren ermordet worden. Er erinnerte sich daran, wie er mit Sylvia vor dem Fernseher gesessen hatte. Dieser Bericht über Terroristenjäger, die die Aufgabe hatten, sich in Al-Qaida-Zellen einzuschleichen und die Bedrohung auszuschalten. Das waren für sie die neuen Helden dieser Zeit. Die Drachentöter, die Vampirjäger, die loszogen, um die Schwachen vor dem drohenden Unheil zu beschützen.
    »Du bist auch so einer, Ludwig, stimmt’s?«, hatte sie gesagt und ihm das Hemd aufgeknöpft. Der Gedanke, er sei einer dieser Helden, hatte sie total angetörnt. Sie hatte von ihm verlangt, er solle ihr von seinen Aufträgen erzählen, sie wollte seine Partnerin werden. Sie hatte sich völlig hineingesteigert. Er erfand immer neue Geschichten, während sie miteinander schliefen.
    Es war ein geradezu erschütterndes Erlebnis für ihn
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