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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod
Autoren: Hanna Winter
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Lenas hellgrüne Augen und wurde wütend. »Sie halten eine Befragung für verfrüht? Erzählen Sie das mal dem nächsten Opfer!«
    Lena unterdrückte einen entrüsteten Seufzer. Wenn Drescher einen Entschluss gefasst hatte, war es offenbar zwecklos, ihn davon abzubringen. »Na schön, ich rede mit Christine Wagenbach, aber ich mache es auf meine Art – und erwarten Sie nach allem, was diese Frau durchgemacht haben muss, bitte keine Wunder.«
    Böse Zungen behaupteten, Volker Drescher sei ein Hitzkopf, der unter dem Napoleon-Komplex leide, da er stets seinen Willen durchsetzen musste und seine oft unangemessen aufbrausende Art so gar nicht zu seiner geringen Körpergröße passte. Allmählich verstand Lena, was damit gemeint war.
    »Ich erwarte Ihren vollständigen Bericht bis spätestens morgen früh und den ersten Ansatz eines Täterprofils binnen der nächsten Tage«, sagte er nur. Damit war die Diskussion beendet.

5
    »Ich bin Rebecca Brandt. Wir können uns gerne duzen. Freut mich, dich in unserem Team zu haben«, stellte sich ihr die Brünette kurz vor und streckte Lena die Hand entgegen, während sie gemeinsam über den Korridor eilten.
    »Freut mich, Lena, Lena Peters«, lächelte Lena und erwiderte den festen Händedruck. Obwohl Dreschers Anweisung sie noch immer wurmte und sie diese für ausgemachten Unsinn hielt, versuchte Lena, ihren Ärger beiseitezuschieben.
    »Lass uns mit meinem Wagen fahren«, meinte Brandt beim Verlassen des Präsidiums. »Ich stehe gleich da vorne.« Sie zeigte mit ihrem buntlackierten Fingernagel auf den metallicblauen 3er BMW , der in der Morgensonne glänzte, und fischte mit der anderen Hand ihren Autoschlüssel aus der Tasche ihrer engen, ausgewaschenen Jeans.
    »Schicker Wagen«, bemerkte Lena und folgte ihr, ehe sie wenig später auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Der Geruch von süßlichem Parfum hing in den Polstern.
    »Du bist also die neue Psycho-Tante«, meinte Brandt leicht amüsiert, während sie den BMW startete und ihn auf die Straße lenkte.
    Lenas Brauen fuhren leicht in die Höhe. Sie war es durchaus gewohnt, dass man ihren Job nicht ernst nahm. Und Rebecca Brandt schien es nicht böse zu meinen. »Wenn man so will …«, gab sie zur Antwort und schnallte sich an.
    »Der Drescher hält große Stücke auf dich.«
    Lena sah sie an und fragte sich, ob sie das ernst meinte.
    »Du kommst aus Köln?«, fragte Brandt weiter.
    »Ja, das heißt, nicht direkt«, sagte Lena zögerlich, wusste es aber zu schätzen, dass Brandt so offen auf sie zuging. »Ursprünglich komme ich aus Fischbach, einem kleinen Kaff in der Nähe. Aber ich habe in Köln studiert.«
    »Ich hatte in Köln mal was mit einem Immobilienhai, war ein großer Fisch in der Branche – allerdings einer mit einem ziemlich kleinen Schwanz«, erzählte Brandt und lachte. »Und wie sich herausgestellt hat, war er auch noch ›glücklich‹ verheiratet.«
    Lena musste ebenfalls lachen. Vielleicht schien Rebecca Brandt gar nicht so verkehrt zu sein.
    »Im Augenblick lebe ich allein, ist bei dem Job wahrscheinlich auch besser so«, meinte Brandt und bog Richtung Charlottenburg ab. »Und du?«
    »Ich?« Die Frage traf Lena unvorbereitet. »Ich auch.« Sie lächelte reserviert und richtete ihren Blick wieder aus dem Fenster. Wenn sie ehrlich mit sich war, konnte sie sich kaum noch daran erinnern, wie es war, mit einem Mann zusammen zu sein. Sie war einfach nicht der Typ für feste Bindungen. Seit ihre Beziehung mit Matthias, den sie noch von der Uni her gekannt hatte, gut zwei Jahre zuvor in die Brüche gegangen war, hatte sie Angst, noch irgendeinen Menschen zu nahe an sich heranzulassen. Sich verwundbar zu machen. Wer allein ist, kann nicht verlassen werden, lautete ihr Credo. Auch wenn sie das so keinem weiterempfehlen würde. »Du sagtest, ich sei die neue Psycho-Tante?«, wechselte Lena das Thema.
    Brandt nickte und sah weiter auf die Fahrbahn. »Davor war Dr. Dobelli an dem Fall dran, aber die hat hingeschmissen.«
    Das überraschte Lena, denn von einer Vorgängerin hatte ihr Drescher gar nichts erzählt. »Und weshalb hat Dr. Dobelli hingeworfen?«
    »Keine Ahnung«, gab die Polizistin achselzuckend zurück. »Die ist während der Ermittlungen einfach abgetaucht und nie wieder aufgekreuzt.«
    Beunruhigt wandte Lena sich Brandt zu. »Und das wurde nicht weiter verfolgt?«
    »Das musst du den Drescher schon selbst fragen.« Brandt bremste an einer roten Ampel scharf ab. »Aber unter uns gesagt: Dobelli war eine
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