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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei
Autoren: John Lutz
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Angebot gehört«, sagte Quinn. Zum Teufel! Schon wieder ein Angebot. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie waren trocken. »Aber der Reihe nach. Warum denken Sie, dass beide Elzners ermordet wurden?«
    »Ich habe mit dem Gerichtsmediziner gesprochen, Jack Nift, ein alter Freund von mir.«
    Quinn war nicht überrascht, dass Nift und Renz befreundet waren. Beides Arschlöcher.
    »Nift hat mir im Vertrauen gesagt, dass der Eintrittswinkel der Kugel nicht ganz zu einem Selbstmord passt – der Schusskanal ist zu stark nach unten geneigt.«
    »Meint Nift, dass dadurch ein Selbstmord definitiv ausgeschlossen ist?«
    »Nein«, räumte Renz ein, »es macht es nur unwahrscheinlicher. Einige der Kugeln weisen außerdem eine Kerbe auf, die daher rühren könnten, dass sie einen Störkörper oder eine Unebenheit in einem Schalldämpfer gestreift haben. Aber die Pistole in Elzners Hand hatte keinen Schalldämpfer. Allerdings gibt es Spuren am Lauf, wo ein Schalldämpfer aufgesteckt gewesen sein könnte.«
    »Die Spuren an der Pistole und auf den Kugeln sind nicht viel beweiskräftiger als der Winkel der Eintrittswunde.«
    »Das ist richtig«, entgegnete Renz. »Aber dann sind da noch die Einkäufe.«
    »Einkäufe?«
    »Auf dem Tisch standen einige Lebensmittel, zusammen mit ein paar halbvollen Plastiktüten, und auf dem Boden lag eine Tunfischdose. In den Supermärkten und Feinkostläden in der Umgebung konnte sich niemand daran erinnern, dass die Elzners an diesem Tag eingekauft oder etwas bestellt hatten, und in den Tüten war kein Kassenbon.«
    »Merkwürdig.«
    »Normalerweise hören Leute, wenn sie nach Mitternacht ihre Einkäufe wegräumen, nicht kurz auf, um einen Mord und anschließend Selbstmord zu begehen«, meinte Renz.
    Quinn dachte, dass Renz es besser wissen sollte.
    Er wartete, ob noch etwas kam, aber Renz war fertig. »Das ist alles? Das sind Ihre Beweise?«
    »Bis jetzt.«
    »Nicht sehr überzeugend.«
    »Bis jetzt.«
    Quinn stand auf und trat ans Fenster. Er presste eine Hand gegen seine schmerzende Stirn. Blinzelnd blickte er auf die Straße drei Stockwerke unter ihm. Der Morgen war warm, aber es war bewölkt. Einige der Leute, die unten auf dem Gehweg vorbeihasteten, trugen leichte Regenmäntel. Manche hatten ihren Regenschirm geöffnet.
    »Und wie lautet nun Ihr Angebot?«
    »Ich möchte, dass Sie den Mord an den Elzners heimlich untersuchen«, sagte Renz, »mit meiner Hilfe. Ich werde die Beweise so lange wie möglich zurückhalten, sodass Sie und ich die Einzigen sind, die sie zur Gänze kennen. Sie werden gut bezahlt, und Sie fragen nicht, woher das Geld stammt. Und wenn ich – wenn Sie den Fall lösen und ich zum Polizeichef ernannt werde, kommen Sie zurück zum NYPD und werden Teil seines inneren Zirkels.«
    »Ein krummer Deal.«
    »Sicher, ich weiß. Aber Sie sind so verdammt moralisch. Ich kenne Ihren Ruf, und vielleicht haben Sie schon bemerkt, dass Ihnen ziemlich wenige Möglichkeiten bleiben. Ich biete Ihnen eine Chance. Und gleichzeitig ist es auch meine Chance. So wie es aussieht, wird es ein Rennen zwischen mir und Captain Vincent Egan, und Sie wissen, dass Egan nicht mit ehrlichen Mitteln kämpfen wird.«
    Quinn musste lächeln. Renz hatte sich gut vorbereitet, bevor er hergekommen war. Und noch etwas wusste Quinn: Renz wäre niemals mit seinem Anliegen zu ihm gekommen, wenn nicht jemand höheres im NYPD oder der Stadtverwaltung seinen Segen dazu gegeben hätte. Vielleicht hatte jemand seine Zweifel und wollte Egan und Quinn, und vielleicht auch Renz selbst, genauer unter die Lupe nehmen.
    »Es ist völlig unmöglich, dass ich eine Untersuchung durchführe, ohne dass Egan und der Rest des NYPD davon Wind bekommen«, sagte Quinn.
    »Egan wird nichts davon mitbekommen, wenn Sie schnell genug arbeiten. Und wenn doch, werden wir uns etwas einfallen lassen. Was ich möchte, ist, dass Sie aus diesem physischen und psychischen Dreckloch herausklettern und Ihre Arbeit auf die Weise erledigen, wie Sie es normalerweise tun.«
    »Der letzte Teil sollte kein Problem sein«, sagte Quinn. Er schaute immer noch aus dem Fenster.
    »Nicht ohne den ersten Teil. Kriegen Sie das hin?«
    Quinn sah, wie sich unten noch mehr Regenschirme öffneten, wie dunkle Blumen, die von einem Moment zum anderen erblühten. Es wäre schön, dachte er, wenn die Sonne durch die Wolken brechen und ihm ein Zeichen schicken würde.
    Scheiß drauf. Er brauchte kein Zeichen.
    »Ich kann es versuchen«, sagte er und drehte
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