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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow
Autoren: Glenn Meade
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Adelshauses oder reiche Händler, die hier ermordet worden waren, versteckt hatten. Ich zog das Medaillon mit der dünnen Kette heraus und wischte es vorsichtig mit den Fingern ab. Auf der Vorderseite des Schmuckstückes, das teilweise mit Torf bedeckt war, entdeckte ich ein erhabenes Bild.
    Roy reichte mir sein Taschenmesser. »Hier, versuch’s mal damit.«
    Ich nahm das Messer und kratzte die Erde ab. Es bestand kein Zweifel, dass das leicht nach vorne gewölbte goldene Familienwappen der Romanows die Vorderseite zierte. Ich erkannte den doppelköpfigen kaiserlichen Adler. Auf der Rückseite fand ich eine Gravur, doch die Korrosion hatte sie unkenntlich gemacht. Mein Herzschlag setzte aus.
    »Meinst du, wir hatten Glück?«, fragte Tom begeistert.
    »Das frage ich mich selbst. Ich wünschte, ich wüsste es.«
    »Könnte es sein, dass wir die sterblichen Überreste einer Romanow gefunden haben, Baby?«, wollte Roy wissen.
    Ich antwortete nicht und starrte wie gebannt auf das Medaillon.
    Tom rieb sich die eisigen Hände, als wollte er sie durch die Reibung in Brand setzen. »Wer weiß? Jedenfalls müssen wir die Russen informieren, und wir müssen die Leiche aus dem Dauerfrostboden herausholen. Hoffentlich erfahren wir bei der genaueren Untersuchung, ob ihr Körper irgendwelche Wunden aufweist und wie sie möglicherweise gestorben ist.«
    Den Russen oblag die Aufsicht über die Grabungsstätte. Jeden Tag kam ein Inspektor aus Jekaterinburg und überprüfte unsere Fortschritte. Doch daran dachte ich nicht, als ich auf das Medaillon blickte und angestrengt nachdachte. »Nein, ihr macht vorläufig gar nichts und informiert niemanden. Noch nicht.«
    Tom runzelte die Stirn.
    »Warum nicht?«, fragte Roy.
    Ich war wie gelähmt und wahnsinnig aufgeregt, als ich noch einmal auf die beiden Leichen starrte. Intuitiv hob ich den Kopf zu der Öffnung des Schachtes. Das blaue Licht, das in diesem Augenblick auf mich herabschien, war wie eine Erleuchtung. Ich umklammerte das Medaillon. Mein Herz begann zu rasen.
    »Was ist los?«, fragte Roy, als er bemerkte, wie fassungslos ich war.
    Ich ging zurück zu dem Sitzgurt und schnallte mich fest. »Macht Fotos von der Leiche, und zwar aus allen Winkeln. Wir brauchen auch eine Haarprobe für eine DNA-Analyse. Ich will wissen, ob diese Frau eine Romanow oder eine Blutsverwandte der Zarenfamilie sein könnte.« Ich drückte auf den Schalter, worauf die Winde mich nach oben zog.
    »Eh, wo gehst du hin, Baby?«, fragte Roy irritiert.
    »Ich muss einen Flug buchen. Und frag mich nicht, wohin. Das würdest du sowieso nicht glauben.«
    Einige Ereignisse in unserem Leben treffen uns mit einer so ungeheuren Wucht, dass wir sie kaum begreifen können. Die Geburt unseres ersten Kindes. Oder die Hand, die erschlafft, wenn wir am Totenbett eines geliebten Menschen sitzen. Das Mysterium, das diese Leichen im Dauerfrostboden umgab, lag auf derselben seismischen Skala. In den nächsten achtzehn Stunden konnte ich weder richtig denken noch schlafen. Aber ich erinnere mich noch gut daran, wie ich nach dem Flug von Jekaterinburg nach Moskau am nächsten Nachmittag am Londoner Heathrow Airport landete.
    Als Erstes suchte ich die Telefonnummer heraus, die ich mir ins Notizbuch geschrieben hatte, und rief sie noch einmal vom Handy aus an. Es klingelte und klingelte. Ich versuchte es noch weitere sechs Mal mit demselben Ergebnis. Eine Computerstimme forderte mich auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Es war die sechste seit dem Morgen.
    Ich war erschöpft, doch ich hoffte, dass die Lösung des Geheimnisses um die Leichen in Jekaterinburg nur ein paar Hundert Meilen entfernt lag.
    Der Flug nach Dublin über die Irische See dauerte eine knappe Stunde. Als das Flugzeug von Aer Lingus zur Landung ansetzte, erblickte ich die grüne irische Küste, über die dicke, dunkle Regenwolken hinwegzogen.
    Nachdem ich einen Wagen gemietet und in einer Straßenkarte nach dem kürzesten Weg gesucht hatte, war wieder eine Stunde vergangen. Es regnete unaufhörlich, als ich Richtung Norden fuhr. Ich konnte es kaum erwarten, mein Ziel zu erreichen.
    Pechschwarze Wolkenfelder verdeckten die Sonne, doch als ich in der Nähe einer Stadt namens Drogheda über eine große, moderne Brücke fuhr, brachen einzelne Strahlen durch die Wolken. Bald sah ich die irische Küste und die zerklüfteten Mourne Mountains vor mir. Es war ein eindrucksvolles Spiel leuchtend grüner Farbschattierungen, die so intensiv waren, dass meine Augen
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