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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow
Autoren: Glenn Meade
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sein.«
    Jakows Offenheit schockierte mich, doch er lächelte. »Seien Sie nicht traurig. Ich bin ein alter Mann und bereit, meinem Schöpfer gegenüberzutreten. Heute Nachmittag erzähle ich Ihnen, wie die mysteriöse Geschichte zu Ende ging.«
    Als mich Jakow an diesem Nachmittag im Briar Cottage begrüßte, wunderte ich mich wieder, wie schmächtig und krank er aussah. Er bat mich herein und bot mir einen Platz am Kamin an. Ich kam sofort zur Sache.
    »Sagen Sie mir, was aus Anastasia wurde.«
    »Sie lebte nicht mehr lange. Es tut mit leid, es sagen zu müssen. Aufgrund ihrer seelischen und körperlichen Verletzungen war ihr Gesundheitszustand miserabel.«
    »Haben Sorg und Anastasia sich wiedergesehen?«
    Jakow schüttelte den Kopf. »Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, obwohl mir der Gedanke gefallen würde. Ich weiß auch nicht, wohin sie gebracht wurde. Allerdings bin ich sicher, dass sie streng bewacht wurde und dass ihre letzten Jahre ein sorgsam gehütetes Geheimnis waren.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Das meiste hat mir Juri erzählt. Und Leonid Jakow. In dieser Sache müssen Sie mir einfach vertrauen.«
    Einerseits glaubte ich ihm. Vielleicht wollte ich es glauben, weil mich das Geheimnis um Anastasia Romanowa wie so viele andere auch nicht mehr losließ. »Sie sagen, Sie haben Juri kennengelernt.«
    »Bevor mein Vater starb, erzählte er mir die ganze Geschichte. Sein Geständnis machte mich so fassungslos, dass ich beschloss, Juri Andrew aufzuspüren – falls er noch lebte. Und genau das habe ich getan. Das Treffen hat uns beide ungeheuer berührt.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen.«
    »Verzeihen Sie, aber ich glaube nicht, dass Sie das können«, widersprach Jakow mir. Zuerst wollte er dem noch etwas hinzufügen, doch dann besann er sich eines Besseren.
    »Was wurde nach der Flucht aus Juri?«
    »Er und Nina begannen hier in Collon in der kleinen russischen Gemeinde ein neues Leben. Sie starb ein paar Jahre vor ihm. Sie sollen ein ruhiges Leben geführt haben.«
    »Glauben Sie, er hat Lydia geliebt?«
    »Sie wissen ja, wie es heißt: Wenn sich zwei Herzen lieben, kann sie nichts trennen. Ihr Tod hat ihn ebenso mitgenommen wie der seines Sohnes.«
    Ungeduldig stellte ich die nächsten Fragen, auf die ich mir ebenfalls Antworten erhoffte. »Wie kam es, dass Lydia in diesem Grab im Wald von Jekaterinburg endete? Warum hat Boyle sie nicht gerettet?«
    Jakow zögerte, und sein Blick verlor sich für einen Moment in der Ferne, ehe er antwortete. »Sie versteckte sich eine Zeit lang mit Jakows Tochter in Moskau. Einer von Boyles Agenten nahm Kontakt zu Lydia auf. Doch nach dem Massaker in Jekaterinburg brach in Russland das totale Chaos aus. Der Rückzug der Roten Armee und das Attentat auf Lenin lösten in Moskau eine Katastrophe aus. Hunger und Seuchen setzten den Menschen arg zu. Tausende starben. Lydia erkrankte. Und da sie Juris Kind unter dem Herzen trug, war es besonders schlimm für sie.«
    Alles in meinem Kopf drehte sich, als hätte mir jemand eine schallende Ohrfeige verpasst.
    »Gucken Sie mich nicht so schockiert an! Wenn man im Krieg so viele Tote sieht, haben Menschen oft den Wunsch, ihrem Glauben an das Leben nachzugeben. Es ist ein natürlicher, gottgegebener Instinkt.«
    Jakow verstummte kurz. »Als Boyle endlich den Kontakt herstellte, konnte Lydia aufgrund ihres schlechten Zustandes nicht mehr reisen. Sie hatte mit einer schwierigen Schwangerschaft zu kämpfen. Sobas Frau kümmerte sich um sie. Nachdem das Kind geboren worden war, brachte Jakow sie mit Sobas Frau wieder nach Jekaterinburg, da die Roten Moskau zurückerobert hatten. Von dort aus wollten sie über die Grenze nach Süden fliehen, sobald der Augenblick günstig war. Jakow besorgte Lydia eine Unterkunft und kehrte nach Moskau zurück. Er hatte vor, mit Katerina und Ninas Eltern zu Lydia zurückzukehren, damit sie alle gemeinsam fliehen konnten.«
    »Und was ging schief?«
    »Lydia ging eines Tages aus dem Haus, um Medikamente für ihr Kind zu kaufen, und geriet in eine Razzia. Der Rote Terror erreichte damals einen seiner Höhepunkte, und die Tscheka tötete einfach jeden, der ihnen verdächtig vorkam. Zahllose Unschuldige wurden auf den Straßen aufgegriffen und ermordet oder ins Gefängnis geworfen. Lydia wurde mit Hunderten anderer Gefangener in ein verseuchtes Lager außerhalb der Stadt gebracht. Als Jakow das erfuhr, reiste er nach Jekaterinburg, um ihre Freilassung durchzusetzen. Doch er kam zu spät. Lydia war an
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