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Operation Ocean Emerald

Operation Ocean Emerald

Titel: Operation Ocean Emerald
Autoren: Ilkka Remes
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daneben, das auch schon bessere Tage gesehen hatte. Der Regen war stärker geworden und hämmerte mittlerweile gegen die Windschutzscheibe. Ronny wischte sich die schweißigen Hände an der Hose ab und kurbelte das Fenster herunter.
    »Van den Borre. Fisch für das Kreuzfahrtschiff Ocean Emerald«, sagte er zum Pförtner.
    Dieser winkte ihn durch. Ronny trat aufs Gas und fuhr auf das Hafengelände. Hinter Lagerhallen und verrosteten Containern eröffnete sich ihm ein sagenhafter Anblick: Ein Luxusliner in abendlicher Festbeleuchtung trat aus dem Regenschleier hervor. Der weiße Rumpf, die Reihen der Balkone und die stromlinienförmigen dunklen Glasflächen schienen sich ins Unendliche fortzusetzen.
    Voller Respekt nahm Ronny den Anblick wahr.
    Die Ocean Emerald. Die Königin der Weltmeere. Ein Traum von 45   000   Tonnen. 240   Meter Luxus. Neun Decks für nobelsten Lebensstil. Fremde Städte, exotische Länder, neue Kontinente. Reisen für Leute, die schon alles gesehen und erlebt hatten.
    Diesmal auf dem Weg von Amsterdam über Kopenhagen, Helsinki und St. Petersburg direkt in die Hölle.
    Es schauderte Ronny, aber entschlossen schob er den Gedanken beiseite. Der Boss zahlte gut, alles andere spielte keine Rolle. Es durfte keine Rolle spielen.
     
    Wut und Scham hatten sich in Aaros Innerem in Rachsucht verwandelt. Niko, dieser Schuft. Alleine saß er im Hinterzimmer des Plattenladens.
    Er hatte bereits mehrere Intrigen gegen Niko ausgeheckt. Bis jetzt schien ihm die beste Variante zu sein, die Nummer von Nikos neuer Visa-Card für Wetten im Internet zu benutzen. Einmal hatte sich Aaro dazu hinreißen lassen, die Kreditkarte seiner Großmutter bei einer Internetwette einzusetzen. Anschließend hatte er seinem Vater versprechen müssen, dass so etwas nie wieder vorkommen würde, aber wenn man es genau nahm, betraf das Versprechen nur Omas Kreditkarte. Und Niko konnte Aaro nicht bei seinem Vater verpetzen, denn dann würde auch alles andere herauskommen.
    Nervös blickte Aaro auf die Uhr. Der Geschäftsführer hatte seine persönlichen Daten aufgenommen und versprochen, gleich wiederzukommen. Folterte er Ladendiebe, indem er sie auf ihn warten ließ?
    Denn ein Dieb war Aaro natürlich in den Augen des Geschäftsführers. Was immer er auch behauptete, es würde die DVD in seiner Tasche nicht in Luft auflösen. Als Ersttäter käme er vielleicht mit meiner Ermahnung davon, Niko hingegen müsste mit einer Anzeige rechnen. Und dann wäre die Kacke so richtig am Dampfen. Würde Aaro aber seinen Ärger jetzt für sich behalten, hätte er später ein wirksames Mittel in der Hand, mit dem er Niko bei Bedarf erpressen könnte. Zumindest würde das seinen Freund erst einmal bei gesunder Dankbarkeitslaune halten.
    Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Durch die Gitter vor dem Fenster fühlte sich Aaro erst recht in der Klemme. Die Fahrt nach Hamina, einschließlich der dabei möglicherweise abfallenden 5000   Euro, konnten sie für heute vergessen.
    Je mehr Aaro über die Situation nachdachte, desto entschlossener wurde er, über Nikos Rolle in dem Diebstahlversuch zu schweigen. Immerhin war Niko sein Freund und Aaro nahm Freundschaft nicht auf die leichte Schulter. Vielleicht hatte das auch damit zu tun, dass bei ihm die Freunde nicht gerade Schlange standen. Wegen des Jobs seiner Mutter hatte er die ersten drei Schuljahre in Genf gewohnt, dann wieder drei Jahre im finnischen Espoo, und vor zwei Jahren war er dann wegen des Jobs seines Vaters nach Brüssel gezogen. Sein einziger unveränderter Fixpunkt war das Haus seiner Oma in Porvoo, und Niko, der in der Nachbarschaft wohnte, kannte er schon, solange er denken konnte.
    Plötzlich ging die Tür auf und der Mann im weißen Hemd setzte sich zurück an den Schreibtisch. Er wählte die Telefonnummer, um die er Aaro zuvor gebeten hatte: die Nummer von Aaros Vater.
    Der Mann erklärte Timo Nortamo, wer er war und von wo er anrief. Dann fuhr er mit kühler Stimme fort: »Ihr Sohn ist gerade beim Ladendiebstahl erwischt worden.«
    Am liebsten hätte Aaro die Wahrheit laut herausgeschrien, aber er beherrschte sich. Der Mann drückte die Lautsprechertaste und Aaro hörte die verblüffte Stimme seines Vaters.
    »Aaro?«, fragte er, gerade so, als hätte er mehr als einen Sohn.
    »Können Sie herkommen?«
    »Ich glaube nicht, dass Aaro   …«
    »Wenn Sie keine Zeit haben, rufe ich die Polizei.«
    Für einen Moment war es still in der Leitung. »Ich bin Polizist. Genauer
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