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Operation Ocean Emerald

Operation Ocean Emerald

Titel: Operation Ocean Emerald
Autoren: Ilkka Remes
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hervor. Er blickte auf seine Schuhspitzen.
    »Geh ins Haus«, sagte Timo zu Aaro. »Ich rede kurz mit Niko von Mann zu Mann.«
    Aaro stieg aus und suchte unter der Eiscremedose, die seine Großmutter als Aschenbecher benutzte, nach dem Hausschlüssel. Einerseits wäre er gern bei der Hinrichtung dabei gewesen, andererseits wollte er lieber nicht hören, was sein Vater zu sagen hatte. Er tastete nach dem Schlüssel, konnte ihn aber nicht finden. War Mama schon gekommen?
    Er klopfte an. Im selben Moment schlug die Wagentür hinter Niko zu.
    Aaros Mutter öffnete die Haustür; sie nahm ihren Sohn in den Arm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Eine Woche lang hatten sie sich nicht gesehen.
    Aaro wand sich aus der Umarmung und ging schnurstracks in das kleine Zimmer, das ihm gehörte.
    »Was ist denn los?«, rief ihm seine Mutter hinterher.
    Aaro drehte den uralten Schlüssel im Schloss. »Nichts«, rief er mit belegter Stimme durch die geschlossene Tür hindurch. Am Morgen hatte er auf dem Tisch einige Dinge bereitgelegt, die auf der Tour nach Hamina eventuell nützlich sein konnten, darunter die Walkie-Talkies mit einer Reichweite von knapp einem Kilometer. Sie hatten ursprünglich zu dem Detektiv-Set gehört, das er einmal von seiner Großmutter bekommen hatte und das auch echtes Fingerabdruckpulver, eine Lupe und einen Morseapparat enthielt.
    Einige Bücher im Regal hatten mit dem gleichen Themenbereich zu tun, zum Beispiel das
Intelligence Yearbook
oder
Covert Surveillance
. Er hatte sie bei Amazon bestellt. Von seinem Vater bekam er nie Material, das mit Spionage oder Kriminalität zu tun hatte. Es war lächerlich, dass ein Mann, der im Auftrag der EU in der Verbrechensaufklärung arbeitete, sich außerhalb der Dienstzeit aufführte, als hätte er noch nie etwas von Kriminalität gehört. Unter den Büchern befanden sich auch vier alte Jahrgänge des
Guinness-Buch der Rekorde
. Die anderen Bände standen zu Hause in Brüssel.
    Es klopfte an der Tür. »Was hast du?«, fragte seine Mutter.
    »Nichts. Hab ich doch schon gesagt.«
    Die Atmosphäre, die der Kachelofen und die alten Tapeten erzeugten, wurde durch den Computer auf dem Tisch effektiv gebrochen. Aaro hatte den Rechner aus drei alten PCs zusammengebaut und in einem supermodernen Kunststoffgehäuse untergebracht. Sein Vater mochte alles,was alt war, darum hatte Aaro ihm seinen alten Computer geschenkt, den er zuvor in das Gehäuse eines antiken Röhrenradios eingebaut hatte.
    An der Wand hing ein riesiges Poster, das Aaro von seiner Mutter geschenkt bekommen hatte. Es zeigte ein Kohlenstoffatom. Und aus dem Regal quollen Ausgaben der Zeitschriften
Wissenschaft
und
Mikrobyte
. Seine Mutter arbeitete im Kernforschungszentrum CERN in Genf und besuchte den männlichen Teil der Familie immer nur am Wochenende in Brüssel. Jetzt war sie direkt aus Genf für ein paar Urlaubstage außer der Reihe nach Finnland gekommen.
    Aaro sah aus dem Fenster. Im Hof stieg Niko gerade mit rotem Gesicht aus dem Wagen. Aaro schloss seine Zimmertür auf und marschierte hinaus, begleitet vom fragenden Blick seiner Mutter. Auf der Treppe kam ihm sein Vater entgegen.
    »Heute gehst du nirgendwo mehr hin.«
    Aaro tat so, als hätte er den Befehl seines Vaters nicht gehört, und rannte Niko hinterher. Vor dem Tor holte er ihn ein. Sie standen im gelblichen Schein der altmodischen Straßenlaterne.
    »’tschuldige«, sagte Niko.
    Aha. Sein Vater hatte ihm also befohlen, sich bei Aaro zu entschuldigen.
    »Das mit Hamina wird heute nichts mehr«, fuhr Niko fort. »Wie lange seid ihr noch hier?«
    »Vier Tage. Montag früh fliegen wir nach Brüssel.«
    »Dann lass uns am Sonntag hinfahren.« Niko senktedie Stimme zu einem Flüstern. »Dein Vater würde ausrasten, wenn er wüsste, was wir vorhaben.«
    »Er ist schon ausgerastet. Und ich auch. Das hast du doch hoffentlich kapiert, du Pfeife.«
    »Sorry. Ich mach’s wieder gut.«
    »Einen schlechten Ruf kann man nicht so leicht wiedergutmachen.«
    »Wenn wir bei dem Ding in Hamina 5000 rausholen, gebe ich dir 3000 davon ab«, flüsterte Niko. »Fünfhundert mehr als vereinbart. Als Wiedergutmachung. Reicht das?«
    Aaro begnügte sich mit einem Schnauben. Trotzdem spürte er ein angenehmes Kribbeln im Bauch.

5
    Vier Tage später
    Riesig, weiß und majestätisch lag die Ocean Emerald am Katajanokka-Kai von Helsinki. Ein kräftiger Wind trieb Wolken über den Himmel, hinter denen immer wieder die Sonne hervorkam.
    Auf dem Schiffsdeck, auf dem
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