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Operation Glueckskeks

Titel: Operation Glueckskeks
Autoren: York Pijahn
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Motoren repariert, Zeppeline betankt, Mondlandungen plant. Dass auch wir, so lange wir denken können, nur improvisieren und das Wort »Bruttosozialprodukt« zwar schreiben, aber seine Bedeutung nicht wirklich erklären können. Fünf Wörter: Wir haben Angst vor Blamage.
    Was tun? Von klugen Frauen zu verlangen, sich blöd zu stellen, um einen Typen abzubekommen, wäre ungefähr so, als würde man von einem Rennpferd verlangen, zu hinken und in einem Teletubby-Kostüm auf die Rennbahn zu gehen, nur weil es dann Applaus bekäme. Es klingt grotesk, und genauso wirkt es auch, wenn offensichtlich kluge Frauen in der
Gegenwart von Männern ihren Intelligenzquotienten runterregeln und plötzlich mit Kieksstimme reden, als hätten sie sich die Heliumballons eines ganzen Kindergeburtstags reingezogen. Und am Telefon »Tschie-hieß!« statt »Tschüss!« sagen.
    Ratlos? Nein, eine weitere Studie über Männer und Frauen, diesmal aus Australien, macht Hoffnung. Der Untersuchung zufolge sind die glücklichsten Ehemänner nicht die, die eine Dumpfbacken-Barbie haben, sondern jene, die eine kluge Frau geheiratet haben. Wie das? Ich stelle mir vor, wie so ein australisches Paar gemeinsam den neuen Computer aufbaut. Wie der Mann scheitert, immer die falschen Tasten drückt, die Kiste nicht laufen will, bis seine Frau das Problem in die Hand nimmt, so etwas wie »anderes Betriebssystem« nuschelt, dann »Neustart« drückt und das Ding zum Schnurren bringt. Ich stelle mir vor, wie der Mann leicht zerknirscht sagt: »Aber Baby, erzähl das bitte nicht meinen Kumpeln in der Bar.« Ich stelle mir vor, wie zwischen den beiden ein Lächeln hin- und herflitzt und die Frau dann sagt: »Keine Bange, Sugar. Das bleibt wie immer unser Geheimnis.«
    Warum intelligente Frauen so oft Single bleiben? Weil Männer ständig Angst haben, enttarnt zu werden.

In weiter Ferne so nah: Liebe in zwei Städten
    W enn mich meine Chefin irremachen will, legt sie Konferenzen auf Freitag, 17 Uhr. Und ich rede hier von der richtig amtlichen Sorte von irre. Bei der man den Kopf rhythmisch an die Bürowand wummst. »Bitte, wumms, nicht, wumms, um, wumms, 17 Uhr!«
    Menschen mit Fernbeziehung kommen am Freitag mit einem Rollkoffer ins Büro, ihnen hängt der Mief des Sonnenstudiobesuchs in der Haut, denn sie wollen ja heute Abend gesund gebräunt aussehen und nicht abgewohnt, mürbe und beige. Sie haben eine neue Jeans an, eine Körpersprache wie ein Sprinter im Startblock und können, selbst wenn sie an den Füßen aufgehängt würden, die Abfahrtszeiten sämtlicher ICEs aufsagen. Sie empfinden Konferenzen am Freitag um 17 Uhr als Leberhaken in die Privatsphäre. Sie halten die Luft an. Und atmen erst komplett aus, wenn sie Platz genommen haben. Um 17.32 Uhr im ICE von Dresden nach Frankfurt, im Auto von Bayreuth nach Berchtesgaden oder, wie in meinem Fall, im ICE von Hamburg nach Berlin. Ich gehöre jetzt dazu, zu der Völkerwanderung of Love, kenne die Speisewagenkarte mittlerweile so gut wie meinen Personalausweis. Tee, Hühnerfrikassee, Schokomuffin. Bestellen, essen, zahlen, aussteigen.

    Wie gesagt, ich bin nicht allein. Jede achte Beziehung der Republik ist eine Fernbeziehung. Ein Tross von rund einer halben Million Menschen macht sich jedes Wochenende auf die Reise, pendelt zwischen »hier bei mir« und »dort bei dir«. Klingt romantisch, oder? Kein Wunder, denn der Fernbeziehungsmensch ist ein Genie im Schönreden. Hamburg - Berlin, das sind für mich nicht 257 Kilometer, sondern hundert Zugminuten.
    Illu. 5

    Fragt man den Fernbeziehungsmenschen, wie das Wochenende war, sagt er immer »schön« - denn wie schlimm wäre es, nach all den Kilometern, dem Leben aus der Reisetasche, den doppelt angeschafften Joggingschuhen, Zahnbürsten, Pyjamas, Handyaufladekabeln und all den Taxifahrten am Ende einfach nur ein »ganz okayes« Wochenende zu haben? Sie merken schon: Die Erwartungslatte hängt hoch, und jeden Freitag wird gesprungen. Und alle Regler werden nach oben gedreht. Dreimal essen gehen, ein Konzert am Samstag, eine Ausstellung am Sonntag, im Bett frühstücken, zusammen baden. Genug Programm, um eine Urlaubswoche zu füllen, komprimiert in 48 Stunden. Das Weekend wird ausgepresst wie eine Orange, dann wird die Schale abgenagt, der Stängel gekaut, keine Zeit darf verschwendet werden.
    Menschen mit Fernbeziehungen kommen freitags mit Koffer ins Büro und kennen sämtliche ICE-Abfahrtszeiten.
    Der Samstag ist der beste Freund des
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