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Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)

Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)

Titel: Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)
Autoren: Stephan Orth
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alle Menschen ohne Unterschied treffen, also offenbar nicht an denen sondern in seinem Denkgehäuse zu finden sind. Niedlich war ja auch der Satz in seinem Bericht, wo er von den Chronometern spricht und sagt, es sei so beruhigend gewesen wenigstens ein Ding mitzuhaben, auf das man sich unbedingt verlassen konnte. Die Leser müssen ja denken, »der arme Mann, nicht einmal auf seine Begleiter hat er sich verlassen können!«
    Aachen, 8. Juli 1913, Brief an Roderich
    Lieber Roderich! Die Typen von Hoessli sind fein. Das Bild von den heulenden Hunden ist grossartig, ich habe mich sehr darüber gefreut. Es ist sehr schad, dass wir nicht in der selben Stadt wohnen, schon wegen der Erinnerungen. Heute vor einem Jahr war glaube ich der Sturmtag im Zelt. Man hätte doch Tagebuch führen sollen. Der Q. hat mir persönlich keine Mitteilung von der Geburt seines Sohnes gemacht, gehört habe ich es von zu Hause, demgemäss werde ich auch nicht gratulieren. ... Was knobelst Du denn für Dich, Architektur oder Segelflieger oder Philosophie? ... Ich freu mich auf Zürich, besonders wenn wir die Grönlanderinnerungen wieder auskramen. So ein Glück, dass wir da haben mitdürfen. Es wird immer traumhafter je weiter es zurückliegt.
    Roderich Fick († 13. Juli 1955 in München)
    Zürich, 22. Oktober 1912, Tagebuch der Mutter
    Roderich weiß nicht wonaus mit seiner Kraft, u. es liegt ein Schimmer über unserem ganzen Haus, von Fröhlichkeit u. Glückseligkeit.

21. Mai 1916
    Pamplona, Spanien, Tagebuch Roderich Fick
(in Kriegsgefangenschaft)

    Schon 2 Wochen in Spanien! Der Roland schon über 1 / 4 Jahr tot! Damit ein grosser Teil meiner Welt als Vorstellung vernichtet, nie ist für mich so viel auf einmal gestorben. Deswegen vielleicht immer noch so unbegreiflich, trotzdem im Krieg das Sterben eine so selbstverständliche Sache ist und trotzdem ich durch die Nachricht garnicht besonders überrascht war. Seit dem Grenzübertritt – etwa um die selbe Zeit als der Roland fiel – hatte ich besonders Angst auf eine solche Nachricht, da ich selbst damals verhältnismässig in Sicherheit war und mir die Wahrscheinlichkeit sagte, dass auch der Roland bei der langen Kriegsdauer einmal getroffen werden müsse. Mindestens erwartete ich eine schwere Verwundung. ... 2 Briefe hab ich für ihn noch hier liegen, die er nicht mehr lesen kann. ...
    Die Grönlanderinnerungen hab ich in Afrika für mich und für den Roland fertig aufgeschrieben. Er ist der einzige, der unsere Grönlandreise mit richtigem Verständnis mit genossen hat. Ich habe nach der Grönlandreise erfahren, dass man eigentlich so etwas nur für sich allein erlebt und die Erlebnisse einem, der nicht mit dabei war, eben nicht durch Erzählen übermitteln kann. Beim Roland allein mag das halbwegs gelungen sein. Darum hatte ich ihm, als ich in den Krieg gieng, für den Fall seines Überlebens meine grönländischen Aufzeichnungen vermacht.

28. Februar 1919
    Pamplona, Spanien, Tagebuch Roderich Fick

    Und warum habe ich mich nicht irgendwo an die Front gestellt? Dort sind Siege zu erringen und das höchste Glück! Für welchen Frontabschnitt hätte ich mich geeignet? Architektur sei auch ein Frontabschnitt? Ja wenn ein Architekt beschäftigt ist, aber ich scheine bis ins Unabsehbare in Reserve hinter der Front zu bleiben, und vorne sind so viele weniger Fähige in Tätigkeit. ... Nun scheint es eben so zu bleiben: Die Leistung meines Lebens an einer Front ist die Grönlandreise.

25. April 1943
    Herrsching am Ammersee, Tagebuch Roderich Fick

    Das Einrichten und Umrichten der Wohnung ist ein Ordnung machen in mir selbst und ein Rückblick auf Vergangenes. Da kommen mir namentlich Werkzeuge beim Räumen in die Hand, die tiefes Jugendglück bei ihrem Erwerb für mich bedeutet haben. Die Glückserinnerungen leben auf und sinken zurück. Leider komme ich ja nicht mehr oft in die Lage, ein Werkzeug zur Hand zu nehmen, und doch habe ich diese alten Hobel und Meissel um mich. In meinem Arbeitsraum kann ein Schraubstock nicht fehlen und die Bleistifte werden mit Meisseln gespitzt, die auch selber geschliffen werden. Alte Instrumente, die mit der Grönlandreise verbunden waren, kommen in meine Hand, werden gereinigt. Der Seesextant und mein englischer Grönlandkompass, der mich quer durch das Inlandeis geführt hat.

Epilog
Herrsching am Ammersee, 22. Oktober 2012

    Mein Vater schläft jetzt wieder in dem Daunenschlafsack, den er für unsere Familienexpedition nach Grönland gekauft hat,
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