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Olympos

Titel: Olympos
Autoren: Dan Simmons
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Stimme hundertmal deutlicher zu verstehen war als die der Wi t we.
    »Als Apollo diese Heimtücke sah, brachte er meinen Gemahl per Quantenteleportation zu den Hängen des Ida-Gebirges, wo ich seit zehn Jahren und länger in der Verbannung lebe«, fuhr Oinone fort.
    Nun ertönten ein paar Rufe, aber auf dem riesigen Mark t platz, der mit Tausenden trojanischer Krieger gefüllt war, wie auch auf den von Menschen wimmelnden Mauern und D ä chern darüber herrschte weitgehend Stille. Alle warteten.
    »Paris flehte mich an, ihn wieder aufzunehmen«, rief die we i nende Frau, deren nasse Haare nun ebenso stark dampften wie ihre Kleider. Selbst ihre Tränen schienen zu Dampf zu werden. »Er starb am griechischen Gift, sein einst geliebtes Gemächt und der Unterleib waren bereits schwarz, aber er flehte mich an, ihn zu heilen.«
    »Wie könnte ein alter Drache wie du ihn von tödlichem Gift he i len?«, rief Hektor, der zum ersten Mal das Wort ergriff. Seine Stimme dröhnte wie die eines Gottes durch die Flammen.
    »Ein Orakel hatte meinem Gemahl erzählt, nur ich könne bewi r ken, dass er von einer solch tödlichen Verletzung genese«, erw i derte Oinone laut, aber entweder versagte ihr nun die Stimme, oder sie verlor sich in der Hitze und im Tosen der Flammen. Menelaos hörte, was sie sagte, aber er glaubte kaum, dass die Mehrheit der Menschen auf dem Platz ihre Worte ve r nahm.
    »In seinen Qualen hat er mich beschworen, Salbe auf seine ve r giftete Wunde zu tun«, schluchzte die Frau. » › Hass mich nicht ‹ , hat er mich angefleht, › ich habe dich nur verlassen, weil die Moiren mir befohlen haben, zu Helena zu gehen. Ich wäre lieber gestorben, bevor ich diese Hündin in Priamos ’ Palast brachte. Ich flehe dich an, Oinone, bei der Liebe, die wir füreinander empfu n den, und den Schwüren, die wir einmal abg e legt haben, vergib mir und mach mich gesund. ‹ «
    Menelaos beobachtete, wie sie zwei weitere Schritte auf den Scheiterhaufen zutrat, bis Flammen sie umzüngelten, ihre Kn ö chel schwärzten und ihre Sandalen kräuselten.
    »Ich habe ihm seine Bitte abgeschlagen!«, rief sie mit heiserer, aber wieder lauterer Stimme. »Er ist gestorben. Meine einzige Li e be, mein einziger Geliebter, mein einziger Gemahl ist g e storben. Er ist unter schrecklichen Schmerzen gestorben, mit schrillen, obszönen Flüchen auf den Lippen. Meine Dieneri n nen und ich haben versucht, seinen Körper zu verbrennen – damit mein a r mer, von den Moiren zum Tode verurteilter Gatte die Feuerbesta t tung eines Helden bekam, die er verdiente –, aber die Bäume w a ren stark und schwer zu fällen, wir waren Frauen und schwach, und so ist es mir nicht einmal gelungen, auch nur diese einfache Aufgabe zu erfüllen. Als Phöbus Apo l lo sah, wie jämmerlich wir mit Paris ’ sterblichen Überresten umgesprungen waren, bekam er zum zweiten Mal Mitleid mit seinem gefallenen Feind, brachte Paris ’ geschändeten Körper zum Schlachtfeld zurück und ließ den verbrannten Leichnam aus der Langsamen Zeit fallen, als wäre er im Kampf verbrannt. – Es tut mir Leid, dass ich ihn nicht geheilt habe«, rief Oinone. »Es tut mir alles so Leid.«
    Sie drehte sich für einen kurzen Moment um und schaute zur Tribüne hinauf, aber es war fraglich, ob sie die Menschen dort durch den Hitzeschleier, den Rauch und den Schmerz ihrer tr ä nenden Augen deutlich sehen konnte. »Doch wenigstens hat diese Hündin Helena ihn nicht mehr lebendig zu Gesicht b e kommen.«
    In den Reihen der Trojaner erhob sich ein Gemurmel, das sich zu lautem Geschrei steigerte.
    Jetzt erst – zu spät – liefen ein Dutzend trojanischer Wachpo s ten auf Oinone zu, um sie zur weiteren Befragung zurückzuze r ren.
    Sie stieg auf den brennenden Scheiterhaufen.
    Als Erstes ging ihr Haar in Flammen auf, dann ihr Gewand. U n glaublicherweise stieg sie immer höher auf den Holzhaufen e m por, selbst als ihre Haut brannte, schwarz wurde und sich aufrol l te wie verbranntes Pergament. Erst in den letzten Sekunden, b e vor sie fiel, wand sie sich sichtbar vor Schmerzen. Aber ihre Schreie erfüllten den Platz noch minutenlang, wie es schien, und brachten die schockierte Menge zum Schweigen.
    Als die versammelten Trojaner ihre Stimme wiederfanden, schrien sie nach Philoktetes und verlangten, dass die achäische Ehrenwache ihn herausgab.
    Wütend und verwirrt schaute Menelaos die Treppe hinauf. Pr i amos ’ königliche Wache hatte jetzt sämtliche Personen auf der Tribüne umringt. Der
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