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Olivers Versuchung

Olivers Versuchung

Titel: Olivers Versuchung
Autoren: Tina Folsom
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umgezogen waren, wusste sie nicht. Aber eines Nachts hatten sie einfach alles und jeden auf mehrere LKWs geladen und das Gebäude verlassen, in dem sie ihr blutiges Geschäft betrieben hatten.
    Als der Schlüssel sich im Schloss drehte, blickte Ursula zur Tür. Die Tür öffnete sich und gab die Sicht auf den Wärter frei, der gekommen war, um sie zu dem Raum zu führen, wo dem nächsten Kunden schon das Wasser im Munde zusammenlief, während dieser darauf wartete sie zu kosten. Von allen Wachen hasste sie Dirk, der sie diesmal holte, am meisten. Er hatte sichtliches Vergnügen daran, sie leiden zu sehen und zu beobachten, wie sie Nacht für Nacht gedemütigt wurde.
    Es waren immer mindestens vier Wachen auf Dienst für die etwa dreizehn Gefangenen – wenn sie richtig gezählt hatte – obwohl sich mehr Vampire im Gebäude befanden. Ob sie mit der Anzahl der Frauen richtig lag, konnte sie nie ganz sicher sagen: Vor kurzem waren zwei neue Frauen hierher gebracht worden. Auch war es schon eine Weile her, seit sie ein Mädchen namens Lanfen gesehen hatte. War sie gestorben? Hatten sie vielleicht doch zu viel aus ihrem zerbrechlichen Körper gewrungen? Ursula erschauderte bei dem Gedanken. Nein, sie konnte nicht aufgeben. Sie musste weiterkämpfen und hoffen, dass sie irgendwie gerettet werden würde.
    „Du bist dran“, befahl Dirk mit einer Bewegung seines Kopfes.
    Sie gehorchte, wie sie es immer tat, und setzte einen Fuß vor den anderen, wohl wissend, dass er tun würde, was auch immer notwendig war, um sicherzustellen, dass sie seinem Befehl folgte. Und Mittel und Wege dafür kannte er genug. Sie hatte alle bereits am eigenen Leibe erfahren und konnte mit Bestimmtheit sagen, dass sie keine seiner Methoden mochte.
    Als sie mit hoch erhobenem Kopf an ihm vorbeiging, spürte sie, wie er sich bewegte. Sein Mund war plötzlich an ihrem Ohr.
    „Ich beobachte dich am liebsten. Du hast mehr Mut als alle anderen zusammen. Das macht es umso aufregender. Habe ich dir jemals gesagt, wie mich das antörnt?“
    Ein kalter Schauer des Ekels lief ihr über den Rücken.
    „Ich muss mir danach immer einen runterholen.“
    Ursula schloss die Augen und schluckte die Galle hinunter, die bei seinen Worten in ihr hochstieg. Wie konnte er es wagen, sie mit etwas zu verhöhnen, das für sie und die anderen Frauen, die sie entführt hatten, unerreichbar war?
    Als sie sich umdrehte und ihn anfunkelte, lachte er nur.
    „Oh, ich vergaß, das ist richtig, du kannst ja nicht kommen, oder? Trotz der Erregung, die wir dir erlauben zu spüren, wirst du nie zum Höhepunkt kommen. Schade.“
    Ohne nachzudenken, spuckte sie ihm ins Gesicht. „Du krankes Schwein!“
    Langsam wischte er die Spucke aus seinem Gesicht und starrte sie mit rot flackernden Augen an. Es dauerte nur eine Sekunde, bis seine Fangzähne zum Vorschein kamen. Dann schlug er ihre Wange mit der Rückseite seiner Hand so heftig, dass sie fürchtete, die Wucht würde ihren Kopf von ihren Schultern reißen.
    Der Schmerz raste durch sie hindurch. Es war ein Gefühl, das sie gelernt hatte, in einem viel größeren Ausmaß zu ertragen, als sie es je für möglich gehalten hätte. Trotzig blickte sie ihn an. Es war ihr bewusst, dass er sie nicht noch mehr verletzen konnte. Sie war zu wertvoll. Er konnte nicht die Gans, die die goldenen Eier legte, töten. Sein Chef würde ihn dafür in Staub verwandeln, ohne auch nur einen Gedanken zu verlieren.
    Dirk hielt sich mit allerletzter Kraft im Zaum, das konnte sie in seinen roten Augen und an der Art und Weise, wie die Sehnen an seinem Hals hervortraten, erkennen. Für einen Augenblick erfüllte es sie mit Stolz: Sie hatte ihn wütend gemacht.
    Eins zu Null für den Menschen .
    „Pass auf, Ursula, eines Tages wirst du dafür bezahlen!“
    „Aber nicht heute, Vampir!“
    Denn heute wartete ein Kunde auf sie. Und dieser wollte seine Ware makellos. Schließlich zahlte er einen hohen Preis dafür.
    Ursula hatte gehört, wie die Wachen über die Summen redeten, die die Hände wechselten, und war schockiert gewesen. Zur gleichen Zeit hatte es ihr bewusst gemacht, wie wertvoll jede der Frauen war, die sie hier gefangen hielten. Und dass sie es sich nicht leisten konnten, auch nur eine davon zu verlieren. Diese Tatsache gab ihr ein kleines Gefühl von Macht.
    Ursula drehte sich um und ging vor Dirk her. Sie unterdrückte den Drang, ihre Wange zu berühren, um den Schmerz zu lindern. Sie würde ihm nicht die Befriedigung geben, ihm zu zeigen, dass
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