Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
Vom Netzwerk:
die Menschheit dringend neue Gesellschaftsmodelle braucht. Es muss endlich Schluss sein mit diesem Pseudo-Humanismus! Mit diesem langweiligen Gelaber! Den ewigen Intrigen! Ob sie es wollen oder nicht, mir gehört die Zukunft … Schon bald werden sie das begreifen, und dann werden sie für ihre herablassende Haltung mir gegenüber teuer bezahlen.«
    Passend zu seinem Größenwahn begleitete Orthon jeden seiner Sätze mit einer theatralischen Geste, einem übertriebenen Stirnrunzeln, einer arroganten Pose oder einem überheblichen Blick. Markus und Gregor hingen an seinen Lippen, Oksa und Gus hingegen wurden von wachsender Panik erfasst. Die Junge Huldvolle bemerkte, wie Tugdual sich an seinem Sessel festklammerte wie an einem Rettungsring.
    »Einige sind nicht klug genug, um mir zu folgen, andere lassen außer Acht, was ich der Welt alles zu bieten habe«, fuhr Orthon mit lauter Stimme fort. »Nun, das tut mir leid für sie, aber sie kommen als Erste auf meine schwarze Liste. Da wir jetzt einen Verbündeten an der Spitze des sogenannten mächtigsten Landes der Welt haben, können wir zur nächsten Phase übergehen …«
    Er sprang mit einem Satz auf und reckte stolz den Kopf in die Höhe.
    »Meine Söhne, mein Freund, das Tor zu einer neuen Welt steht von nun an weit offen! Die Zukunft, das bin ich, das sind wir!«

Ein grauenhafter Ausblick
    O rthon ließ sich von seiner Begeisterung mitreißen, seine Stimme wurde immer lauter. In diesem Augenblick vibrierte ein Mobiltelefon und klingelte dann.
    »Hallo?«, meldete sich Orthon. Er lauschte kurz, dann strahlte sein Gesicht plötzlich große Zufriedenheit aus.
    »Sehr gut!«, rief er. »Bringt sie in die Zimmer, die im fünften Stock für sie vorbereitet sind.«
    Er schob das Telefon wieder in seine Hosentasche und klatschte in die Hände.
    »Ich muss zu meinen Gästen«, verkündete er und steuerte auf die Tür zu.
    Als seine Hand bereits auf der Klinke lag, drehte er sich noch einmal um.
    »Tugdual, mein Lieber, kümmere du dich so lange um das Mädchen.«
    Orthons Worte, zusammen mit Tugduals leerem Blick, erschreckten Oksa zutiefst. Von wem sprach er? Etwa von ihr? Und wenn er sie nicht meinte, wen dann? Ihre Haut juckte, am liebsten hätte sie sich von den Invisibellen befreit, um sich auf Orthon zu stürzen und ihn mit einer Crucimaphilla ein für alle Mal zu erledigen, damit das alles endlich vorbei war und sie wieder ein normales Leben führen konnten.
    Wie früher.
    »Ja, Vater«, erwiderte Tugdual ausdruckslos.
    Doch nichts würde je wieder so sein wie früher.
    Nie mehr.

    Das Büro wurde wieder in Dunkelheit getaucht, die Tür abgeschlossen, und die Schritte der vier Treubrüchigen entfernten sich.
    Oksas Herzschlag beruhigte sich endlich wieder ein bisschen.
    »Meine Huldvolle, in diesem Raum seid nur noch Ihr, Euer Freund und Euer Diener«, verkündete das Wackelkrakeel. »Doch auf diesem Stockwerk sind mittlerweile noch zwei weitere Menschen und auch noch andere Lebewesen hinzugekommen.«
    »Wer denn?«, flüsterte Oksa.
    Das Wackelkrakeel hatte keine Zeit mehr zu antworten: Hinter einem der Spionspiegel, der fast die gesamte Wand einnahm, ging das Licht an. Vom Büro aus konnte man alles sehen, was sich im Labor nebenan abspielte.
    Zwar konnten die sechs Durchscheinenden nicht durch den Spiegel blicken, aber das hinderte sie nicht daran, Oksas und Gus’ Anwesenheit zu spüren. Sie klebten an der blinden Fläche, ihre Umrisse zeichneten sich im Gegenlicht ab.
    Erneut wurde Oksa von Panik erfasst, und das Ringelpupo an ihrem Handgelenk begann zu pulsieren. Die Junge Huldvolle ließ die Invisibellen in ihrem Granuk-Spuck verschwinden, während Gus vorsichtig aus dem Schrank stieg und zu ihr trat.
    »Was sind das denn für Monster?«, stammelte er verstört.
    »Orthons Durchscheinende, vermute ich«, murmelte Oksa.
    Die Geschöpfe waren knapp einen Meter dreißig groß. Ihre Blöße offenbarte jedes Detail ihrer hässlichen Gestalt: schwarze Adern, die unter der fahlen Haut pulsierten, ein übertrieben gewölbter Rumpf, riesige, knochige Knie, ein überdimensional großer Kopf mit einem winzigen dunkelroten Mund, eine zurückgebildete Nase … Vor allem aber hatten sie riesige, gierige Augen, mit denen sie das fixierten, was sie zwar nicht sehen konnten, was ihnen aber dennoch große Lust einflößte: zwei bis über beide Ohren verliebte Jugendliche.
    Zum Glück für Oksa und Gus konnten Orthons Durchscheinende nicht sprechen. Sie brachten gerade einmal
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher