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Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Odyssee: Fischer Klassik PLUS (German Edition)
Autoren: Homer
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man Odysseus als Werkzeug der Götter verstehen kann, die die letzten Garanten des Rechtes sind. In dieser Vorstellung liegt die Gewähr für den guten – untragischen – Ausgang des Geschehens.
    Die Odyssee präsentiert auch eine neue Art Held, weit entfernt von den Haudegen der Ilias . Im Vergleich zu deren düster strahlendem Haupthelden Achill ist Odysseus ein ›menschlicherer‹ und ›sozialerer‹ Charakter; sein Heldentum ist durch Klugheit und Phantasie, Verantwortungsgefühl und Humor, Umsicht und Rechtlichkeit, Festigkeit und Geduld, Selbstbeherrschung und Verstellungskunst gekennzeichnet. Der Liebling der verstandesklaren Athene ist frei von Hass, falscher Ehrsucht und Eitelkeit. Auch als Herrscher und König erscheint Odysseus vorbildlich. Das Heroische der mythischen Zeit ist kaum mehr als ein ferner Hintergrund; der politische Standpunkt des Werks ist nicht mehr ausschließlich feudalaristokratisch, sondern auch vom Hervortreten anderer Bevölkerungsgruppen geprägt.
    Sprachlich ist die Odyssee gekennzeichnet durch die Merkmale des ›epischen‹ Stils: eine durchgehend ›hohe‹ Stillage mit stereotypen (noch aus dem mündlichen Dichten stammenden) Phrasen und Epitheta. Bemerkenswert ist die differenzierte Zeichnung einer großen Zahl lebensvoller Gestalten. Die aus der Ilias bekannten epischen Gleichnisse treten zurück zugunsten einer pointierteren Gnomik.
    Die Wirkung der Odyssee auf die europäische Literatur ist unabsehbar. Schon in der Antike als Darstellung und Ausdruck griechischen Wesens zur Schullektüre erhoben, lieferte sie mehreren philosophischen Schulen einprägsames Anschauungsmaterial. Aristoteles und nach ihm die klassizistische Poetik sahen in ihr Begriff und Gestalt des Epos überhaupt, und so wurde sie zum Ausgangspunkt der Gattung schlechthin: Vergils Aeneis ist in formaler und inhaltlicher Hinsicht ohne die Odyssee undenkbar. Ihre strukturbildenden Momente der Abenteuerreihung und Sensationsmalerei leben weiter in der höfischen und nichthöfischen Epik des Mittelalters und fanden später (aber auch schon in der Antike selbst) Eingang in den populären Abenteuerroman. In der deutschen Literatur spielte das Werk in der Epoche des Klassizismus eine entscheidende Rolle in der Diskussion um den Hexameter und die Erneuerung des Heldenepos; die Versübersetzung von Johann Heinrich Voß (1781) ist auch durch die moderneren Versionen Thassilo von Scheffers, Rudolf Alexander Schröders oder Wolfgang Schadewaldts nicht überholt.
    Richard Mellein / Heinz-Günther Nesselrath
    Aus: Kindlers Literatur Lexikon. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold (ISBN 978-3-476-04000-8). – © der deutschsprachigen Originalausgabe 2009 J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart

Aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur:
    Homer
    Mitte 8. Jh. v.Chr.
    »Sieben Städte zankten sich drum, ihn geboren zu haben;/Nun, da der Wolf ihn zerriß, nehme sich jede ihr Stück!« So beschrieb Schiller die Wirkung von Friedrich August Wolfs Prolegomena ad Homerum von 1795. Gute 150 Jahre lang tobte dann ein Kampf zwischen Analytikern, die zahllose Ungereimtheiten und Widersprüche in Homers Ilias und Odyssee konstatierten und daraus auf unterschiedliche Autoren schlossen, und Unitariern, die an der einheitlichen Autorschaft festhielten. Heute neigt die große Mehrheit der Philologen, zumal der deutschsprachigen, wieder der These zu, die wohl einem unbefangenen Homerleser stets am nächsten gelegen hat, dass nämlich Ilias und Odyssee dichterische Werke von besonderer poetischer Kraft und hoher Einheitlichkeit sind. Die Argumente der Analytiker sind darum aber durchaus nicht vergebens gewesen, haben sie doch den Blick für die Eigentümlichkeiten der Vorgehensweise H.s sehr geschärft und dazu geführt, dass sozusagen kein Vers seiner beiden großen Epen unumgedreht geblieben ist. Eine wirkliche Wende in der Forschung brachte dabei die Oral poetry-Theorie, die Ilias und Odyssee mit rein mündlicher, improvisierender Heldendichtung vom Balkan verglich und nachweisen konnte, dass viele formale Eigenschaften von H.s Werken (feststehende Epitheta, deklinierbare Versteile; Verswiederholungen, typische Szenen, Kataloge) nur vor dem Hintergrund einer langen mündlichen Tradition und einer selber noch überwiegend mündlichen Kompositionstechnik verstanden werden können. Vor allem ermöglicht es diese Theorie, gewisse ›Versäuberungskanten‹ im
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