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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder
Autoren: Robert Gordian
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das zweite Kloster als Mann verkleidet. Der Teufel aber ritt mit ihr und fuhr fort, ihren Sinn zu verwirren. Sie hörte nur noch auf seine Befehle. Warum hattest du sie verlassen, Herr … eine, die dir so eifrig diente?“
    Ein Stöhnen entrang sich der Fausta, das aber ebenso ein zorniges Schnauben sein konnte. Sie bäumte sich auf, warf sich aber gleich wieder hin und lag nun lang hingestreckt auf beiden Stufen, wobei ihr Kopf schon fast den Altar berührte. Es war aber kein Zittern und Zucken an ihr, und ihr Atem ging ruhig.
    Sallustus stand immer noch regungslos, an den Pfeiler gedrückt.
    „Nach einer Woche ist sie hier“, fuhr ich fort, „als junger Edelmann auf der Durchreise. Nun lauert sie auf eine Gelegenheit. Sie streicht um diese Kirche herum, zwei Chorherren werden aufmerksam. Aufmerksam wird aber auch ein junges Weib mit Namen Romilda, die Kebse des Mannes, der sterben soll. Sie ist eine Römerin, heißblütig, sittenlos, immer bereit zu sündigen Abenteuern. Der Fremde im roten Seidenmantel, der ihr ein Zeichen gibt, gefällt ihr. Ein Stelldichein wird vereinbart, abends im Garten. Durch die Hinterpforte wird die Mörderin eingelassen. Sie ist nun ihrem Opfer ganz nahe, das sich zur selben Stunde – ein günstiger Umstand – eines unangenehmen Besuchs erwehrt. Ein lästiger Gläubiger ist gekommen, ein Jude. Streit flammt auf, die heftigen Worte sind auch im Garten zu hören. Vergebens sucht die Römerin ihren vermeintlichen Liebhaber zu erwärmen. Der wartet nur ungeduldig darauf, daß der Gast verschwindet. Endlich ist es soweit – der Jude macht sich durch den Garten davon, weil die Haustür verschlossen ist. Sofort eilt der Mann im roten Mantel ins Haus. Vielleicht hat er nicht einmal einen Vorwand genannt. Die verwirrte Romilda bleibt zurück und wird weder ihren Liebhaber wiedersehen noch in der kurzen Zeit, die ihr zu leben bleibt, sein Geheimnis erfahren. Die Mörderin aber findet ihr Opfer, das nach reichlichem Essen und Trinken eingenickt ist. Sie braucht nicht einmal den Dolch, den sie zweifellos in Bereitschaft hält. Sie nimmt gleich das Bratenmesser, das auf dem Tisch liegt. Sie sticht es ihrem nächsten Verwandten, dem Bruder ihres Gemahls, ihrem Muntwalt, dem Bischof Pappolus in den Rücken!“
    Die Fausta stand auf und drehte sich heftig um. Der Mantel glitt von ihrer Schulter. Mit der einen Hand stützte sie sich auf den Altar, die andere war zur Faust geballt. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Die spitzen Zähne schienen mich reißen zu wollen.
    Ich richtete meinen Blick auf das Kreuz hinter ihr und kam zum Ende.
    „Auch dieses Unglücklichen erbarme dich, Herr! Er war kein guter Hirte deiner Herde, sondern ein unberufener, schwacher. Er sündigte viel, er war Lastern ergeben. Aber er war kein Verbrecher! Ihn zu töten war bitteres Unrecht. Was immer du, o himmlischer Richter, über die Mörderin beschließen wirst … wir irdischen Richter müssen nach irdischem Recht verfolgen und strafen. Zunächst gelang es dieser Frau, alle zu täuschen. Sie verließ unerkannt das Haus. Mit dem Schlüssel des Toten öffnete sie die Haustür, sie kannte ja die Tücken des Türschlosses. Es blieb ihr sogar die Zeit, den Schlüssel zurück an den Gürtel des Leichnams zu hängen. Als gleich darauf der Priester Sallustus kam, schlüpfte sie noch hinaus und konnte über das menschenleere Forum entkommen. Nun verschwand sie für ein paar Tage. Sie verwandelte sich in eine Frau zurück, erstand neue Kleider, erwarb Bedienstete, kaufte ein anderes Reittier. Dies alles tat sie sehr sorgsam, damit auch nicht der geringste Verdacht auf sie fiel. Dann aber machte sie einen Fehler. Aus Habgier veräußerte sie den Schmuck, den sie bei ihrem ersten Mord erbeutet hatte. Und so führte die kleine goldene Scheibe, die nach der blutigen Liebesnacht mit dem Räuber Corbus Ohnelippe im Pferdestall des Dionysius-Klosters zurückblieb, auf ihre Spur …“
    Bei diesen Worten erhob ich mich, machte zwei Schritte und bückte mich nach der Fibel, die auf der Altarstufe liegengeblieben war.
    Da ertönte von irgendwoher ein gellender Schrei.
    Ich blickte auf und warf mich zur Seite. Über mir schwang die Fausta einen Altarleuchter. Die schwere Bronze sauste herab, zwei Fingerbreit an meiner Schulter vorbei. Funkensprühend krachte sie auf die Stufe. Steinsplitter flogen umher. Einer traf mich ins Gesicht, ich spürte Blut über meine Wange rinnen.
    Die Frau aber sah ich zu meinen Füßen. Die Wucht des
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