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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder
Autoren: Robert Gordian
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Lied und erklärte dem Alten, man habe ihn angeführt, und die Edeldame sei eine diebische Kebse gewesen, die meinen Bruder bestohlen habe. Und ich verlangte alles zurück. Der alte Edle wurde wütend und rief seine Leute. Da drohte ich, daß wir mit zweihundert Reitern zurückkehren würden. Dies genügte, ich konnte ihm einen Handel vorschlagen. Wenn er mir half, die diebische Kebse zu überführen, die das empfangene Geld ja noch haben müsse, werde mein Bruder ihm alles lassen und einen Goldsolidus dazulegen. Der alte Gierschlund war schließlich einverstanden. So zogen wir mit dem Hildebold los. Dem habe ich aber unterwegs schon gesagt, daß wir die königliche Justiz sind. Und daß er seinem Herrn kein Goldstück, sondern einen verbleuten Buckel nach Haus bringen wird, wenn er uns nicht die Wahrheit sagt.“
    Während Heiko mir dies erzählte, verließen wir schon den Garten. Um von der frohen Gesellschaft in der Halle nicht aufgehalten zu werden, traten wir durch die schmale Pforte auf die Gasse hinaus. Von hier erreichten wir mit ein paar Schritten das Forum.
    „Der dort ist es!“ sagte Heiko und zeigte auf einen Graukopf im Leinenkittel, der mit Teut gegenüber dem Kirchenportal unter Bäumen hockte. Der Friese knuffte den Mann und zwang ihn aufzustehen, als ich mich näherte.
    „Gott mit dir, mein Sohn!“ sagte ich. „Du wirst deinem König jetzt einen Dienst erweisen. Hast du die Fibel?“
    Er starrte mich mißtrauisch an, und Teut mußte ihm abermals einen Knuff geben. Da öffnete er die Hand, in der die kleine goldene Scheibe lag. Ich holte die meinige aus der Tasche. Diesmal hatte ich sie nicht hergegeben, obwohl ich Heiko die Suche nach ihrer Schwester damit erschwert hatte. Denn ohne Zweifel – es waren Schwestern! Und wahrhaftig, es waren zwei betörende Schönheiten, mattschimmernd im Abendlicht, mit ihren zartgoldenen, sich in jeder feinen Verästelung gleichenden Zellmustern, ihren tiefroten, glasklaren Almandineinlagen, mit je einem funkelnden Diamantauge in der Mitte.
    „Sag mir deine Meinung“, wandte ich mich an den Goldschmied. „Du verstehst ja mehr davon als ich. Gehören die beiden zusammen?“
    Er nickte abwesend, während sein Kennerblick von einem der Stücke zum anderen huschte.
    „Wirst du die Dame wiedererkennen, die euch die Fibel und das andere brachte?“ fragte ich weiter, während ich meine Hand zur Faust schloß, damit er mir seine Aufmerksamkeit zuwandte.
    „Werd ich wohl“, antwortete er.
    „So gehen wir!“
    Am Kirchenportal drehte ich mich zu Heiko und Teut um.
    „Wartet hier, damit es kein Aufsehen gibt!“
    Ich trat in die Kirche ein. Hildebold folgte mir.
    Ich bedeutete ihm, so geräuschlos wie möglich aufzutreten. Wir hielten uns im rechten Seitenschiff hinter den wuchtigen Pfeilern, zwischen denen unter den Bögen Teppiche gespannt waren. Hier waren wir vom Chor aus nicht sichtbar. Wir selber hingegen konnten durch schmale Öffnungen zwischen den Pfeilern und den Teppichen blicken.
    Längst hatten die Gläubigen die Kirche verlassen. Nur zwei Personen waren noch in der großen, leeren Kirche zurückgeblieben. Auf der anderen Seite bemerkte ich den Sallustus vor dem kleinen Altar des heiligen Cyprian, wie gewöhnlich psalmodierend und die Knie beugend.
    In der Mitte, an der unteren Stufe vor dem Hochaltar, kniete die Fausta. Mit erhobenen Händen, tonlos die Lippen bewegend betete sie.
    Zwei Bronzeleuchter standen zu beiden Seiten des goldenen Kreuzes auf dem Altar. Die Kerzen brannten und warfen ihr helles Licht auf die Frau, ihre hohe Stirn, ihre beilscharfe Nase, die schmalen Lippen, das kräftige Kinn.
    Ich schob den Goldschmied an den Pfeiler, damit er sie ansehen konnte.
    „Ist sie es?“ flüsterte ich.
    „Sie ist es!“ bestätigte er sofort. Dabei vergaß er, die Stimme zu dämpfen.
    Fausta hörte es. Ihr Kopf fuhr herum, sie blickte herüber. Aus ihrem halbgeöffneten Mund sah ich die spitzen Zähne leuchten.
    „Du kannst gehen!“ raunte ich Hildebold zu. „Halte dich aber in Bereitschaft.“
    Dann trat ich hinter dem Teppich hervor.

12
    W enige Schritte neben Fausta ließ ich mich vor den Altarstufen nieder. Sie hatte sich wieder abgewandt und richtete den Blick auf das Kreuz. Ich hob die Hände zum Gebet und begann:
    „Vater im Himmel, erhöre mich! Meine Stimme erhebt sich zu dir in Demut. Mein Geist ist gramerfüllt. Mein Herz ist voll Trauer. Ich bereiste das Reich des christlichsten aller Könige und verirrte mich am hellichten Tag
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